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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:21.07.1995
Aktenzeichen:KVVG II 11/95
Rechtsgrundlage:§§ 35a,36a,36c,37 PfG; § 38 KVVG; § 44a VwGO
Vorinstanzen:
Schlagworte:Aufschiebende Wirkung, Aussetzung der sofortigen Vollziehung, Beurlaubung, Schlichtungsverfahren, Ungedeihlichkeit, Versetzungsverfahren
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Leitsatz:

Tenor:

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten hat der Antragsteller zu tragen.
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Gründe I:

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Beurlaubung vom Dienst.
Der Antragsteller ist seit 01.12.1987 Inhaber der Pfarrstelle der A-Gemeinde in A-Stadt. Mit Beschluss vom 10.11.1988 stellte der damalige Kirchenvorstand der Gemeinde fest, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr möglich sei. Am 05.10.1989 bestätigte er diesen Beschluss einstimmig. Die Kirchenleitung beschloss am 24.04.1990 die Einleitung eines Versetzungsverfahrens wegen ungedeihlicher Amtsführung. Im Mai 1990 trat die Mehrheit der Kirchenvorsteher von ihrem Amt zurück. Nachdem der Dekanatssynodalvorstand acht neue Kirchenvorstandsmitglieder ernannt hatte, hob der Kirchenvorstand am 13.06.1990 seinen Beschluss vom 05.10.1989 auf und bat die Kirchenleitung um die Einstellung des Verfahrens. Die Kirchenleitung setzte daraufhin das Verfahren für die Dauer von zwei Jahren aus. Auf Antrag des Kirchenvorstandes beschloss die Kirchenleitung am 02.02.1993 die Einstellung des Verfahrens.
1994 legten zwei Kirchenvorsteher wegen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit dem Antragsteller ihr Amt nieder. Mit einem an den Antragsteller gerichteten Schreiben vom 19.09.1994 beanstandete der Kirchenvorstand den Dienst des Antragstellers in verschiedenen Punkten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen. Am 07.12.1994 hatte der Antragsteller Gelegenheit, sich mündlich gegenüber der Kirchenverwaltung zu den Vorwürfen zu äußern. Gleichzeitig wurde ihm Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme bis zum 15.01.1995 gegeben. Am 14.12.1994 wurde in Abwesenheit des Antragstellers seine Amtsführung in einer Kirchenvorstandssitzung erörtert, an der der Probst, der Dekan sowie Vertreter des Dekanatssynodalvorstandes und der Kirchenverwaltung teilnahmen. Das Gericht verweist insoweit auf den Aktenvermerk der Kirchenverwaltung vom 19.12.1994.
Mit Schreiben vom 13.01.1995 teilte der Antragsteller mit, er könne die ihm gesetzte Frist wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und dienstlicher Belastungen nicht einhalten. Anfang März bat der Antragsteller um weitere Geduld, da er auch innerhalb der bis Ende Februar gewährten Fristverlängerung wegen fortdauernder Erkrankung nicht Stellung nehmen könne. Mit Schreiben vom 06.04.1995 wies der Kirchenvorstand darauf hin, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Antragsteller nicht mehr denkbar sei. Er werde zum 01.07.1995 geschlossen zurücktreten, sofern bis dahin nicht eine für die Gemeinde positive Entscheidung erfolgt sei.
Am 02.05.1995 beschloss die Kirchenleitung die Einleitung eines Versetzungsverfahrens gemäß § 35a Abs. 1 lit. b PfG. Wegen der Gründe hierfür wird auf den Bescheid der Kirchenverwaltung vom 09.05.1995 verwiesen. Mit Schreiben vom 17.05.1995 äußerte sich der Antragsteller zu der angekündigten Beurlaubung. Durch Beschluss der Kirchenleitung vom 23.05.1995 wurde der Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1 PfG mit Ausnahme der diesjährigen Konfirmation für drei Monate vom Dienst beurlaubt. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf den Bescheid der Kirchenverwaltung vom 02.06.1995.
Mit Schriftsatz vom 12.06.1995, der am gleichen Tag bei dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingegangen ist, hat der Antragsteller Klage erhoben und gleichzeitig den vorliegenden Antrag gestellt.
Er ist der Auffassung, das von der Kirchenleitung eingeleitete Versetzungsverfahren sei formell- und materiellrechtlich rechtswidrig, was auch zur Fehlerhaftigkeit der Beurlaubung führe. Die Kirchenleitung hätte das Ungedeihlichkeitsverfahren nicht von Amts wegen einleiten dürfen. Wenn die Ungedeihlichkeitsfeststellung darauf gestützt werde, dass der Kirchenvorstand eine weitere Zusammenarbeit mit dem Pfarrer ablehne, müsse zunächst das Schlichtungsverfahren nach § 36a PfG eingeleitet werden. Dies sei auch keineswegs im Hinblick auf das frühere Ungedeihlichkeitsverfahren, dessen Verwertung er im übrigen widerspreche, entbehrlich. Die zeitlichen Vorgaben der Antragsgegnerin erweckten zudem den Eindruck, es gehe der Antragsgegnerin vor allem darum, den Antragsteller als unfähig zum Gemeindepfarrdienst zu qualifizieren. Die Kirchenleitung hätte in Wahrnehmung ihrer Fürsorgepflicht gegenüber dem Antragsteller den Kirchenvorstand zu geschwisterlichem Umgang ermahnen müssen, statt sich von ihm erpressen zu lassen. Der Antragsteller habe in Erwartung eines Schlichtungsverfahrens vor einer Stellungsnehme zurückgescheut und sei auch aus gesundheitlichen Gründen hierzu nicht in der Lage gewesen.
Der Antragsteller bestreitet, dass die beiden Kirchenvorsteher ihr Amt wegen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit ihm niedergelegt hätten. Das Problem der Auseinandersetzung liege nicht im Verhältnis zwischen ihm und dem Kirchenvorstand, sondern im Verhältnis zwischen ihm und dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes. Dessen Schilderung über das Verhalten des Antragstellers am Gemeindefest in dem Schreiben vom 19.09.1994 sei unwahr. Das Zitat der Äußerung gegenüber der Sekretärin sei falsch. Richtig sei, dass es auf Grund des Verhaltens des Vorsitzenden Schwierigkeiten bei der Handhabung von Zahlungsanweisungen und der Verwendung von Geldern gegeben habe. Die Darstellung hinsichtlich der angeblichen Verhinderung der Verteilung des A-Boten sei ebenfalls falsch. Wie er den Anrufbeantworter einsetze, müsse ihm überlassen werden. Er sei keineswegs unpünktlich. Seine Erkrankungen dürften ihm nicht angelastet werden. Die Behauptung, er habe Konfirmanden körperlich angegriffen, sei absurd.
Der Antragsteller beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die mit Bescheid der Kirchenverwaltung vom 02.06.1995 ausgesprochene Beurlaubung des Antragstellers anzuordnen;
2. den von der Kirchenleitung für Dienstag, den 13.06.1995, 12.15 Uhr angesetzten Anhörungstermin aufzuheben und einen neuen Termin unter Einhaltung einer ausreichenden Ladungsfrist im Hinblick auf den von dem Antragsteller beauftragten Beistand anzuberaumen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens sei nicht erforderlich gewesen. Zwar habe der ursprüngliche Entwurf der Neufassung des § 36c PfG dies noch vor der Einleitung des Verfahrens gegen den Inhaber einer Gemeindepfarrstelle vorgesehen; doch sei diese Voraussetzung in der Gesetz gewordenen Fassung der Bestimmung nicht mehr vorgesehen.
Dem Antragsteller sei vor der Entscheidung der Kirchenleitung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden; er habe hiervon auch mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17.05.1995 Gebrauch gemacht. Die Entscheidung sei auch materiell nicht zu beanstanden. Hinreichende Anhaltspunkte rechtfertigten die begründete Annahme, es werde zu einer Versetzung kommen. Aus dem Einleitungsschreiben vom 09.05.1995 ergebe sich, dass eine gedeihliche Amtsführung des Antragstellers als Inhaber der Pfarrstelle der A-Gemeinde A-Stadt nicht mehr zu erwarten und deshalb seine Wegversetzung aus dieser Pfarrstelle notwendig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akten des Klageverfahrens II 12/95 sowie der Personalakten des Antragstellers (5 teilweise unfoliierte Bände).
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Gründe II:

II.
Das Gericht kann über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Beurlaubung des Antragstellers vom Dienst ohne mündliche Verhandlung entscheiden (KVVG, Beschluss vom 15.09.1994 – II 7/94 -). Einer Entscheidung steht nicht die von dem Antragsteller erhobene Rüge entgegen, die ihm zur Stellungnahme auf die Antragserwiderung eingeräumte Frist sei zu knapp bemessen gewesen. Dem Antragsteller ist ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Die Antragserwiderung enthält kein für den Antragsteller neues Vorbringen, das es erforderlich machen würde, ihm eine geräumigere Frist zu setzen. Das dem gegenwärtigen Ungedeihlichkeitsverfahren vorausgegangene Verfahren in der A-Gemeinde ist bereits Gegenstand des das jetzige Verfahren einleitenden Schreibens vom 09.05.1995 gewesen. Die von dem Kirchenvorstand erhobenen Beanstandungen an der Amtsführung des Antragstellers sind diesem seit der Sitzung des Kirchenvorstandes vom 14.09.1994 bekannt. Lediglich die Vorgänge in C-Stadt werden erstmals in der Antragserwiderung erwähnt. Sie sind indes ersichtlich nicht tragend für die Rechtfertigung der Beurlaubungsentscheidung durch die Antragsgegnerin. Sie werden lediglich im Sachverhaltsabschnitt des Schriftsatzes zur Information des Gerichts mitgeteilt, das Kenntnis hiervon ohnehin auf Grund der Beiziehung der Personalakten besitzt.
Der statthafte (§ 37 Abs. 2 Satz 2 PfG) und auch im übrigen zulässige Antrag ist nicht begründet. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Überprüfung erweist sich die Beurlaubungsentscheidung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die deshalb vom Gericht vorzunehmende Abwägung zwischen dem vom Gesetzgeber allgemein angenommenen kirchlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beurlaubungsentscheidung und dem Interesse des Antragstellers, hiervon einstweilen ausgenommen zu werden, führt zum Vorrang des kirchlichen vor dem individuellen Interesse des Antragstellers.
Allerdings ist die Beurlaubungsentscheidung vom 02.06.1995 als solche formell fehlerfrei ergangen. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller vor der Beurlaubung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 PfG ordnungsgemäß angehört. Die Kirchenverwaltung hat in ihrem Schreiben vom 09.05.1995 zwar lediglich darauf hingewiesen, dass der Kirchenvorstand eine weitere Zusammenarbeit mit dem Antragsteller einstimmig ablehne und schon aus diesem Grund eine gedeihliche Amtsführung nicht mehr zu erwarten sei. Sie hat damit nicht erkennen lassen, auf Grund welcher Umstände der Kirchenvorstand die weitere Zusammenarbeit mit dem Antragsteller ablehnt. Dem Antragsteller war gleichwohl eine qualifizierte Stellungnahme zu den geltend gemachten Unzuträglichkeiten möglich. Die Kirchenverwaltung hat nämlich in der Anhörungsmitteilung auf das Schreiben des Kirchenvorstandes vom 19.09.1994 Bezug genommen. Damit waren die erhobenen Beanstandungen für den Antragsteller hinreichend konkretisiert, um ihm eine inhaltliche Auseinandersetzung zu ermöglichen. Wenn er hiervon in der Stellungnahme seines Bevollmächtigten vom 17.05.1995 keinen Gebrauch gemacht hat, ändert dies an der Ordnungsgemäßheit der Anhörung nichts.
Zu diesem Schreiben des Kirchenvorstandes war dem Antragsteller überdies bereits im Vorfeld des Ungedeihlichkeitsverfahrens Gelegenheit sowohl zur mündlichen als auch schriftlichen Stellungnahme eingeräumt worden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller seit Dezember 1994 aus gesundheitlichen Gründen hierzu nicht in der Lage gewesen wäre. Der Antragsteller war zwar verschiedentlich krankgeschrieben und unterzog sich im März 1995 einer stationären Behandlung. Auch unter Berücksichtigung des Attestes von C. vom 20.02.1995 vermag das Gericht jedoch nicht davon auszugehen, dass die gesundheitliche Situation des Antragstellers ihm eine Äußerung unmöglich gemacht hätte. Der Antragsteller hat sich in dem fraglichen Zeitraum nicht nur verschiedentlich zu Fragen der Sanierung seiner Dienstwohnung geäußert; er hat auch ausweislich seines an den Vorsitzenden des Kirchenvorstandes gerichteten Schreibens vom 03.02.1995 im Februar 1995 an zwei Fortbildungsveranstaltungen im Religionspädagogischen Zentrum teilgenommen.
Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, er habe im Vertrauen auf die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens von einer Stellungnahme Abstand genommen, musste ihm spätestens mit der Verfahrenseinleitung klar geworden sein, dass es hierzu nicht kommen würde.
Auch in materieller Hinsicht ist die Beurlaubungsentscheidung als solche nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat von dem ihr eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht.
Das Gericht hat zur früheren Fassung des § 37 PfG festgestellt, dass es für eine Beurlaubung nicht erforderlich sei, dass die Voraussetzungen des damaligen § 35a Abs. 1 lit. c PfG endgültig vorliegen und festgestellt sind. Es genügt vielmehr, dass hinreichende Anhaltspunkte die begründete Annahme rechtfertigen, es werde zu einer Versetzung in eine andere Pfarrstelle oder zu einer Versetzung in den Wartestand kommen (KVVG, Beschluss vom 28.07.1989 – II 6/89 -, Amtl. Sammlg. Nr. 71). Die Kammer hält hieran auch für die Neufassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 PfG durch Art. I Kirchengesetz zur Änderung des Pfarrergesetzes vom 14.04.1994 (ABl. EKHN, S. 98) fest. Zwar sah § 37 Satz 1 PfG a.F. vor, dass die Beurlaubung „aus den Gründen des § 35a Abs. 1 Buchstabe b) und c)“ erfolgen müsse, während § 37 Abs. 1 Satz 1 PfG n.F. lediglich bestimmt, dass „vor einer Entscheidung nach § 35a Absatz 1“ eine Beurlaubung vom Dienst erfolgen könne. Eine sachliche Änderung im Sinne einer Erleichterung der Beurlaubung ist damit jedoch nicht verbunden.
Die Begründung des Entwurfs eines Kirchengesetzes zur Änderung des Pfarrergesetzes führt Gesichtspunkte für den unterschiedlichen Wortlaut nicht an (Synode EKHN, Drucksache Nr. 28/92, S. 15). Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Hinblick auf den nunmehr von Gesetzes wegen angeordneten Sofortvollzug der Beurlaubungsentscheidung ist vielmehr davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine derartige Entscheidung der Kirchenleitung durch die Neufassung nicht verringert worden sind. Während nämlich ursprünglich das besondere kirchliche Interesse an einer sofortigen Beurlaubung besonders geltend gemacht werden musste, ist dies nunmehr bereits von Gesetzes wegen geschehen. Dies bedingt, dass die Beurlaubung erforderlich sein muss, um erheblichen Spannungen in der Gemeinde entgegenzuwirken (vgl. Begründung zu § 37 PfG n.F., Synode EKHN, Drucksache Nr. 28/92, S. 15).
Derartige hinreichende Anhaltspunkte im Sinne der angeführten Entscheidung sind vorliegend gegeben. Nach der Rechtsprechung des Gerichts ist dem Pfarrer angesichts der umfassenden Kompetenzen des Kirchenvorstandes für Verkündigung, Seelsorge und Unterweisung sowie das gesamte Gemeindeleben ein fruchtbares Wirken verwehrt, wenn der Kirchenvorstand aus nachvollziehbaren und einsichtigen Gründen das für ein gedeihliches Wirken in der Gemeinde erforderliche Vertrauens- und Gemeinschaftsverhältnis zwischen dem Kirchenvorstand und dem Pfarrer nicht mehr für gegeben erachtet, sofern das Zerwürfnis vom Kirchenvorstand nicht treuwidrig herbeigeführt oder festgestellt worden ist (KVVG, Urteil vom 09.08.1991 II 13/90 -, Amtl. Sammlg. Nr. 83).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Aus den vom Kirchenvorstand in seinem Schreiben vom 19.09.1994 im einzelnen geschilderten Vorkommnissen, auf die sich die Antragsgegnerin bei ihrer Maßnahme bezieht, ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es dem Antragsteller an Kooperationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit und dem erforderlichen Pragmatismus mangelt. Er ist für Mitarbeiter wie für Gemeindeglieder häufig nur schwer erreichbar. Dadurch ergeben sich auch Beanstandungen der gottesdienstlichen und seelsorgerischen Arbeit. Unter diesen Umständen ist die Annahme der Antragsgegnerin gerechtfertigt, es lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass eine gedeihliche Amtsführung des Antragstellers als Inhaber der Pfarrstelle der A-Gemeinde A-Stadt nicht mehr zu erwarten sei.
Hinweise für ein treuwidriges Verhalten des Kirchenvorstandes sind nicht ersichtlich. Der Kirchenvorstand besteht in seiner Mehrheit aus Mitgliedern, die während des ersten Ungedeihlichkeitsverfahrens von dem Dekanatssynodalvorstand ernannt worden waren und ursprünglich mit dem Antragsteller sympathisierten. Wenn sie trotz des grundlegenden Wohlwollens dem Antragsteller gegenüber im Hinblick auf die Amtsführung des Antragstellers eine gedeihliche Amtsführung für nicht mehr möglich erachten, so erscheint diese Einschätzung, die auch von Dekan, Dekanatsynodalvorstand und Probst geteilt wird, plausibel und verständlich.
Die von dem Antragsteller erhobenen Einwendungen sind nicht geeignet, die damit für eine Beurlaubung hinreichenden Anhaltspunkte zu entkräften. Zum einen ist es unerheblich, ob die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe sämtlich zutreffend sind. Entscheidend ist nämlich nicht, ob und gegebenenfalls welches Fehlverhalten dem Antragsteller zur Last fällt, sondern allein der Umstand eines tiefgreifenden Zerwürfnisses mit dem Kirchenvorstand (KVVG, Urteil vom 09.08.1991 – II 13/90 -, Amtl. Sammlg. Nr. 83). Zum anderen ist der Antragsteller einer Diskussion der erhobenen Beanstandungen bislang aus dem Wege gegangen. Die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 20.07.1995 sind inhaltlich nicht geeignet, dem Gericht die Überzeugung zu vermitteln, Anhaltspunkte für eine Ungedeihlichkeit bestünden nicht, einem gedeihlichen Wirken des Antragstellers stünde vielmehr lediglich der Vorsitzende des Kirchenvorstandes im Wege, von dessen Darstellung alle Stellungnahmen geprägt seien. Der Antragsteller hat es gegenüber den konkreten Schilderungen des Kirchenvorstandes im wesentlichen bei einem bloßen Bestreiten bewenden lassen. Dies ist nicht ausreichend.
Die Beurlaubungsentscheidung erweist sich gleichwohl nicht als offensichtlich rechtmäßig, da die Bedenken des Antragstellers an der Berechtigung der Kirchenleitung, von Amts wegen ein Ungedeihlichkeitsverfahren einzuleiten, nicht von der Hand zu weisen sind, und eine rechtswidrige Verfahrenseinleitung auch die Rechtswidrigkeit der Beurlaubungsentscheidung nach sich ziehen dürfte. Die Beurlaubung stellt sich andererseits aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig dar. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die ursprünglich im Entwurf eines Kirchengesetzes zur Änderung des Pfarrergesetzes bei Gemeindepfarrstellen vorgesehen Notwendigkeit eines vorherigen Schlichtungsverfahrens (§ 36c Abs. 1 Satz 3 PfG des Entwurfs, Synode EKHN, Drucksache Nr. 28/92, S. 6) nicht Gesetz geworden ist.
Die sonach vorzunehmende Abwägung des kirchlichen Interesses am Sofortvollzug der Beurlaubung mit den privaten Interessen des Antragstellers an deren Aufschub ergibt ein Überwiegen der kirchlichen gegenüber den privaten Belangen. Angesichts der von dem Kirchenvorstand, der den Antragsteller ursprünglich gestützt hat, erhobenen Beanstandungen und der Erfahrung der Vergangenheit erscheint es dem Gericht nicht zu verantworten, wenn der Antragsteller während des Ungedeihlichkeitsverfahrens in seine Gemeinde zurückkehrt. Den erheblichen Spannungen zwischen Antragsteller und Kirchenvorstand kann wirksam nur durch die sofortige Befolgung der Beurlaubungsentscheidung begegnet werden. Die bisherige Amtsführung des Antragstellers zeigt, dass es in den verschiedenen Abschnitten seines Dienstes immer wieder zu Polarisierungen gekommen ist. Im Hinblick darauf, dass A-Gemeinde und Kirchenleitung in der Vergangenheit alles getan haben, um dem Antragsteller ein fruchtbares Wirken zu ermöglichen, aber gleichwohl alle kirchlichen Ebenen nunmehr der Auffassung sind, dass diese Versuche letztlich gescheitert seien, müssen die privaten Interessen des Antragstellers an einer Dienstausübung während des Ungedeihlichkeitsverfahrens zurücktreten.
Auch über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen des für 13.06.1995 angesetzten Anhörungstermins kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 38 KVVG, 123 Abs. 4, 101 Abs. 3 VwGO). Die in der Entscheidung des Gerichts vom 15.09.1994 (- II 7/94 -) für das Aussetzungsverfahren angeführten Gründe beanspruchen Geltung auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung, das im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes auch vor dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht möglich ist (KVVG, Beschluss vom 14.04.1986 – II 6/86 -, Amtl. Sammlg. Nr. 61).
Der Antrag ist unzulässig. Hinsichtlich der Aufhebung des Anhörungstermins vom 13.06.1995 fehlt dem Antragsteller bereits das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Das Begehren des Antragstellers hat sich insoweit erledigt, da der Termin zwischenzeitlich verstrichen ist, ohne dass der Antragsteller hieraus jedoch prozessuale Konsequenzen gezogen hätte. Der Antragsteller hat zwar erkannt, dass der Antrag inzwischen gegenstandslos geworden ist. Eine entsprechende Prozesserklärung hat er indes nicht abgegeben. Vielmehr hat er sich mit der Einlassung der Antragsgegnerin auseinandergesetzt.
Der Antrag ist jedoch auch ansonsten, soweit er auf Einräumung einer ausreichenden Ladungsfrist für einen künftigen Termin zielt, unzulässig, da er eine behördliche Verfahrenshandlung zum Gegenstand hat, die nach dem gemäß § 38 KVVG entsprechend anwendbaren § 44a VwGO, der nicht nur bei Anfechtungsklagen, sondern auch für Verpflichtungsbegehren und im vorläufigen Rechtsschutz gilt (vgl. Kopp, VwGO, 10. Auflage 1994, § 44a RdNr. 4 m.w.N.), nur im Rahmen der gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfe Gegenstand gerichtlicher Entscheidung sein kann.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Als unterliegender Teil hat der Antragsteller die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs. 1 VwGO).