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Geltungszeitraum von: 01.10.2011

Geltungszeitraum bis: 28.02.2012

Arbeitsrechtsregelung
zur Abwendung einer wirtschaftlichen Notlage
und zur Sicherung der Leistungsangebote

Vom 17. März 2010

(ABl. 2010 S. 282, 287), geändert am 31. August 2011 (ABl. 2011 S. 295)

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§ 1
Geltungsbereich

( 1 ) Diese Arbeitsrechtsregelung gilt im Bereich des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau sowie für Diakoniestationen von Kirchengemeinden, Dekanaten und kirchlichen Verbänden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
( 2 ) § 12 gilt im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und im Bereich des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau.
( 3 ) Einrichtungen im Sinne dieser Arbeitsrechtsregelung sind die durch Leitung und Organisation selbstständigen Betriebe eines Rechtsträgers. Als Einrichtung gelten Einrichtungsteile, die durch Aufgabenbereiche und Organisation eigenständig oder räumlich weit entfernt vom Sitz des Rechtsträgers sind.
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§ 2
Regelungszweck

Die Arbeitsrechtsregelung dient der Abwendung betriebsbedingter Kündigungen infolge einer wirtschaftlichen Notlage sowie der Sicherung der Leistungsangebote einer Einrichtung.
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§ 3
Wirtschaftliche Notlage

Eine wirtschaftliche Notlage ist anzunehmen, wenn die Einrichtung nicht oder in naher Zukunft nicht in der Lage ist, aus den laufend erwirtschafteten Mitteln die laufenden Verpflichtungen einschließlich des Schuldendienstes zu erfüllen und ein Wirtschaftsprüfer oder das Rechnungsprüfungsamt der EKHN in einem Testat dies feststellt.
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§ 4
Vorübergehende Absenkung der Personalkosten

( 1 ) Ist eine wirtschaftliche Notlage festgestellt worden, kann der Arbeitgeber für die in der Einrichtung beschäftigten Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Leitungen (aufgrund Dienstvertrag tätigen Organmitglieder) bei der Arbeitsrechtlichen Kommission beantragen, dass die Bruttobezüge für bis zu 24 Monate und maximal 15 Prozent abgesenkt werden.
( 2 ) Mögliche Maßnahmen zur vorübergehenden Absenkung der Personalkosten sind:
  1. die Absenkung oder der Wegfall der Sonderzahlung (§ 37 KDAVO),
  2. die Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit unter Kürzung des Entgelts,
  3. die Reduzierung der Beiträge bzw. der Umlagen zur jeweiligen Zusatzversorgungskasse nach Maßgabe der Satzung,
  4. die Kürzung sonstiger einmaliger oder laufender Entgeltbestandteile,
  5. vorübergehende Erhöhung der Arbeitszeit ohne Entgeltausgleich.
( 3 ) Der Arbeitgeber hat vor der Antragstellung zu prüfen, ob es andere Möglichkeiten zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage gibt. Etwaige Beanstandungen und Empfehlungen des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau sind zu berücksichtigen.
( 4 ) Für die Dauer der Absenkung der Personalkosten sind betriebsbedingte Kündigungen grundsätzlich ausgeschlossen. Soweit die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zur erforderlichen Umstrukturierung der Einrichtung unvermeidlich ist, ist im Antrag festzulegen, welche Arbeitsverhältnisse betroffen sein werden. Die laufenden Bezüge dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von der Absenkung ausgenommen. Die Sicherungsordnung ist anzuwenden.
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§ 5
Einbeziehung der Mitarbeitervertretung

( 1 ) Ein Antrag gemäß § 4 Absatz 1 ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeitervertretung zuvor umfassend über die wirtschaftliche Situation der Einrichtung und die geplanten Maßnahmen zur Abwendung der wirtschaftlichen Notlage informiert hat.
( 2 ) Wenn in der Einrichtung keine Mitarbeitervertretung besteht, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Mitarbeiterversammlung gemäß Absatz 1 zu informieren.
( 3 ) Der Mitarbeitervertretung ist Einblick in die maßgeblichen Unterlagen zu gewähren und ihre unmittelbare Unterrichtung durch den Wirtschaftsprüfer oder das Rechnungsprüfungsamt zu ermöglichen. Der Wirtschaftsprüfer oder das Rechnungsprüfungsamt soll die Fragen der Mitarbeitervertretung in Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Notlage der Einrichtung beantworten. Die Entstehungsgeschichte der Notlage wird auf Verlangen der Mitarbeitervertretung aus den Bilanzen der letzten drei Jahre erläutert.
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§ 6
Mindestinhalt des Antrags

In den Antrag sind aufzunehmen:
  1. das Testat des Wirtschaftsprüfers oder des Rechnungsprüfungsamtes, das die wirtschaftliche Notlage feststellt;
  2. die Gründe, die die vorübergehende Absenkung der Personalkosten notwendig machen;
  3. die Angabe, welche Arbeitsverhältnisse vom Kündigungsschutz gemäß § 4 Absatz 4 ausgenommen sind;
  4. die Angabe, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus sozialen Gründen ganz oder teilweise von der vorübergehenden Absenkung ausgenommen werden;
  5. die Laufzeit der Maßnahme;
  6. die Bestätigung, dass die Mitarbeitervertretung vor der Antragstellung gemäß § 5 einbezogen wurde.
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§ 7
Entscheidung über den Antrag

( 1 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission entscheidet über den Antrag auf vorübergehende Absenkung der Personalkosten.
( 2 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann von der Leitung alle erforderlichen Informationen verlangen. Sie kann die Mitarbeitervertretung anhören.
( 3 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission erteilt die Zustimmung, wenn die formalen Voraussetzungen dieser Ordnung eingehalten sind, durch Beschluss.
( 4 ) Die Maßnahmen dürfen vorläufig vollzogen werden ab dem Monat, in dem der Antrag auf Absenkung der Personalkosten mit allen Mindestinhalten bei der Geschäftsstelle der Arbeitsrechtlichen Kommission eingegangen ist. Die Maßnahmen sind innerhalb eines Monats rückgängig zu machen, wenn die Arbeitsrechtliche Kommission dem Antrag nicht zustimmt.
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§ 8
Konzept zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage

( 1 ) Der Arbeitgeber soll ein Konzept zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage entwickeln.
( 2 ) Die Mitarbeitervertretung ist über das Konzept und seine Umsetzung zu informieren.
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§ 9
Überprüfung der Maßnahmen

( 1 ) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor Ablauf der Hälfte der Laufzeit das Fortbestehen der wirtschaftlichen Notlage und die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Das Ergebnis der Prüfung ist der Arbeitsrechtlichen Kommission zur Kenntnis zu geben.
( 2 ) Die Mitarbeitervertretung kann selbst Überprüfungen gemäß Absatz 1 anregen. Sie ist über das Ergebnis der Überprüfung zu informieren.
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§ 10
Beendigung der Maßnahmen

( 1 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann die vorübergehende Absenkung der Personalkosten jederzeit für die Zukunft aufheben, wenn der Arbeitgeber dies beantragt.
( 2 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann die vorübergehende Absenkung der Personalkosten darüber hinaus jederzeit für die Zukunft aus wichtigem Grund aufheben. Ein wichtiger Grund ist insbesondere gegeben, wenn
  1. eine wirtschaftliche Notlage gemäß § 3 nicht mehr besteht,
  2. die Leitung gegen das Kündigungsverbot gemäß § 4 Absatz 4 verstößt oder
  3. ein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB stattfindet.
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§ 11
Verlängerung der Maßnahmen

Ein erneuter Antrag zur vorübergehenden Absenkung der Personalkosten ist zulässig. Dies gilt auch dann, wenn dadurch die maximale Laufzeit von 24 Monaten überschritten wird.
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§ 12
Gewährung einer Zulage

( 1 ) Ein kirchlicher oder diakonischer Arbeitgeber kann bei der Arbeitsrechtlichen Kommission beantragen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Einrichtung oder einer bestimmten Berufsgruppe eine monatliche, widerrufliche Zulage in Höhe von bis zu 15 Prozent des jeweiligen Arbeitsentgelts (§ 30 Absatz 1 KDAVO) gewährt wird, wenn eine besondere regionale Wettbewerbssituation vorliegt und die Zulage zur Sicherung des Leistungsangebots erforderlich ist.
( 2 ) Die Zulage ist zu berücksichtigen bei der Berechnung der Leistungszulage (§ 29 Absatz 2 KDAVO), bei der Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden (§ 31 KDAVO), bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlung (§ 37 Absatz 4 KDAVO) und bei der Entgeltberechnung gemäß § 42 Absatz 2 KDAVO.
( 3 ) Vor der Antragstellung ist die Mitarbeitervertretung über die geplante Zulage zu informieren und Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
( 4 ) Der Antrag auf Gewährung der Zulage ist gegenüber der Arbeitsrechtlichen Kommission zu begründen.
( 5 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann die Gewährung der Zulage befristen.
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§ 12a
Zulage für Erzieherinnen und Erzieher

( 1 ) Innerhalb einer Kommune erhalten Erzieherinnen und Erzieher, die in der Entgeltgruppe E 7 eingruppiert sind, eine monatliche, befristete Zulage, wenn
  1. die Kirchenverwaltung feststellt, dass eine Gefährdung des Leistungsangebots bei einem kirchlichen Träger im Bereich der Kommune besteht, und
  2. diese Kommune ihre Erzieherinnen und Erzieher in die Entgeltgruppe S 8 TVöD eingruppiert.
( 2 ) Die Zulage beträgt vom 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2011 bei einer entgeltrelevanten Zeit von
2, 3 und 4 Jahren:
1 %
5 Jahren:
10 %
6, 7 und 8 Jahren:
3 %
9, 10 und 11 Jahren:
9 %
12 Jahren:
3 %
13 Jahren:
12 %
14, 15, 16 und 17 Jahren:
4 %
18 und mehr Jahren:
11 %
des jeweiligen Arbeitsentgelts (§ 30 Absatz 1 KDAVO).
( 3 ) Die Zulage beträgt vom 1. Januar 2012 bis 29. Februar 2012 bei einer entgeltrelevanten Zeit von
5 Jahren:
9 %
6, 7 und 8 Jahren:
2 %
9, 10 und 11 Jahren:
7 %
12 Jahren:
2 %
13 Jahren:
11 %
14, 15, 16 und 17 Jahren:
3 %
18 und mehr Jahren:
9 %
des jeweiligen Arbeitsentgelts (§ 30 Absatz 1 KDAVO).
( 4 ) Sofern Erzieherinnen und Erzieherinnen eine Tätigkeitszulage nach § 28 Absatz 1a KDAVO erhalten, wird diese auf die Zulage nach den vorstehenden Absätzen angerechnet.
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§ 13
Außerkrafttreten

Diese Arbeitsrechtsregelung tritt am 30. September 2012 außer Kraft.