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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Bescheid (rechtskräftig)
Datum:25.08.2016
Aktenzeichen:KVVG I 2/16
Rechtsgrundlage:§ 48 KGO; § 22 KGWO; §§ 6, 17, 36, 38 KVVG; § 154 VwGO
Vorinstanzen:
Schlagworte:Antragsberechtigung, Beanstandung Kirchenvorstandswahl, Gemeinderecht, Gerichtsbescheid, Kirchenvorstandswahl, Parteifähigkeit, Wahlprüfung
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Leitsatz:

  1. § 48 KGO räumt dem Gemeindemitglied kein subjektives Recht darauf ein, dass Kirchenleitung oder Dekanatssynodalvorstand auf seinen Antrag oder seine Anregung hin von ihrer Beanstandungs- und Anordnungsbefugnis Gebrauch machen.
  2. Außerhalb des in § 22 KGWO geregelten Wahlprüfungsverfahrens kommt eine Rechtskontrolle der Kirchenvorstandswahl durch das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht nicht in Betracht.

Tenor:

Die Klagen werden abgewiesen.
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Tatbestand

Der Kläger begehrt ein Eingreifen der Kirchenleitung in der A-Gemeinde in A sowie die Ungültigkeitserklärung der dortigen Kirchenvorstandswahl.
Am 14.05.2015 wurde im Gottesdienst der Evangelischen A-Gemeinde in A das Ergebnis der Wahlen zum Kirchenvorstand bekannt gegeben und auf die Einspruchsmöglichkeit hingewiesen. Beginnend mit dem 13.05.2015 wurde das Wahlergebnis außerdem für mehrere Wochen in den Schaukästen der Kirchengemeinde sowie an der Pinnwand im Gemeindehaus mit dem Hinweis auf die Einspruchsmöglichkeit nach § 22 Abs. 2 KGWO bekannt gemacht. Der Kläger hat keinen Einspruch gegen das Wahlergebnis erhoben.
Mit Schreiben vom 10.12.2015 wandte sich der Kläger an den Dekanatssynodalvorstand des Beklagten zu 2. als Aufsichtsorgan und äußerte den Verdacht auf Manipulation und Unregelmäßigkeiten bei der Kirchenvorstandswahl verbunden mit der Bitte um Stellungnahme. Mit Schreiben vom 10.02.2016 teilte der Dekanatssynodalvorstand dem Kläger mit, er sei im Gespräch mit den einzubindenden Stellen und werde zu gegebener Zeit antworten.
Am 06.06.2016 hat der Kläger unter Verweis auf § 48 KGO Untätigkeitsklage gegen beide Beklagte erhoben und zugleich sinngemäß die Feststellung begehrt, die Wahl zum Kirchenvorstand der A-Gemeinde für ungültig zu erklären.
Er behauptet, in der A-Gemeinde sei es zu von ihm als skandalös empfundenen Missständen im Allgemeinen sowie in Sonderheit bei der Kirchenvorstandswahl 2015 gekommen. Er empfinde es als befremdlich, dass sein Schreiben vom 10.12.2015 nicht beantwortet worden sei. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Klageschrift sowie die dieser beigefügten Anlagen verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
  1. die Beklagten zu verurteilen, die Kirchenvorstandswahl 2015 in der Evangelischen A-Gemeinde in A zu beanstanden.
  2. die Kirchenvorstandswahl 2015 in der Evangelischen A-Gemeinde in A für ungültig zu erklären.
Die Beklagten haben keinen Antrag gestellt.
Sie schließen sich den Ausführungen des Gerichts in der Hinweisverfügung vom 09.06.2016 zur Unzulässigkeit der Klagen an.
Der Kläger hält an seinen Klagen fest und führt aus, die Missstände in der A-Gemeinde seien auf das Engste verknüpft mit dem Versagen der Kirchenleitung und der Kirchenverwaltung. Der Hinweis auf subjektives und objektives Recht habe sicher auch im Kirchenrecht seinen Platz. Beide Rechtsformen seien aber zu verbinden durch das „Recht der Gnade“. Es sei im Interesse der Kirche nicht hinzunehmen, wenn Mitarbeitende des Dekanats meinten, über der Kirchenordnung zu stehen. Er halte die gesamte Kirchenvorstandswahl in der A-Gemeinde nach dem Bild, das sich ihm biete, für rechtswidrig. Der Kläger führt dies näher aus und weist darauf hin, dass die Gemeindeglieder, die innerhalb der Frist des § 22 Abs. 2 KGWO an den Vorsitzenden des Kirchenvorstands geschrieben hätten, bisher keine Antwort erhalten hätten.
Das Gericht hat einen Hinweis auf § 17 Abs. 1 KVVG erlassen.
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Entscheidungsgründe

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein entscheiden, da die erhobenen Ansprüche unzulässig sind (§ 17 Abs. 1 KVVG).
Die auf § 48 KGO gestützte und gegen beide Beklagte gerichtete Klage auf aufsichtsbehördliches Einschreiten und Beanstandung der Kirchenvorstandswahl ist unzulässig, da dem Kläger die Antragsberechtigung fehlt. Nach § 6 Nr. 3 KVVG sind im Verfahren vor dem kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht nur solche Einzelpersonen antragsberechtigt und parteifähig, deren rechtliche Interessen berührt sind. Dies setzt voraus, dass sie sich auf Rechtsvorschriften berufen können, die ihnen subjektive Rechte einräumen. Dies ist indes bei § 48 KGO, auf den sich der Kläger stützt, nicht der Fall. Die Vorschrift weist der Kirchenleitung und dem Dekanatssynodalvorstand im gesamtkirchlichen Interesse unter den dort genannten Voraussetzungen eine Beanstandungs- und Anordnungsbefugnis zu. Sie räumt aber dem Gemeindemitglied kein subjektives Recht darauf ein, dass die beiden Organe auf seinen Antrag oder seine Anregung hin entsprechend tätig werden. Dies entspricht der Rechtslage im staatlichen Bereich, wo es anerkannt ist, dass ein subjektives Recht des Bürgers auf Einschreiten der Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber einer Gemeinde grundsätzlich nicht besteht, da die Kommunalaufsicht ausschließlich dem öffentlichen Interesse dient, nicht aber dem Schutz subjektiver Rechte Privater (vgl. VG Saarland, U. v. 26.09.2014 – 3 K 115/14 –, Rn. 11 bei juris).
Der gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Wahlprüfungsantrag ist unzulässig, weil der Kläger das dafür vorgesehene Vorverfahren nicht eingeleitet hat und dies auch nicht mehr nachholen kann. Nach § 22 KGWO kann eine Überprüfung des Wahlergebnisses der Kirchenvorstandswahl nur in dem dort vorgesehenen Verfahren erreicht werden, das mit dem Einspruch gegen das Wahlergebnis binnen einer Woche nach Bekanntgabe im Gottesdienst seinen Anfang findet. Erst gegen die Entscheidung des Dekanatssynodalvorstands über diesen Rechtsbehelf kann das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht angerufen werden. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er Einspruch gegen das Wahlergebnis erhoben hätte. Nach der Mitteilung des Beklagten zu 2. vom 28.07.2016 ist dies auch nicht der Fall. Da die Frist des § 22 Abs. 2 Satz 1 KGWO zur Durchführung des Einspruchsverfahrens verstrichen ist, kann es auch nicht mehr nachgeholt werden. Das Begehren des Klägers kann auch nicht in eine allgemeine Feststellungsklage umgedeutet werden. Außerhalb des in § 22 KGWO geregelten Wahlprüfungsverfahrens kommt eine Rechtskontrolle der Kirchenvorstandswahl durch das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht nicht in Betracht.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Als unterliegender Teil hat der Kläger die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs.1 VwGO).
Gegen diesen Bescheid kann der Kläger binnen einer Frist von zwei Wochen eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung beantragen (§ 17 Abs. 2 KVVG).