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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:30.05.1995
Aktenzeichen:KVVG II 2/95
Rechtsgrundlage:§§ 38a,39,42 PfG; § 3 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:, Behindertenobmann, Dienstauftrag, Pfarrerausschuss, Verwaltungsakt, Wartestand
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Leitsatz:

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 13.12.1994 verpflichtet, das Begehren der Klägerin auf Verlängerung ihres Dienstauftrages neu zu bescheiden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 1/4, die Beklagte 3/4.
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Tatbestand:

Die am 6. September 1950 geborene Klägerin wurde am 01.05.1982 zur Pfarrerin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau auf Lebenszeit ernannt. Sie hatte seit September 1981 einen Dienstauftrag zur Verwaltung der Pfarrstelle II der A-Gemeinde in C-Stadt, Dekanat A., inne. Ab 01.05.1983 wurde sie dem Dekan des Dekanats A. zu Vertretungsdiensten beigegeben, ab 01.06.1983 mit der Verwaltung der Pfarrvikarstelle der B-Gemeinde D-Stadt Dekanat B. beauftragt. Dieser Dienstauftrag endete am 31.01.1986. Mit Wirkung zum 16.03.1986 wurde der Klägerin sodann die Verwaltung der Pfarrstelle II der C-Gemeinde E-Stadt, Dekanat C., übertragen. Dieser Auftrag wurde zunächst bis zum 15.03.1990, sodann bis zum 15.03.1991, verlängert. Einer weiteren Verlängerung stimmte der Kirchenvorstand nicht zu.
Zum 16.03.1991 wurde die Klägerin mit Bezügen vom Dienst freigestellt. Ihr wurde mitgeteilt, dass vorgesehen sei, sie in den Wartestand zu versetzen. Dies geschah mit Beschluss der Kirchenleitung vom 04.06.1991 zum 01.07.1991 unter Bezugnahme auf §§ 38a, 39 Pfarrergesetz. Gleichzeitig erhielt die Klägerin ab 01.07.1991 einen Dienstauftrag für die Altenseelsorge in 5 Altersheimen des Dekanats D. Sie wurde insoweit dem Dekan des Dekanats D. beigegeben. Mit Schreiben vom 04.05.1992 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie bis auf weiteres nicht mehr mit der Altenseelsorge im Haus A., F-Stadt, beauftragt sei, im übrigen der Dienstauftrag zur Altenseelsorge jedoch bestehen bleibe. Dieser endete nach einer durch Beschluss der Kirchenleitung vom 01.03.1994 ausgesprochenen Verlängerung am 31.12.1994. Das Leitende Geistliche Amt stellte am 24.11.1994 fest, dass eine weitere Beschäftigung im Bereich der Sonderseelsorge nicht möglich erscheine.
Mit Schreiben vom 11.12.1994 bat die Klägerin den Kirchenpräsidenten um einen baldmöglichen Gesprächstermin, da es von ihrem beruflichen und religiösen Verständnis her nicht einsichtig sei, dass die Kirche ihr alle Arbeitsmöglichkeiten nehme.
Die Kirchenleitung stellte in ihrer Sitzung am 13.12.1994 fest, dass der Dienstauftrag zur Altenheimseelsorge in B-Stadt und F-Stadt mit Ablauf des 31.12.1994 ende und an eine Verlängerung dieses Auftrages oder an eine geänderte Auftragserteilung derzeit nicht gedacht werde. Dies teilte die Kirchenverwaltung der Klägerin mit Schreiben vom 14.12.1994 mit.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 23.01.1995 eingegangene Klage, mit der die Klägerin eine Verlängerung des Dienstauftrags, hilfsweise im Hinblick auf ihre 50%ige Schwerbehinderung aufgrund ihrer Erkrankung an Morbus Bechterew eine behindertengerechte Planstelle als Pfarrerin begehrt.
Die Klägerin macht geltend, die Entschließung der Beklagten auf Ausschluss der Weiterverwendung über den 31.12.1994 hinaus sei ohne die gebotene Einschaltung des zuständigen Behindertenobmanns sowie des Pfarrerausschusses getroffen worden und müsse zumindest nochmals unter Beachtung aller entscheidungserheblichen Umstände überdacht werden. Die Klägerin habe sich, nachdem ihr der zuständige Dekan den Vorwurf gemacht habe, die ihr übertragene Arbeit in nicht genügendem Umfang mit den ortsansässigen Pfarrern koordiniert und vernetzt zu haben, verstärkt um eine fruchtbringende Zusammenarbeit bemüht. Ihr müsse auch zugute gehalten werden, dass die verordneten Schmerzmittel möglicherweise dazu geführt hätten, dass die Klägerin in extremen Stresssituationen nicht adäquat reagiert habe.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte anzuweisen, den Dienstauftrag der Klägerin über den 31.12.1994 hinaus bis zum 31.12.1995 zu verlängern.
2. Hilfsweise:
Die Beklagte anzuweisen, der Klägerin eine dem Grad ihrer Behinderung gerecht werdende Planstelle als Pfarrerin zuzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Meinung, die Klage sei unzulässig. Beide Anträge der Klägerin seien nicht auf den Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen kirchlichen Verwaltungsakts gerichtet. Sowohl die Übertragung einer Planstelle als auch die Verlängerung eines Dienstauftrags seien zwar Verwaltungsakte, die Beklagte habe sie aber nicht durch förmliche Bescheide abgelehnt. Die Klägerin habe auch bisher keine entsprechenden Anträge gestellt, über die noch nicht in angemessener Zeit entschieden worden sei.
Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Klage auch für den Fall der Zulässigkeit unbegründet sei. Während des Wartestandes könne sich die Klägerin gemäß § 42 Pfarrergesetz in der Fassung des Kirchengesetzes zur Änderung des Pfarrergesetzes vom 24.04.1994 lediglich mit Zustimmung der Kirchenverwaltung um eine Pfarrstelle bewerben. Nach § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz liege auch die Entscheidung, ob einem Pfarrer im Wartestand ein Dienstauftrag erteilt werde, im pflichtgemäßen Ermessen der Kirchenleitung. Einen Rechtsanspruch hierauf habe die Klägerin nicht.
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Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hatte im Rahmen des gestellten Hauptantrags insoweit Erfolg, als der Bescheid der Beklagten vom 13.12.1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten war, das Begehren der Klägerin auf Verlängerung ihres Dienstauftrages über den 31.12.1994 hinaus neu zu bescheiden. Die weitergehende Klage war abzuweisen.
Die Klage ist zulässig, da die Beklagte durch den angefochtenen Bescheid vom 13.12.1994 festgestellt hat, dass der Dienstauftrag der Klägerin zur Altenheimseelsorge in G-Stadt und F-Stadt mit Ablauf des 31.12.1994 endete und an eine Verlängerung dieses Auftrages oder an eine geänderte Auftragserteilung derzeit nicht gedacht werde. Damit hat die Beklagte eine Verlängerung des Dienstauftrages abgelehnt. Es liegt ein Verwaltungsakt vor, der von der Klägerin gemäß § 3 Nr. 1 KVVG angefochten werden kann. Dies hat die Klägerin auch getan, da sie u. a. darauf hinweist, die Entschließung auf Ausschluss der Weiterverwendung sei ohne die gebotene Einschaltung des zuständigen Behindertenobmanns sowie des Pfarrerausschusses getroffen worden.
Aufgrund der danach zulässigen Klage war die angefochtene Entscheidung aufzuheben, denn sie ist in der Sache nicht begründet worden. Insoweit kann dahinstehen, ob der Klägerin im Rahmen der vorangegangenen Gespräche ausreichendes rechtliches Gehör zur geplanten Ablehnung der Weiterverwendung gewährt worden ist, zumal sie noch mit Schreiben vom 11.12.1994 den Kirchenpräsidenten um einen baldmöglichen Gesprächstermin zu ihren Arbeitsmöglichkeiten bat. Denn der Bescheid vom 13.12.1994 und das Schreiben der Kirchenverwaltung vom 14.12.1994 enthält keine sachliche Begründung der Entscheidung.
Wie die Kammer bereits in ihrem Urteil vom 12.05.1989 in der Sache II 1/89 ausgeführt hat, stellt die Pflicht zur Begründung einer Verwaltungsentscheidung ein wesentliches Erfordernis eines jeden rechtsstaatlichen, mithin auch des kirchlichen Verwaltungsverfahrens dar. Die Begründung muss erkennen lassen, von welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen und Überlegungen die Kirchenleitung bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist, sie muss die maßgeblichen Gründe nennen, damit der Adressatin die Möglichkeit gegeben ist, sich über einen Rechtsbehelf schlüssig zu werden.
Welche konkreten Gründe zur Ablehnung der Weiterverwendung der Klägerin geführt haben, lässt sich weder aus der angefochtenen Entscheidung noch aus weiteren Entschließungen, etwa des Leitenden Geistlichen Amts vom 24.11.1994, entnehmen. Auch in der mündlichen Verhandlung ist hierzu nichts vorgetragen worden, die Beklagte hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass eine Weiterbeschäftigung der Klägerin aus persönlichen oder auch aus allgemeinen fiskalischen Gründen ausgeschlossen sei.
Der angefochtene Bescheid war danach aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin neu zu bescheiden. Einen Rechtsanspruch auf einen neuen Dienstauftrag hat diese allerdings im Rahmen des § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz nicht, so dass der weitergehende Antrag der Klägerin, die Beklagte anzuweisen, den Dienstauftrag bis zum 31.12.1995 zu verlängern, abzuweisen war. Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung und Offenlegung der Gründe, die zur Ablehnung des Dienstauftrags geführt haben.
Da der nunmehr gestellte Hauptantrag im wesentlichen Erfolg hatte, war auf den Hilfsantrag, der Klägerin eine dem Grad ihrer Behinderung gerecht werdende Planstelle als Pfarrerin zuzuweisen, nicht mehr einzugehen. Die Frage, ob die Klage insoweit zulässig ist, bedurfte keiner Entscheidung.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Im übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 38 KVVG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 VWGO.