.

Grundsätze für die Vermögensanlage
und -verwaltung der EKHN

Vom 16. Februar 2017

(ABl. 2017 S. 59)

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat aufgrund von Artikel 46 der Kirchenordnung folgende Grundsätze beschlossen:
####

§ 1
Geltungsbereich, Zuständigkeit

( 1 ) Nachstehende Bestimmungen gelten für die Anlage und Verwaltung der Geldmittel und Finanzanlagen des gesamtkirchlichen Rücklagenvermögens, der Kirchbaurücklage sowie des Treuhandvermögens. Über die Grundsätze der Vermögensanlage und -verwaltung der Versorgungsstiftung und der Zentralen Pfarreivermögensverwaltung entscheiden die jeweils zuständigen Organe.
( 2 ) Zuständig für die Anlage und Verwaltung der vorgenannten Vermögensbereiche, einschließlich des Risikomanagements und des Risikocontrollings ist das Finanzdezernat der Kirchenverwaltung. Die Zuständigkeit umfasst insbesondere die Festlegung von Organisationseinheiten, Prozessabläufen und Entscheidungsbefugnissen im Zusammenhang mit der Anlagetätigkeit.
( 3 ) Die Bestimmungen werden auf operativer Ebene im Finanzdezernat ergänzt durch Leitlinien für das Risikomanagement und Risikocontrolling.
#

§ 2
Anlagegrundsätze

( 1 ) Das Vermögen ist wertbeständig, sicher, wirtschaftlich und ethisch-nachhaltig anzulegen. Bei jedem der Vermögensbereiche ist eine angemessene Rentabilität bei möglichst großer Sicherheit und ausreichender Liquidität unter Wahrung einer angemessenen Mischung und Streuung und unter Berücksichtigung des EKD-Leitfadens für ethisch-nachhaltige Geldanlagen anzustreben. Die Abwägung von Rendite und Risiko findet unter Berücksichtigung einer tolerierbaren Wertuntergrenze statt.
( 2 ) Die Vermögensanlage darf dem kirchlichen Auftrag nicht widersprechen und soll auch die Ziele des konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung fördern.
#

§ 3
Ethisch-nachhaltige Vermögensanlage

( 1 ) Zur Gewährleistung einer ethisch-nachhaltigen Vermögensanlage sind folgende Instrumente ganz oder teilweise zu verwenden:
  1. Festlegung von Ausschlusskriterien;
  2. Berücksichtigung von Positivkriterien;
  3. ethisch-nachhaltige Themen – und Direktinvestments;
  4. aktive Einflussnahme (Unternehmensdialog) und/oder die Ausübung der Stimmrechte;
  5. Mitgliedschaft in Organisationen und/oder Unterzeichnung von Initiativen, die den Zielen ethisch-nachhaltiger Geldanlagen entsprechen.
( 2 ) Über die Kriterien und Vorschläge des EKD-Leitfadens hinaus soll EKHN-Vermögen nicht für den Erwerb von Anteilen und Anleihen von Unternehmen oder Beteiligungsunternehmen verwendet werden, die nicht notwendige oder nicht vorgeschriebene Tierversuche durchführen.
( 3 ) Um dem Klimaschutz noch stärker auch in der Anlagepolitik Rechnung zu tragen, ist die CO-Intensität der Finanzanlagen zu reduzieren, verbunden mit der Zielsetzung, bis zum Jahr 2021 ganz auf den Bestand von Anleihen oder Anteilen von Unternehmen zu verzichten, deren Tätigkeits- und Umsatzschwerpunkt im Bereich fossiler Brennstoffe liegt.
#

§ 4
Mischung, Streuung, Fungibilität, Liquidität

( 1 ) Die Vermögensanlage soll eine angemessene Mischung der eingesetzten Anlageklassen, -arten und -stile aufweisen, so dass ein Risikoausgleich zwischen den anlagetypischen Risiken stattfinden kann, die der Sicherheit des gesamten Bestandes zuträglich ist.
( 2 ) Innerhalb der Anlageklassen ist eine angemessene Streuung (Diversifizierung) der eingesetzten Instrumente und Wertpapiere über Wirtschaftsräume, Länder, Märkte und Wirtschaftssektoren vorzunehmen. Die aus einzelnen Instrumenten resultierenden Einzelrisiken dürfen das Gesamtrisiko nicht dominieren.
( 3 ) Grundsätzlich ist das Vermögen in schnell liquidierbare, beziehungsweise in täglich gehandelten Wertpapieren anzulegen, um sowohl auf extreme Kapitalmarktbewegungen als auch auf entstehende Liquiditätsbedarfe reagieren zu können. Bei entsprechend erhöhter Renditeerwartung kann das Vermögen in angemessenem Umfang auch in weniger liquiden Instrumenten angelegt werden, wenn dies den regelmäßig zu erwartenden Finanzmittelbedarf nicht beeinträchtigt.
( 4 ) Der Anteil der ungesicherten Fremdwährungen ist in den Vermögens- und Risikoberichten für alle Anlageklassen auszuweisen. Bei Aktienanlagen kann auf eine Währungsabsicherung grundsätzlich verzichtet werden. Die Rentenanlage in ungesicherten Fremdwährungen kann in geringem Umfang erfolgen. Bei allen übrigen Vermögensanlagen darf in ungesicherte Fremdwährungen bis zu einem Umfang von maximal zehn Prozent investiert werden, wenn dies unter Rendite-Risiko-Gesichtspunkten zweckmäßig erscheint.
( 5 ) Ungeachtet einer angemessenen Mischung, Streuung und Marktfähigkeit bestehen keine grundsätzlichen Einschränkungen in den Anlagen bezüglich Anlagevolumina, Größe der emittierenden Unternehmen, Laufzeiten und spezifischen Anforderungen an den Unternehmenszweck oder -kultur jenseits der ethischen Nachhaltigkeitskriterien und Anforderungen an eine angemessene Sicherheit.
#

§ 5
Jahresplanung und laufende Überprüfung

( 1 ) Zu Beginn eines Kalenderjahres ist eine Jahresplanung zu erstellen, in der
a.
die angestrebten Renditeziele,
b.
die Liquiditäts- und Cashflow-Planung,
c.
die Investitionsplanung,
d.
das Risikobudget und etwaige Wertuntergrenzen
festzulegen sind (Jahresbericht über die Vermögensanlage und -verwaltung).
( 2 ) Mindestens vierteljährlich hat ein Abgleich zwischen der aktuellen Vermögensanlage je Vermögensbereich, den Sollvorgaben aus den ALM-Studien und den Zielvorgaben aus der Jahresplanung zu erfolgen (Quartalsbericht über die Vermögensanlage und -verwaltung). Bei Bedarf sind Korrekturmaßnahmen in der taktischen Steuerung vorzunehmen.
( 3 ) Sind Renditeziele unter Abwägung von Sicherheitsaspekten aufgrund einer veränderten Marktsituation nicht zu erzielen, sind diese anzupassen.
#

§ 6
Zusammensetzung der Vermögensanlagen

In regelmäßigen Abständen, mindestens alle drei bis fünf Jahre, ist eine Asset-Liability-Management- Studie („ALM-Studie“) für die einzelnen Vermögensbereiche anzufertigen. In diesen Studien sind strategische Allokationsbandbreiten für einzelne Anlageklassen (SAA, „Strategische Asset Allokation“) zu erarbeiten, die die Zusammensetzung der Vermögensanlage je Vermögensbereich im Wesentlichen bestimmen. Neben den strategischen Vorgaben zu Vermögensanlagen können die Vorgaben auch operative Allokationsbandbreiten umfassen, die im Rahmen zu erwartender Marktschwankungen vorübergehend erweiterte Bandbreiten der Anlageklassen erlauben.
#

§ 7
Anlageinstrumente

( 1 ) Das Vermögen ist bevorzugt in Wertpapier-Spezialfonds anzulegen (Regelfall). Der Einsatz verschiedener Anlageinstrumente innerhalb der Spezialfonds ist grundsätzlich nicht beschränkt, sondern in den Anlagerichtlinien des jeweiligen Mandats detailliert nach Einsatzzweck zu regeln.
( 2 ) Im Einzelfall kann eine Vermögensanlage auch in Wertpapier-Publikumsfonds und ETFs erfolgen, insbesondere wenn eine Investition in ein entsprechendes Spezialfondsmandat nicht möglich oder aus anderen Gründen (z. B. geringes Investitionsvolumen, kurzer Investitionshorizont, zu hohe Managementkosten etc.) nicht geboten ist. Möglicherweise auftretende Divergenzen mit den Instrumenten ethisch-nachhaltiger Vermögensanlage sind bei der Anlageentscheidung in besonderer Weise zu berücksichtigen.
( 3 ) Direktinvestitionen und Eigenanlagen sollen nur im Ausnahmefall erfolgen. Dies kann beispielsweise bei strategischen Beteiligungen (z. B. an genossenschaftlichen Unternehmen), bei der Förderung ethisch-nachhaltiger Anlagen (z. B. Mikrofinanz) oder bei Immobilien/Infrastruktur etc. der Fall sein. Voraussetzung hierfür ist, dass der damit verbundene Arbeits-, Prüfungs- und Controllingaufwand in einem angemessenen Verhältnis steht.
( 4 ) Kassenbestände im Rahmen des Liquiditätsmanagements der Gesamtkirchenkasse sind bei Instituten anzulegen, die über eine ausreichende Einlagensicherung verfügen. Große Kassenbestände sind über mehrere Institute zu streuen.
#

§ 8
Umsetzung der Grundsätze für die Vermögensanlage und -verwaltung

( 1 ) Die Grundsätze für die Vermögensanlage und -ver waltung sind im erforderlichen Umfang zum Gegenstand der vertraglichen Beziehungen mit den Fondsgesellschaften zu machen und einer regelmäßigen Kontrolle auf Grenzverletzungen zu unterziehen.
( 2 ) Bei Direktinvestitionen, Eigenanlagen und der Anlage des Kassenbestandes sind die Bestimmungen unmittelbar anzuwenden.
#

§ 9
Auswahlverfahren

( 1 ) Vor der Investition in Wertpapier-Spezial- oder Publikumsfonds hat ein geregeltes Auswahlverfahren stattzufinden. Dies ist zu dokumentieren. Zur Beurteilung eines Fonds bzw. eines Managers sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:
  • Marktstellung der Gesellschaft
  • Ressourcen für das Mandat/Größe des Teams
  • Transparenz und Verständnis Investmentprozess
  • Umsetzung der Instrumente ethisch-nachhaltiger Vermögensanlage
  • Historie („Track Record“) in der gesuchten Strategie
  • Deutschsprachige Kundenbetreuung
( 2 ) Abweichend von Absatz 1 ist ein vereinfachtes Auswahlverfahren möglich, wenn eine der folgenden Bedingungen zutrifft:
  1. Das Investitionsvolumen liegt unter 15 Mio. Euro.
  2. Die geplante Investition ist derart spezifisch, dass keine vergleichbaren Angebote zu erwarten sind.
  3. Innerhalb des letzten Jahres wurde ein Auswahlverfahren durchgeführt und von einem erneuten Auswahlverfahren sind keine wesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten.
  4. Eine andere kirchliche Körperschaft oder Einrichtung, mit der vertrauensvolle Arbeitsbeziehungen bestehen, ist bereits bei dem Fonds bzw. Manager in der gesuchten Strategie investiert und hat positive Erfahrungen gemacht.
#

§ 10
Risikomanagement

( 1 ) Für alle wesentlichen Risiken der Vermögensanlage und -verwaltung ist deren Handhabung festzulegen. Hierbei ist für alle Risiken zu unterscheiden, ob diese Risiken vermieden, vermindert, überwälzt oder akzeptiert und gesteuert werden sollen. Das Risikomanagement muss in der Lage sein, die mit der Anlagetätigkeit in Zusammenhang stehenden Risiken zu erkennen, zu bewerten, zu steuern und darüber zu berichten. Die entsprechende Leitlinie ist zu beachten.
( 2 ) Durch ein internes Kontrollverfahren ist regelmäßig zu überwachen, dass das Vermögen gemäß der in diesen Grundsätzen geregelten Bestimmungen angelegt und verwaltet wird. Die Ergebnisse der Überwachung sind in einer nachvollziehbaren und für sachverständige Dritte überprüfbaren Art und Weise zu dokumentieren.
( 3 ) Quartalsweise ist ein Risikobericht zu erstellen, der unter Zuhilfenahme geeigneter Messmethoden (Kennziffern) die einzelnen Risiken und ihre möglichen Auswirkungen auf den Anlageerfolg darstellt. Ferner ist über etwaig ergriffene Maßnahmen und deren Wirksamkeit zu berichten. Als Risiken sind insbesondere die Marktpreis-, Kredit-, Währungs- und Konzentrationsrisiken zu bewerten. Die Berichterstattung soll in übersichtlicher, strukturierter sowie standardisierter Form erfolgen.
( 4 ) Darüber hinaus ist jährlich eine Risikoinventur durchzuführen, in der die bestehenden und als wesentlich klassifizierten Risiken für die Vermögensanlage und -verwaltung erfasst bzw. aktualisiert werden. Im Rahmen der Risikoinventur sind auch Grenzverletzungen und die dazu getroffenen Maßnahmen zu dokumentieren.
( 5 ) Wenn keine Kennzahlen zur Bewertung eines Risikos vorliegen, so ist eine plausible Abschätzung des Risikos vorzunehmen.
#

§ 11
Risikocontrolling

( 1 ) Das Risikomanagement ist durch ein operativ zu trennendes Risikocontrolling zu unterstützen. Die entsprechende Leitlinie ist zu beachten.
( 2 ) Das Risikocontrolling hat insbesondere folgende Aufgaben:
  1. Beurteilung und Überwachung der Risikokennzahlen,
  2. Überwachung der Einhaltung von Kontrollen der vereinbarten Kennziffern und Limits sowie der beschlossenen Risikobudgets,
  3. Beurteilung geplanter Strategien des Vermögens- und Risikomanagements unter Risikoaspekten,
  4. Validierung des Risikoberichts unter formalen, methodischen und inhaltlichen Gesichtspunkten,
  5. Anregungen zur Verbesserung des Risikomanagements.
( 3 ) Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind dem Risikocontrolling alle relevanten Informationen zugänglich zu machen.
( 4 ) Die Risikoberichte sowie die jährlich zu erstellende Risikoinventur des Risikomanagements sind durch einen Kommentar des Risikocontrollings zu vervollständigen.
( 5 ) Die Kirchenleitung ist mindestens einmal im Jahr über die wesentlichen Aspekte des Risikomanagements und Risikocontrollings zu informieren.
#

§ 12
Geltungsbeginn

Diese Grundsätze ersetzen mit Beschlussfassung die Grundsätze für die Vermögensanlage der EKHN vom 19. April 2012.