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Rechtsverordnung über die Zweite Theologische Prüfung
(Prüfungsordnung II)

Vom 15. Dezember 2022

(ABl. 2023 Seite 18 Nr. 8)

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat aufgrund von § 2 Absatz 2 des Vorbildungsgesetzes1# vom 7. Dezember 1967 (ABl. 1968 S. 42), zuletzt geändert am 20. Februar 2010 (ABl. 2010 S. 118), folgende Rechtsverordnung beschlossen:
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§ 1
Zweck der Prüfung

In der Zweiten Theologischen Prüfung sollen die Vikarinnen und Vikaren den Nachweis erbringen, dass sie die für die selbstständige Führung des Pfarramts notwendigen praktisch-theologischen Fähigkeiten und Kenntnisse erworben haben.
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§ 2
Meldung zur Prüfung

( 1 ) Die Zweite Theologische Prüfung findet mindestens einmal im Jahr statt. Die Meldetermine werden im Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau bekannt gegeben.
( 2 ) Die Meldung zur Prüfung ist von der Vikarin oder dem Vikar über die Lehrpfarrerin oder den Lehrpfarrer und das Theologische Seminar an die Kirchenverwaltung zu richten.
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§ 3
Zulassung zur Prüfung

( 1 ) Über die Zulassung zur Prüfung entscheidet die Kirchenverwaltung. Mit der Zulassung stellt die Kirchenverwaltung fest, dass die Vikarin oder der Vikar die Ausbildung ordnungsgemäß durchlaufen hat.
( 2 ) Die Feststellung setzt in der Regel voraus, dass keine Einwände gegen die Zulassung zur Prüfung erhoben wurden und der Kirchenverwaltung folgende Nachweise schriftlich vorliegen:
  1. die Stellungnahme der zuständigen Pröpstin oder des zuständigen Propstes oder einer bzw. eines von ihr bzw. ihm bestellten Vertreterin oder Vertreters zu einem von der Vikarin bzw. dem Vikar gehaltenen Gottesdienst;
  2. die Bestätigung der Lehrpfarrerin oder des Lehrpfarrers, dass die Vikarin oder der Vikar selbstständig unter ihrer bzw. seiner Anleitung in allen wichtigen Bereichen des Gemeindepfarramtes tätig gewesen ist;
  3. die Bestätigung des Theologischen Seminars, dass die Vikarin bzw. der Vikar alle vom Theologischen Seminar vorgegebenen Ausbildungsanforderungen erfüllt hat.
( 3 ) Die Kirchenverwaltung teilt der Vikarin oder dem Vikar mit dem Bescheid auch die voraussichtliche Zusammensetzung der Prüfungskommission mit.
( 4 ) Die Zulassung kann widerrufen werden, wenn die Vikarin oder der Vikar den Tatsachen- und Erfahrungsbericht über das Gemeindepraktikum nicht fristgerecht bei der Kirchenverwaltung einreicht.
( 5 ) Bei einer Nichtzulassung zur Zweiten Theologischen Prüfung kann der praktische Vorbereitungsdienst durch die Kirchenverwaltung verlängert werden. Die Ausbildungsinhalte werden in Absprache mit dem Theologischen Seminar und der Lehrpfarrerin bzw. dem Lehrpfarrer durch die Kirchenverwaltung festgelegt.
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§ 4
Prüfungskommission

( 1 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident beruft die jeweilige Prüfungskommission aus den Mitgliedern des Prüfungsamtes.
( 2 ) Vorsitzende oder Vorsitzender der Prüfungskommission ist die Kirchenpräsidentin bzw. der Kirchenpräsident, in ihrer bzw. seiner Vertretung die Stellvertretende Kirchenpräsidentin oder der Stellvertretende Kirchenpräsident, die Leiterin oder der Leiter des Referates Personalförderung und Hochschulwesen der Kirchenverwaltung. Bei deren oder dessen Verhinderung kann die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident ein anderes Mitglied des Prüfungsamtes mit dem Vorsitz beauftragen.
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§ 5
Bestandteile der Prüfung

Die Zweite Theologische Prüfung setzt sich zusammen aus Prüfungen in den Fächern Homiletik und Liturgik (§ 6), Religionspädagogik (§ 7), Seelsorge (§ 8) und Kirchentheorie und Theologische Gegenwartsfragen (§ 9).
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§ 6
Homiletik und Liturgik

1. Schriftlich
Die Vikarin oder der Vikar reicht einen schriftlichen Entwurf ein, der außer dem Verlauf des Gottesdienstes und der Predigt exegetische, systematisch-theologische, homiletische und liturgische Überlegungen enthält sowie eine kurze Darstellung des Sozialraums, in dem der Gottesdienst stattfindet. Den Predigttext erhält die Vikarin/der Vikar durch das Theologische Seminar. Die Arbeit soll 40.000 Zeichen inkl. Leerzeichen nicht überschreiten. Nicht mitgezählt werden Literatur- und Inhaltsverzeichnis, Titelblatt. Die Überschreitung der Zeichenzahl führt zur Abwertung in der Benotung führen. Der Arbeit ist die schriftliche Versicherung beizufügen, dass die benutzte Literatur vollständig angegeben und die Arbeit selbständig angefertigt worden ist. Sie ist in digitaler und schriftlicher Form dem Theologischen Seminar einzureichen. Für die Ausarbeitung stehen der Vikarin bzw. dem Vikar fünf Tage zur Verfügung.
2. Praktisch
Den Termin für den Examensgottesdienst legt das Theologische Seminar in Absprache mit der Praktikumsgemeinde fest. Auf der Grundlage des schriftlich ausgearbeiteten Gottesdienstentwurfs einschließlich der Predigt feiert die Vikarin oder der Vikar einen Gottesdienst mit der versammelten Gemeinde. Zwei Mitglieder des Prüfungsamtes sind im Gottesdienst anwesend.
3. Mündlich
Das Prüfungsgespräch behandelt Themen aus Theorie und eigener Praxis christlicher Verkündigung und gottesdienstlichen Handelns. Das Prüfungsgespräch dauert 45 Minuten. Prüferinnen oder Prüfer sind die zuständige Professorin bzw. der zuständige Professor und ein weiteres Mitglied des Prüfungsamtes. Die Professorin bzw. der Professor kann durch ein anderes Mitglied des Prüfungsamtes vertreten werden. Die Lehrpfarrerin oder der Lehrpfarrer wird als Beisitzerin / Beisitzer zur mündlichen Prüfung eingeladen und führt das Protokoll. Die Noten für alle Prüfungsteile werden von den jeweiligen Mitgliedern des Prüfungsamtes gemeinsam festgelegt und den Kandidatinnen und Kandidaten erst nach Abschluss aller einzelnen Prüfungsleistungen in Homiletik/Liturgik bekannt gegeben.
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§ 7
Religionspädagogik

1. Schriftlich
Die Vikarin oder der Vikar reicht einen schriftlichen Unterrichtsentwurf ein. Er enthält Überlegungen zu den Rahmenbedingungen des Unterrichts, seiner Didaktik und Methodik. Im Anhang wird die Planung der einzelnen Unterrichtsstunden in einem vorgegebenen Raster dokumentiert und die verwendeten Materialien und Literatur angegeben. Das Thema der Unterrichtseinheit wird nach Anhörung der Vikarin oder des Vikars und nach Absprache mit der Fachlehrerin oder dem Fachlehrer der Schule bzw. der Lehrpfarrerin oder dem Lehrpfarrer spätestens drei Wochen vor der Verfassung des Entwurfes von der zuständigen Studienleiterin oder dem zuständigen Studienleiter nach Rücksprache mit der zuständigen Professorin oder dem zuständigen Professor des Theologischen Seminars festgelegt und der Vikarin oder dem Vikar schriftlich mitgeteilt. Für die Ausarbeitung des Unterrichtsentwurfs stehen der Vikarin oder dem Vikar fünf Tage zur Verfügung. Die Arbeit soll 30.000 Zeichen inkl. Leerzeichen nicht überschreiten. Nicht mitgezählt werden Unterrichtsplanungsraster, Materialien, Literatur- und Inhaltsverzeichnis, Titelblatt. Das Überschreiten der Zeichenzahl führt zur Abwertung in der Benotung. Der Arbeit ist die schriftliche Versicherung beizufügen, dass die benutzte Literatur vollständig angegeben und die Arbeit selbständig angefertigt worden ist. Sie ist in digitaler und schriftlicher Form jeweils in einer Ausfertigung dem Theologischen Seminar und der zuständigen Studienleiterin oder dem zuständigen Studienleiter fristgerecht vorzulegen.
2. Praktisch
Die ausgearbeitete Unterrichtseinheit wird im Religions- bzw. Konfirmandenunterricht gehalten. Die Lerngruppe soll aus mindestens acht Schülerinnen und Schülern oder Konfirmandinnen und Konfirmanden bestehen. Begründete Ausnahmen sind zulässig. Eine der geplanten Unterrichtsstunden ist die praktische Prüfung. Sie umfasst maximal 60 Minuten. Bei Abweichungen vom geplanten Verlauf der Unterrichtseinheit kann die Planung der praktischen Prüfung bis kurz vor Beginn der Stunde geändert werden.
3. Mündlich
Das Prüfungsgespräch bezieht sich auf den schriftlichen Unterrichtsentwurf, die praktische Prüfung und die allgemeine religionspädagogische Diskussion. Das Prüfungsgespräch dauert 45 Minuten. Prüferinnen oder Prüfer sind die zuständige Professorin oder der zuständige Professor, die bzw. der sich durch ein anderes Mitglied des Prüfungsamtes vertreten lassen kann, und eine Studienleiterin oder ein Studienleiter des Religionspädagogischen Institutes. Die Lehrpfarrerin oder der Lehrpfarrer und die Schulmentorin oder der Schulmentor wird als Beisitzerin bzw. Beisitzer zur praktischen und zur mündlichen Prüfung eingeladen. Das Protokoll führt eine Lehrerin oder ein Lehrer mit Vocatio für das Fach „Evangelische Religion“ oder eine Theologin oder ein Theologe mit Zweiter Theologischer Prüfung. Die Noten werden den Kandidatinnen und Kandidaten erst nach Abschluss aller einzelnen Prüfungsleistungen in Religionspädagogik bekannt gegeben.
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§ 8
Seelsorge

1. Schriftlich
In der schriftlichen Prüfung soll die Vikarin oder der Vikar Gespräche in einem Seelsorgefeld dokumentieren und analysieren. Dabei soll der eigene Lernweg im Arbeitsfeld Seelsorge, die eigene theologisch reflektierte Definition von Seelsorge sowie die Methodik im Blick auf das konkrete Feld reflektiert werden. Planung und Ablauf der Gesprächsreihe werden dokumentiert. Die Gesprächsreihe soll in die Handlungsfelder der Seelsorge eingeordnet, die entsprechende poimenische Debatte und der Bezug zum eigenen Seelsorgekonzept sollen erläutert werden. Der Bezug zum konkreten Sozialraum unter Berücksichtigung gesellschaftspolitischer Aspekte wird beschrieben. Im Rahmen der Gesprächsreihe werden mindestens sechs Gespräche geführt. Diese Gespräche sind der Arbeit beizufügen. Aus diesen Gesprächen wählt die Vikarin bzw. der Vikar zwei Gespräche aus und begründet die Auswahl. Diese Gespräche werden im Blick auf Themen, Selbstreflexion der Seelsorgerin bzw. des Seelsorgers und Gesprächsführung poimenisch analysiert. Abschließend werden Alternativen und ein Ausblick benannt. Der Umfang soll 40.000 Zeichen incl. Leerzeichen nicht überschreiten. Nicht mitgezählt werden dabei: Literatur- und Inhaltsverzeichnis, Titelblatt und Gesprächsprotokolle. Das Überschreiten der Zeichenzahl führt zur Abwertung in der Benotung. Der Hausarbeit ist die Versicherung beizufügen, dass die Arbeit ohne fremde Hilfe erstellt und die benutzte Literatur vollständig angegeben wurde. Sie ist in dreifacher Ausfertigung digital und schriftlich dem Theologischen Seminar einzureichen. Für die Ausarbeitung stehen der Vikarin oder dem Vikar fünf Tage zur Verfügung.
2. Mündlich
Die mündliche Prüfung in Seelsorge geht von einem Eigenverbatim (eigenes Gesprächsprotokoll) aus, das ein anderes Seelsorgefeld als das der schriftlichen Examensarbeit betreffen soll. Dabei ist das Verbatim selbst nicht Gegenstand der Beurteilung. Die Vikarin oder der Vikar soll in der Lage sein, ihre bzw. seine Überlegungen in die pastoralpsychologische Theorie und Praxis einzuordnen. Die Vikarin oder der Vikar soll weiterhin zeigen, dass sie einen Überblick über für die pastorale Praxis relevante Kenntnisse aus dem Bereich der Poimenik und Psychologie verfügt. Die Prüfung dauert 25 Minuten. Die Noten werden der Vikarin oder dem Vikar erst nach Abschluss aller einzelnen Prüfungsleistungen in Seelsorge bekannt gegeben.
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§ 9
Kirchentheorie und Theologische Gegenwartsfragen (mündliche Prüfungen)

1. Kirchentheorie
Die Prüfung in Kirchentheorie (Kirchentheorie, Kybernetik und Kirchenrecht) geht von einem schriftlichen Bericht über ein eigenes Projekt aus dem Gemeindepraktikum aus. Für das Verfassen des Berichtes erhält die Vikarin oder der Vikar eine Freistellungszeit von fünf Tagen. Der Bericht ist nicht Gegenstand der Bewertung. Die Vikarin oder der Vikar soll in der Lage sein, ihr bzw. sein Projekt mithilfe kirchentheoretischer Konzepte zu reflektieren und soll zeigen, dass die Bezüge zu den entsprechenden kirchenrechtlichen Grundlagen, die für die Planung und Durchführung des Projektes maßgeblich sind, hergestellt werden können. Die Vikarin oder der Vikar muss die Themen und Unterlagen zu den mündlichen Prüfungen innerhalb einer vom Prüfungsamt festgelegten Frist in vierfacher Ausfertigung digital und schriftlich an die Kirchenverwaltung einsenden. Ein Anspruch, ausschließlich in den angegebenen Gebieten geprüft zu werden, besteht nicht. Die Prüfung dauert 35 Minuten. Prüferin oder Prüfer ist jeweils ein Mitglied des Prüfungsamtes und die zuständige Professorin oder der zuständige Professor, die bzw. der sich durch ein anderes Mitglied des Prüfungsamtes vertreten lassen kann sowie eine Kirchenjuristin oder ein Kirchenjurist. Die Note wird der Vikarin oder dem Vikar nach der mündlichen Prüfung bekannt gegeben.
2. Theologische Gegenwartsfragen
Das Prüfungsgespräch in Theologische Gegenwartsfragen bezieht sich auf ein aktuelles Thema aus dem Bereich von Kirche und Gesellschaft. Die Vikarin bzw. der Vikar vereinbart mit der zuständigen Professorin bzw. dem zuständigen Professor ein Thema und bereitet Thesen für das Prüfungsgespräch vor. Für die Erstellung des Thesenpapiers erhält die Vikarin oder der Vikar eine Freistellungszeit von drei Tagen. Die Prüfung dauert 25 Minuten. Prüferin oder Prüfer ist jeweils ein Mitglied des Prüfungsamtes und die zuständige Professorin oder der zuständige Professor, die bzw. der sich durch ein anderes Mitglied des Prüfungsamtes vertreten lassen kann. Die Note wird der Vikarin oder dem Vikar nach der mündlichen Prüfung bekannt gegeben.
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§ 10
Beisitzerinnen und Beisitzer zu den mündlichen Prüfungen in Seelsorge,
Kirchentheorie und Theologische Gegenwartsfragen

Zu den mündlichen Prüfungen können Beisitzerinnen und Beisitzer eingeladen werden (eine Besitzerin/ein Beisitzer pro Prüfungsfach). Der Vikariatskurs kann der Kirchenverwaltung dafür geeignete Personen vorschlagen. Die Beisitzerin oder der Beisitzer muss Mitglied der EKHN sein und die Zweite Theologische Prüfung abgelegt haben. Sie oder er kann mit der Protokollführung beauftragt werden. Nimmt keine Beisitzerin oder kein Beisitzer an der Prüfung teil, so muss eine Prüferin oder ein Prüfer das Protokoll führen.
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§ 11
Bewertung der Prüfungsleistungen

Die einzelnen Prüfungsleistungen werden mit Punktzahlen zwischen 15 und 0 bewertet. Für jede Prüfungsleistung wird eine Einzelnote erteilt. Nicht fristgerecht abgegebene schriftliche Arbeiten werden mit 0 Punkten bewertet. Die Gesamtnote einer bestandenen Zweiten Theologischen Prüfung errechnet sich aus dem Durchschnitt aller Einzelnoten. Die Gesamtnote wird auf eine ganze Punktzahl gerundet. Die Gesamtnote lautet:
Bei einem Durchschnitt von 13 bis 15 Punkten: sehr gut.
Bei einem Durchschnitt von 10 bis 12 Punkten: gut.
Bei einem Durchschnitt von 7 bis 9 Punkten: befriedigend.
Bei einem Durchschnitt von 5 bis 6 Punkten: ausreichend.
Bei einem Durchschnitt von 1 bis 4 Punkte: mangelhaft.
Bei einem Durchschnitt von 0 Punkten: ungenügend.
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§ 12
Nichtbestehen der Prüfung

( 1 ) Die zweite Theologische Prüfung ist nicht bestanden, wenn die aus dem Durchschnitt der Noten in den jeweiligen einzelnen Prüfungsleistungen (Homiletik/Liturgik sowie Religionspädagogik jeweils schriftlich, praktisch, mündlich; Seelsorge: schriftlich und mündlich; Kirchentheorie und Theologische Gegenwartsfragen jeweils mündlich) errechnete Note in jeder Teilprüfung (Homiletik/Liturgik, Religionspädagogik, Seelsorge, Kirchentheorie/Theologische Gegenwartsfragen) nicht mindestens „ausreichend“ (5,0 Punkte) beträgt.
( 2 ) Im Fall des Nichtbestehens kann die Zweite Theologische Prüfung einmal nach Ablauf eines Jahres wiederholt werden. Die Kirchenleitung kann Ausnahmen zulassen. Das Gemeindepraktikum wird entsprechend verlängert.
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§ 13
Nachprüfung und Nichtzulassung zu weiteren Prüfungen

( 1 ) Beträgt der Notendurchschnitt der Prüfungsleistungen in höchstens einer Teilprüfung (Homiletik/Liturgik, Religionspädagogik, Seelsorge, Kirchentheorie/Theologische Gegenwartsfragen) nicht mindestens „ausreichend“ (5,0 Punkte), so ordnet die Prüfungskommission eine Nachprüfung an.
( 2 ) Die Nachprüfung muss in der Regel innerhalb eines Jahres stattfinden. Das Gemeindepraktikum wird entsprechend verlängert. Ist der Notendurchschnitt der Nachprüfung auch dann nicht „ausreichend“ (5,0 Punkte), so ist die Gesamtprüfung nicht bestanden. Die Kirchenleitung kann Ausnahmen zulassen.
( 3 ) Beträgt der Notendurchschnitt der Prüfungsleistungen in mehr als einer Teilprüfung (Homiletik/Liturgik, Religionspädagogik, Seelsorge, Kirchentheorie/Theologische Gegenwartsfragen) nicht mindestens „ausreichend“ (5,0 Punkte), wird die Kandidatin oder der Kandidat zu den weiteren Teilprüfungen in diesem Prüfungsdurchgang nicht zugelassen. Die Gesamtprüfung ist dann nicht bestanden. Bereits bestandene Teilprüfungen werden beim nächsten Prüfungsversuch nicht angerechnet. Die Kirchenleitung kann Ausnahmen zulassen.
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§ 14
Zeugnis

Das Zeugnis der Zweiten Theologischen Prüfung wird spätestens vier Wochen nach Bekanntgabe des Gesamtergebnisses ausgehändigt. Es enthält eine Übersicht über die Ergebnisse in den einzelnen Prüfungsfächern und die Gesamtnote.
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§ 15
Unterbrechung der Prüfung, Versäumnis

( 1 ) Muss die Vikarin oder der Vikar die Prüfung aus zwingenden Gründen unterbrechen oder kann sie oder er die Prüfung nicht antreten, so hat sie bzw. er die Gründe unverzüglich schriftlich der oder dem Vorsitzenden der Prüfungskommission nachzuweisen. Bei einer Erkrankung der Kandidatin oder des Kandidaten ist ein ärztliches, auf Verlangen ein amtsärztliches Attest vorzulegen. Bei einem Rücktritt aus triftigem Grund gilt die Prüfung als nicht unternommen. Die oder der Vorsitzende der Prüfungskommission entscheidet über die Fortsetzung der Prüfung. Die bereits vorliegenden Prüfungsleistungen sind anzurechnen.
( 2 ) Wenn die Vikarin oder der Vikar ohne zwingenden Grund einen Prüfungstermin versäumt oder eine Prüfungsleistung verweigert, gilt die gesamte Prüfung als nicht bestanden.
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§ 16
Täuschung und sonstige Ordnungsverstöße

( 1 ) Versucht eine Vikarin oder ein Vikar das Ergebnis der Prüfung durch Täuschung zu beeinflussen oder verstößt sie bzw. er sonst gegen die Ordnung, wird die davon betroffene Prüfungsleistung mit „ungenügend“ bewertet. In schweren Fällen wird die Vikarin oder der Vikar von der Prüfung ausgeschlossen. In diesem Fall gilt die Prüfung als nicht bestanden.
( 2 ) Im Fall des Absatzes 1 entscheidet die oder der Vorsitzende der Prüfungskommission nach Anhörung der Vikarin oder des Vikars und teilt ihr bzw. ihm die Entscheidung unverzüglich mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung mit. Die Vikarin oder der Vikar kann gegen die Entscheidung Einspruch erheben (§ 18).
( 3 ) Wird eine Täuschungshandlung erst nach Abschluss der Prüfung bekannt, kann die oder der Vorsitzende des Prüfungsamtes innerhalb von zwei Jahren seit dem Tag der letzten mündlichen Prüfung das Prüfungsergebnis als „ungenügend“ (0 Punkte) bewerten oder die Prüfung für nicht bestanden erklären. Das unrichtige Prüfungszeugnis wird eingezogen.
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§ 17
Einsicht in die Prüfungsakten

Die Vikarin oder der Vikar kann innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nach Abschluss des Prüfungsverfahrens ihre oder seine Prüfungsakten persönlich einsehen. Das Recht zur Einsichtnahme im Rechtsbehelfsverfahren und im gerichtlichen Verfahren bleibt davon unberührt.
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§ 18
Rechtsbehelfsverfahren

( 1 ) Die Vikarin oder der Vikar kann gegen die Prüfung Einspruch erheben. Der Einspruch ist spätestens einen Monat, die schriftliche Begründung spätestens zwei Monate nach Bekanntgabe des Gesamtergebnisses der Prüfung bei der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsamtes einzulegen.
( 2 ) Die oder der Vorsitzende des Prüfungsamtes teilt ihre bzw. seine Entscheidung der Vikarin oder dem Vikar mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung mit.
( 3 ) Gegen die Entscheidung ist für die Vikarin oder den Vikar der Rechtsweg zum Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht gegeben.
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§ 19
Anlage zur Prüfungsordnung und Erläuterungen

( 1 ) Die Übersicht über „Ziele und Gegenstände der Zweiten Theologischen Prüfung“ (Anlage) gilt als Bestandteil der Prüfungsordnung.
( 2 ) Die Kirchenverwaltung kann in einem Merkblatt nähere Erläuterungen zur Prüfungsordnung bekannt geben.
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§ 20
Übergangsregelung

( 1 ) Diese Rechtsverordnung gilt für alle Vikarinnen und Vikare ab Kurs 1-2023.
( 2 ) Vikarinnen und Vikare, die vor dem Kurs 1-2023 ihren praktischen Vorbereitungsdienst aufgenommen haben, können beantragen, nach der neuen Ordnung geprüft zu werden.
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§ 21
Inkrafttreten

Diese Prüfungsordnung tritt am 1. Februar 2023 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Prüfungsordnung II vom 25. Juni 2002 (ABl. 2002 S. 313), zuletzt geändert am 17. Februar 2022 (ABl. 2022 S. 118 Nr. 23), außer Kraft.
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Anlage

Die Ziele und Gegenstände der Zweiten Theologischen Prüfung

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1. Homiletik und Liturgik

Ziele
Die Prüfung soll zeigen, dass die Vikarinnen und Vikare biblische Botschaft und aktuelle Lebenskontexte in öffentlicher Rede und gottesdienstlicher Feier miteinander in Beziehung setzen können.
Sie zeigen dabei, dass sie
  • biblische Botschaft verstehen und im Kontext heutiger Lebenserfahrung interpretieren können,
  • individuelle und gesellschaftliche Phänomene wahrnehmen und durch die Begegnung mit biblischen Texten zu deuten anleiten können,
  • in der dramaturgischen Gestaltung der Gottesdienste traditionelle und zeitgenössische Elemente angemessen inszenieren können und
  • ihre eigene homiletische und liturgische Praxis kritisch reflektieren und weiterentwickeln können.
Gegenstände
A. allgemein:
  • Gottesdiensttheorie und -theologie
  • Gottesdienste und Feierkultur der Gemeinde
  • Gottesdienste und eigene Biographie und Spiritualität
  • Gottesdienste zwischen Zweckfreiheit und Zielrichtungen
  • eigene Gottesdienstkonzeption
  • Gottesdienste als dramaturgische Gestaltungsaufgabe
  • analoge und digitale Formate und Gestaltungskriterien
B. Liturgik
  • Einübung in eine angemessene und authentische Wahrnehmung der liturgischen Rolle
  • Ablauf von unterschiedlichen Gottesdiensten im Blick auf Dramaturgie und Inszenierung
  • musikalische Dimension der Gottesdienste
  • Gottesdienste und ihre Räume
  • Theologie und Gestaltung von Abendmahlsfeiern
  • Theologie und Gestaltung der Kasualien einschl. Ritualtheorie
C. Homiletik
  • Verkündigung und biblischer Bezug
  • Hörerschaft und deren Beteiligungen
  • die predigende Person
  • intellektuelle und emotionale Intentionen
  • Rezeptions- und Wirkungsforschung
  • Predigtgestaltungen
  • Predigtstruktur und Predigtaufbau
  • die sprachliche Gestaltung der Predigt
  • Konkretionen, Bilder, Szenen und deren Bedeutung
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2. Religionspädagogik

Ziele
Viele Aufgaben im Pfarramt haben eine pädagogische Dimension. Vikarinnen und Vikare sollen in der Prüfung zeigen, dass sie diese Dimension wahrzunehmen in der Lage sind. Sie sollen den jeweiligen Zielgruppen gemäß professionell handeln und Inhalte kompetenzorientiert und methodisch angemessen vermitteln können. Dies geschieht auf der Grundlage der befreienden Botschaft des Evangeliums. Die jeweiligen Bedingungen des Umfeldes sind dabei zu berücksichtigen.
Vikarinnen und Vikare sollen in der Prüfung zeigen, dass sie
  • theologische Inhalte elementarisieren können,
  • gemeindliche und schulische Projekte unter pädagogisch relevanten Gesichtspunkten planen, durchführen und auswerten können,
  • eine eigene pädagogische Konzeption für unterschiedliche gemeindliche und schulische Veranstaltungen entwickeln und darstellen können,
  • unterschiedliche pädagogische Handlungsfelder differenziert wahrnehmen können,
  • für unterschiedliche Zielgruppen bedeutsame Ziele angemessen formulieren und Umsetzungsstrategien entwickeln können,
  • in unterschiedlichen pädagogischen Arbeitszusammenhängen die Veränderungen der eigenen Rolle wahrnehmen, darstellen und realisieren können,
  • ihren bisherigen Lernweg beschreiben und den ins Auge gefassten weiteren Lernweg auf der Planungsebene darstellen und begründen können,
  • methodisch dem gegenwärtigen Stand der Fachdiskussion angemessen planen und handeln können,
  • Sicherheit in der Materialauswahl besitzen,
  • ihre eigene Profilierung im Arbeitsfeld aufzeigen können.
Gegenstände
Erwartet werden:
  • Kenntnis der wichtigsten religionspädagogischen Ansätze für unterschiedliche pädagogische Handlungsfelder
  • Kenntnis der jeweiligen Lehr- und Rahmenpläne
  • Kenntnis der einschlägigen Gesetze und gesetzlichen Verordnungen
  • Grundlegende Kenntnisse aus den für pädagogisches Handeln relevanten Nachbarwissenschaften
  • Kenntnis des Zusammenhanges zwischen Inhalt und Durchführung pädagogischer Veranstaltungen einerseits und der eigenen Biografie andererseits
  • Kenntnis unterschiedlicher und angemessener Methoden
  • Kenntnis unterschiedlicher ziel- und zielgruppenorientierter Handlungsstrategien
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3. Seelsorge

Ziele
In der Prüfung soll die Vikarin bzw. der Vikar deutlich machen, dass sie bzw. er in der Lage ist, Seelsorgebegegnungen professionell im Blick auf Rolle, Amt und Haltung zu gestalten. Sie bzw. er soll in der Lage sein, diese Begegnungen theologisch zu reflektieren und ihre bzw. seine spirituelle, geistliche und theologische Kompetenz in die Begegnung einbringen können.
Die Vikarin bzw. der Vikar reflektiert ihre bzw. seine Seelsorgebegegnungen gendersensibel und berücksichtigt die sozialdiakonische Perspektive von Seelsorge.
Die Vikarin bzw. der Vikar ist sensibel im Blick auf das Thema sexualisierte Gewalt im Kontext seelsorglicher Begegnungen.
Die Vikarin bzw. der Vikar soll in der Lage sein, eine eigene Seelsorgekonzeption zu formulieren. Dabei soll er bzw. sie diese Position in die poimenische Debatte einordnen und entsprechend verschiedene Konzeptionen von Seelsorge kennen und diese in die Genese der Seelsorge einordnen können.
Die Vikarin bzw. der Vikar kennt die poimenische Debatte zum Thema Taufe, Trauung und Bestattung/Trauer und kann im Kontext von Kasualien entsprechend angemessen seelsorglich agieren.
Die Vikarin bzw. der Vikar soll über für die Seelsorge relevante Kenntnisse der Humanwissenschaften verfügen. Er bzw. sie kennt verschiedene Methoden der Gesprächsführung und kann sie angemessen in Seelsorgebegegnungen einsetzen. Er bzw. sie kann eine Reihe von Seelsorgebegegnungen in einem konkreten Seelsorgefeld planen und praktisch-theologisch sowie im Blick auf das eigene seelsorgliche Handeln reflektieren.
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4. Kirchentheorie

Ziele
Die Prüfung soll zeigen, dass die Vikarinnen und Vikare in Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Theorien der Kirche und in Auseinandersetzung mit der vorfindlichen Rechts- und Organisationsgestalt der EKHN, in ihrer Profession zielorientiert und methodisch angemessen handeln können, sodass die Entwicklung von Gemeinde und Kirche selbst eine Begegnung mit der frohen und befreienden Botschaft ermöglicht, der sich christliche Bibel und Kirche verdanken.
Dies geschieht, indem Vikarinnen und Vikare zeigen, dass sie:
  • ihre eigene Praxis kirchentheoretisch reflektieren können,
  • die Kirchengemeinde als Akteurin im jeweiligen Gemeinwesen/Sozialraum analysieren können und kirchengemeindliches Handeln vernetzt denken,
  • den gesellschaftlichen Kontext wahrnehmen und ihr professionelles Handeln darauf beziehen können,
  • in der Auseinandersetzung mit juristischen und theologischen Zugängen zum Recht der Kirche eine eigene Position vertreten können,
  • die rechtlichen Rahmenbedingungen kirchlichen Handelns berücksichtigen und deren Weiterentwicklung mit verantworten können,
  • Kirche in der Spannung von Organisation, Institution, Bewegung und Netzwerk analysieren und Entwicklungspotentiale aufzeigen können,
  • Ihre eigene Berufsrolle in der Spannung von Profession und Organisation wahrnehmen und gestalten können.
Gegenstände
Kirchentheorie und Kybernetik/Gemeindeleitung
  • Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Kirchenverständnissen
  • Kirchentheorie in der Spannung von Ekklesiologie, Kirchensoziologie und Praktischer Theologie
  • Auseinandersetzung mit dem Grundartikel und einem daran entwickelten kirchentheoretischen Modell.
  • Analyse von Kirche und Gemeinde als Organisation
  • Geschichte der EKHN und der jüngsten Debatten um die Entwicklung der Kirche
  • Kenntnis von aktuellen Modellen der Kirchen- und Gemeindeentwicklung
  • Wahrnehmung des gesellschaftlichen Kontextes und der Folgen für kirchliches Handeln
  • Kenntnis von aktuellen pastoraltheologischen Entwürfen und die Analyse der Rolle der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Spannung von Profession und Organisation
  • Analyse der Rolle der Pfarrerinnen und Pfarrer im Zusammenspiel mit dem Ehrenamt und anderen kirchlichen Berufen
  • „Geistliche Leitung“: Theologie und Leitung in Kirchenvorständen
  • Leitungsmodelle und -techniken kennen und anwenden
Kirchenrecht
  • Das Recht der EKHN im Zusammenhang
  • Grundartikel und Kirchenordnung
  • Lebensordnung- und Mitgliedschaftsrecht
  • Kirchengemeinderecht
  • Pfarrdienstrecht der EKD; Arbeits- und MitarbeiterInnen-Vertretungsrecht
  • Staatskirchenrecht
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5. Theologische Gegenwartsfragen

Ziele
Die Prüfung soll zeigen, dass die Vikarinnen und Vikare theologisch reflektiert und adressatenorientiert zur zeitgenössischen Gestaltung christlichen Handelns in Kirche und Gesellschaft beitragen können.
Dies geschieht, in dem die Vikarinnen und Vikare zeigen, dass sie:
  • gegenwärtige Fragen und Probleme wahrnehmen, die sich in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Religion stellen und indem sie im Blick auf alle Bereiche der Gesellschaft in christlicher Perspektive selbst Fragen stellen oder sich mit gesellschaftlich wirksamen Deutungsmustern auseinandersetzen,
  • ausgewählte Fragen der Zeit methodisch reflektiert darstellen sowie situations- und adressatenorientiert präsentieren können,
  • praxisorientiert theologisch reflektieren und dabei auch Rechenschaft über ihre christliche Hoffnung geben können.
Gegenstände
  • Wahrnehmung und exemplarische Bearbeitung gegenwärtiger Fragen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien, Kultur und Religion
  • Auseinandersetzung mit einem Konzept von „öffentlicher Theologie“
  • Einübung der Aufgabe der theologischen Interpretation durch Erarbeitung von Präsentationen im Blick auf unterschiedliche Situationen und Adressaten
  • Rechenschaft geben über die Hoffnung, die in uns ist
In allen Ausbildungs- und Prüfungsfächern sind als Themenschwerpunkte u.a. aufzunehmen:
  • interreligiöser/interkultureller einschließlich christlich-jüdischer Dialog
  • Fragestellungen der Geschlechterforschung und der Diversität/Heterogenität
  • Digitalität
  • Geistliche Haltung, Entwicklung eigener Spiritualität

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1 ↑ Nr. 460.