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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:24.02.2004
Aktenzeichen:KVVG I 8/03
Rechtsgrundlage:§ 44 KGO; §§ 3,18,20,22,31,36,38 KVVG; §§ 123,154 VwGO
Vorinstanzen:
Schlagworte:Anfechtungsklage, Eilverfahren, Wohngemeinschaft, Zimmervermietung, kirchliche Verwaltung, vorläufiger Rechtsschutz
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Leitsatz:

Tenor:

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten hat der Antragsteller zu tragen.
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Gründe I:

I.
Die Antragsgegnerin vermietet eine Wohnung im A-Haus in Art einer Wohngemeinschaft an mehrere einzelne Mieter. Zu diesen zählt der Antragsteller. Am 08.11.2002 beschloss der Kirchenvorstand der Antragsgegnerin, dem Antragsteller, seinerzeit Mitglied des Kirchenvorstands, zum ortsüblichen Mietpreis ab dem 01.12.2002 ein weiteres Zimmer in der Wohnung zu vermieten. Zur Umsetzung dieses Beschlusses kam es nicht. Als ein Student bei der Antragsgegnerin Wohnbedarf anmeldete, wurde vielmehr am 25.04.2003 beschlossen, das immer noch freie Zimmer an den Studenten zu vermieten, den Antragsteller aber als Interessenten vorzumerken. Der Antragsteller will dagegen protestiert haben, ohne eine Option für den Fall des erneuten Freiwerdens geblieben zu sein. Am 10.10.2003 lehnte der Kirchenvorstand es ab, das am 15.09.2003 erneut frei gewordene Zimmer an den Antragsteller zu vermieten. Es wurde erneut an einen Studenten vergeben.
Der Antragsteller rügte gegenüber dem Dekanatskirchenamt und der Kirchenverwaltung der EKHN einen Verstoß gegen ihm gemachte Zusagen, wollte den Einzug des Studenten hindern und hat am 28.10.2003 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angebracht.
Der Antragsteller beantragt,
1. den Vollzug der Zimmervermietung an den Studenten C. zum Anfang November 2003 auszusetzen,
2. dem Studenten C. als Ersatzleistung ein Zimmer in der leer stehenden Wohnung der Antragsgegnerin in der B-Straße 24 zur Verfügung zu stellen,
3. ihm das Zimmer in der A-Straße 22 als weiteres Zimmer in der Wohngemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Die Antragsgegnerin ist bereits diesen Anträgen entgegengetreten. Sie hält sie für unzulässig, weil das KVVG nicht zuständig und das Zimmer bereits am 22.09.2003 an den Studenten C. übergeben worden sei. Jedenfalls seien sie unbegründet, weil der Kirchenvorstand rechtens gehandelt habe.
Dem Antragsteller sind antragsgemäß Fristverlängerungen zur Erwiderung bewilligt worden. Er bemühte sich bei der Antragsgegnerin, unter Freigabe seines Zimmers ein zwischenzeitlich frei gewordenes doppelt so großes Zimmer in der Wohnung anmieten zu dürfen, hatte damit aber in der Dezember-Kirchenvorstandssitzung der Antragsgegnerin keinen Erfolg.
Er beantragt deswegen nunmehr hilfsweise weiter, die Antragsgegnerin zu verpflichten,
4. ihm das ab Januar 2004 frei werdende Zimmer in der A-Straße 22 zu vermieten,
5. das Mietrecht aus dem KV-Beschluss vom 08.11.2002 in eine Mietoption umzuwandeln, die nach dem Auszug des zur Zeit im Zimmer wohnenden Studenten verfällt.
Die Antragsgegnerin tritt auch den Hilfsanträgen u.a. deswegen entgegen, weil die Entscheidungen des Kirchenvorstandes von der Wohnungsnot in A-Stadt geprägt seien.
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Gründe II:

II.
Nach Ablauf der dem Antragsteller u.a. wegen seiner außergerichtlichen Vergleichsbemühungen bewilligten Fristverlängerungen unterliegen seine Anträge sämtlich der Zurückweisung. Sie sind im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unzulässig.
Das Kirchengesetz über das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht (KVVG) führt vorläufige Maßnahmen nur im Rahmen einer Anfechtungsklage an (vgl. § 20 KVVG). Weil § 38 KVVG aber die Vorschriften der VwGO für anwendbar erklärt, soweit grundsätzliche Unterschiede der Verfahrensarten dies nicht ausschließen, kommt auch die Einstweilige Anordnung entsprechend § 123 VwGO vor Erhebung einer Klage im Hauptsacheverfahren in Betracht (KVVG, Beschluss vom 14.04.1986 – II 6/86 –, Amtl. Sammlg. Nr. 61). Eine mündliche Verhandlung ist solchenfalls anders als im Hauptsacheverfahren nach §§ 22 I, 31 KVVG – nicht geboten (KVVG, Beschluss vom 21.07.1995 – II 11/94 –, Amtl. Sammlg. Nr. 100).
Die Statthaftigkeit des Eilverfahrens erweitert den Zuständigkeitsbereich des Gerichts indessen nicht. Es kann nur in den vom KVVG bestimmten Fällen angerufen werden, so nach § 3 KVVG dann, wenn es um einen Verwaltungsakt geht, also eine Verfügung, Entscheidung oder sonstige Maßnahme, die ein kirchliches Leitungs- oder Verwaltungsorgan oder eine kirchliche Dienststelle zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet der kirchlichen Verwaltung trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 3 II KVVG). Anträge sind auch dann erst zulässig, wenn der Antragsteller von den nach dem kirchlichen Recht vorgesehenen Rechtsbehelfen erfolglos Gebrauch gemacht hat (§ 18 II KVVG).
Hinsichtlich beider Punkte bestehen tatsächliche Bedenken, deren Aufklärung im vorliegenden Eilverfahren nicht geboten erscheint, weil die Zulässigkeit der Anträge an allgemeinen Voraussetzungen des Eilverfahrens scheitert.
Es ist zunächst schon zweifelhaft, ob der vom Antragsteller im Ergebnis angegriffene Kirchenvorstandsbeschluss vom 10.10.2003 über die Fremdvermietung des vom Antragsteller begehrten Zimmers eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet der kirchlichen Verwaltung darstellt (vgl. dazu KVVG, Urteil vom 18.06.1993 – II 1/93 –, Amtl. Sammlg. Nr. 91). Nach der Zwei-Stufen-Theorie wäre die Vergabe dann als kirchenrechtlich geprägt und nur die weitere Ausgestaltung des Mietvertrages als privatrechtlich anzusehen, wenn die Wohnung in der A-Straße etwa kirchlichen oder sozialen Zwecken der Kirchengemeinde gewidmet wäre. Dies liegt angesichts des geforderten marktüblichen Mietzinses nicht unbedingt nahe und ist vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht. Geht es aber nur um eine Frage der Vermögensverwaltung der Antragsgegnerin, mag das Vorliegen einer kirchenrechtlichen Streitigkeit zu verneinen sein.
Der Antragsteller hat ferner nicht dargetan, dass er von dem Einspruchsrecht nach § 44 KGO Gebrauch gemacht und auf die Entscheidung des Dekanatssynodalvorstands angetragen hätte. Vielmehr hat er dem „Dekanatskirchenamt“ unter dem 15.10.2003 nur angezeigt, dass die Antragsgegnerin eine Vereinbarung mit ihm bzgl. Zimmervermietung gebrochen habe und er sich ausführlich an die Kirchenverwaltung wenden werde. Inwieweit das Eilverfahren der §§ 38 KVVG, 123 VwGO ein Vorverfahren aber überhaupt voraussetzt, bedarf vorliegend ebenfalls keiner Entscheidung.
Die Kammer verneint die Zulässigkeit der Anträge des Antragstellers im Verfahren der Einstweiligen Anordnung nämlich schon aus anderen Gründen.
Die zunächst angebrachten Anträge zu 1 bis 3 waren schon im Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht auf eine unmögliche Verpflichtung der Antragsgegnerin gerichtet. Diese hat zur Überzeugung der Kammer glaubhaft gemacht, dass die Zimmervergabe an den Studenten C. bereits am 22.10.2003 vollzogen war. Der Antragsteller ist dem nicht entgegengetreten.
Für den Hilfsantrag zu 4 kann die Kammer zwar nicht davon ausgehen, dass er im Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht am 06.01.2004 ebenfalls bereits überholt war; die Antragsgegnerin hat dies in ihrer Stellungnahme vom 14.01.2004 nicht geltend gemacht. Wie der Hilfsantrag zu 5 ist er aber nicht auf die Regelung nur eines vorläufigen Zustandes gerichtet, sondern auf eine endgültige Regelung der Wohnungsfrage des Antragstellers im Rahmen der „Wohngemeinschaft“. Hierfür ist das Eilverfahren nicht eröffnet.
Auch ist ein Anordnungsanspruch auf eine vorläufige Freihaltung dieses Zimmers nicht ersichtlich.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Als unterliegender Teil hat der Antragsteller die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs. 1 VwGO).