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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:17.05.2021
Aktenzeichen:KVVG I 7/21
Rechtsgrundlage:§ 123 VwGO; § 20 KVVG; § 32d PStG; § 32e PStG; § 24 DSO
Vorinstanzen:
Schlagworte:Dekanatsrecht, Dekanewahl, Vorsitzendenentscheidung
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Leitsatz:

  1. Auch ein Streitverfahren innerhalb eines Organs ist kein objektives Beanstandungsverfahren, sondern dient wie jedes andere verwaltungsgerichtliche Verfahren dem Schutz und der Durchsetzung subjektiver, d. h. hier organschaftlicher, Rechte.
  2. Anders als der Kirchenleitung und dem Dekanatssynodalvorstand sowie den anzuhörenden Pfarrerinnen und Pfarrern des Dekanats und eines anzuhörenden Kirchenvorstands steht dem Mitglied der Dekanatssynode keine formelle Mitwirkungsbefugnis bei der Erstellung des Wahlvorschlags zu. Es kann auch nicht dessen inhaltliche Überprüfung beanspruchen.

Tenor:

  1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
  2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten hat der Antragsteller zu tragen.
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Gründe:

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I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Durchführung der Wahl einer Dekanin oder eines Dekans auf der Tagung der Dekanatssynode am 21.05.2021.
Nach dem Vortrag des Antragstellers bewarb sich auf die zweite Ausschreibung der Stelle im Amtsblatt vom November 2020 niemand. Der Propst habe dem Dekanatssynodalvorstand, den Pfarrerinnen und Pfarrern des Dekanats und der Kirchenleitung – dort aber wohl nur einem Unterausschuss – den Vorschlag gemacht, die Stelle mit Pfarrerin C zu besetzen, die sie aktuell auch kommissarisch wahrnehme.
Nachdem am 12.05.2021 eine Faxübermittlung scheiterte, schickte der Antragsteller am gleichen Tag ein maschinenschriftlich unterzeichnetes Exemplar seines Antrags als Datei per Mail an das Gericht. Am 14.05.2021 hat der Antragsteller auf postalischem Weg einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Der Antragsteller rügt die Einengung des Wahlvorschlags auf eine Person, die ungenügende Information der ehrenamtlichen Synodalen in der Einladung zur Sitzung, einen Ermessensfehlgebrauch der Kirchenleitung bei der Aufstellung des Wahlvorschlags und die fehlerhafte Besetzung des Dekanatssynodalvorstands. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Antragsschrift und die ihr beigefügten Anlagen verwiesen.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, die Tagesordnungspunkte 7b, 7c, 7e und 7f in der Synodentagung des Dekanats am 21.05.2021 nicht aufzurufen und nicht zu behandeln sowie die Wahl einer Dekanin/eines Dekans des Evangelischen Dekanats B bis zur Klärung der offenen Rechtsfragen auszusetzen.
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II.

Da die Zurückweisung des Antrags die Rechte des Antragsgegners nicht berührt, entscheidet das Gericht im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit, ohne ihm zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben.
Der Antrag ist in entsprechender Anwendung von § 123 VwGO statthaft. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung und wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit durch den Vorsitzenden allein (vgl. KVVG, B. v. 28.04.2006 – I 1/06 –, Amtl. Sammlg. Nr. 141 m. w. N.).
Das Begehren des Antragstellers ist bei verständiger Würdigung (§§ 38 KWG, 88 VwGO) der Sache nach darauf gerichtet, im Wege des Intraorganstreits dem Vorsitzenden des Dekanatssynodalvorstandes aufzugeben, es zu unterlassen, die im Antrag im Einzelnen aufgeführten Tagesordnungspunkte in der Sitzung am 21.05.2021 aufzurufen und zu behandeln, und ihn zu verpflichten, die Wahl eines Dekans „bis zur Klärung der offenen Rechtsfragen" auszusetzen. Antragsgegner ist damit nicht wie grundsätzlich sonst der Rechtsträger (vgl. § 78 Abs. 1 VwGO), sondern das in Anspruch genommene Organ selbst (vgl. für das staatliche Recht etwa Hess. VGH, B. v. 14.06.2012, – 8 E 1101/12 –, Rdn. 16, Landesrechtsprechungsdatenbank). Das Gericht hat deshalb die Angabe in der Antragsschrift entsprechend ausgelegt und das Rubrum von Amts wegen berichtigt.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§§ 38 KVVG, 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO). Nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung ist eine Verletzung organschaftlicher Rechte des Antragstellers in seiner Stellung als Mitglied der Dekanatssynode nicht ersichtlich. Der Vortrag des Antragstellers erschöpft sich im Wesentlichen in der Behauptung objektiver Rechtsverletzungen, ohne darzutun, inwieweit er hierdurch in eigenen Mitgliedschaftsrechten berührt wird. Auch ein Streitverfahren innerhalb eines Organs ist jedoch kein objektives Beanstandungsverfahren, sondern dient wie jedes andere verwaltungsgerichtliche Verfahren (vgl. § 6 Nr. 3 KVVG; dazu KVVG, U. v. 26.05.2000 – II 1/00 –, Amtl. Sammlg. Nr. 120) dem Schutz und der Durchsetzung subjektiver, d. h. hier organschaftlicher, Rechte (VuVG Ev. Kirche der Pfalz, U. v. 24.04.2004 – XIII 102/09/-152 –, FIS; vgl. für das staatliche Recht etwa Hess. VGH, B. v. 05.01.1988 – 6 TG 3547/87 –, Rdn. 12 Landesrechtsprechungsdatenbank; BayVGH, B. v. 25.06.2007 – 4 CE 07.910 –, Rdn. 21, juris).
Soweit der Antragsteller fordert, alle geeigneten Pfarrerinnen und Pfarrer der Gesamtkirche seien bei ausbleibenden Bewerbungen in die Überlegungen für einen neuen Wahlvorschlag einzubringen, scheidet eine Rechtsverletzung aus, weil hierfür eine rechtliche Notwendigkeit nicht gegeben ist. Zwar mag eine Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Bewerbern wünschenswert sein. Der einzelne Synodale hat hierauf jedoch keinen Anspruch. § 32d Abs. 4 Satz 2 Pfarrstellengesetz – PfStG – lässt es im Gegenteil ausdrücklich genügen, wenn der Wahlvorschlag der Kirchenleitung nur einen einzigen Namen enthält. Die Rechtslage unterscheidet sich insofern offensichtlich von derjenigen, die dem von dem Antragsteller angeführten Auflagenbeschluss des Gerichts vom 22.03.1991 – I 14/90 – zugrunde liegt.
Auch der Inhalt der Einladung zur Sitzung der Synode begründet keine Rechtsverletzung. Eine umfassende schriftliche Information zu den anstehenden Punkten ist nicht erforderlich. § 24 Abs. 2 Satz 2 Dekanatssynodalordnung – DSO – schreibt lediglich die Mitteilung der Tagesordnung in Schrift- oder Textform vor. Es ist nicht zu beanstanden, wenn den Pfarrerinnen und Pfarrern demgegenüber der Gesamtvorgang bereits vor der Sitzung vertraut ist. Dies ist nämlich notwendige Folge des Umstands, dass Kirchenleitung und Dekanatssynodalvorstand den Wahlvorschlag erst nach Anhörung der Pfarrerinnen und Pfarrer sowie der Pfarrdiakoninnen und Pfarrdiakone aufstellen dürfen (§ 32d Abs. 4 Satz 1 PfStG).
Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die vorangegangene ablehnende Stellungnahme des Dekanatssynodalvorstands zu der vorgeschlagenen Person, deren eigener Äußerung sowie der Erklärung des Propstes und dem Umstand, dass eine zweite Bewerbung unterblieb, einen Ermessensfehler der Kirchenleitung rügt, verkennt er ebenfalls seine Rechte im Wahlverfahren. Anders als der Kirchenleitung und dem Dekanatssynodalvorstand sowie den anzuhörenden Pfarrerinnen und Pfarrern des Dekanats und eines anzuhörenden Kirchenvorstands (vgl. § 32d PfStG) steht dem Antragsteller als Mitglied der Dekanatssynode keine formelle Mitwirkungsbefugnis bei der Erstellung des Wahlvorschlags zu. Er kann auch nicht dessen inhaltliche Überprüfung beanspruchen. Seine subjektive Rechtsstellung umfasst vielmehr das organschaftliche Recht der ungehinderten Teilnahme am Wahlverfahren und der unabhängigen Ausübung seines Stimmrechts (§ 32e Abs. 1 und 2 PfStG). Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsteller befürchten müsste, in der Ausübung dieser Rechte beeinträchtigt zu werden. Sofern er mit dem Wahlvorschlag der Kirchenleitung nicht einverstanden ist, steht es ihm frei, sich im Rahmen einer möglichen Personaldebatte dahingehend zu äußern, und den Vorschlag durch entsprechende Stimmabgabe im demokratischen Entscheidungsprozess abzulehnen.
Inwiefern durch die von dem Antragsteller angenommene fehlerhafte Besetzung des Dekanatssynodalvorstandes seine organschaftlichen Rechte hinsichtlich der anstehenden Wahl eines Dekans verletzt sein sollen, ist weder dargelegt noch nach alle dem sonst ersichtlich. Durch die Beteiligung des Dekanatssynodalvorstandes bei der Aufstellung des Wahlvorschlags ist die organschaftliche Rechtsstellung des Antragstellers nicht berührt.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Als unterliegender Teil hat der Antragsteller die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs. 1 VwGO).
Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden (§ 20 Abs. 3 KVVG).