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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:26.04.1996
Aktenzeichen:KVVG II 17/95
Rechtsgrundlage:§§ 30,38a,39,42 PfG; § 2 PfStG; §§ 1,4 der VO zu § 9 Übernahme-VO; §§ 3,6,36,38 KVVG; § 154 VwGO
Vorinstanzen:
Schlagworte:Gedeihliche Amtsführung, Sonderstellen, Ungedeihlichkeit, Versetzung, Wartestand
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Leitsatz:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
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Tatbestand:

Die am 6. September 1950 geborene Klägerin wurde am 01.05.1981 zur Pfarrerin der EKHN auf Lebenszeit ernannt. Sie behielt den ihr am 01.09.1982 erteilten Dienstauftrag zur Verwaltung der Pfarrstelle II der A-Gemeinde in C-Stadt, Dekanat A. Ab 01.05.1983 wurde sie dem Dekan des Dekanats A. zu Vertretungsdiensten beigegeben, ab 01.06.1983 mit der Verwaltung der Pfarrvikarstelle der B-Gemeinde D-Stadt, Dekanat B. beauftragt. Dieser Dienstauftrag endete am 31.01.1986. Mit Wirkung zum 16.03.1986 wurde der Klägerin sodann die Verwaltung der Pfarrstelle II der C-Gemeinde E-Stadt, Dekanat C. übertragen, dieser Auftrag wurde zunächst bis zum 15.03.1990, sodann bis zum 15.03.1991 verlängert. Einer weiteren Verlängerung des Verwaltungsauftrags stimmt der Kirchenvorstand mit Beschluss vom 31.10.1990 nicht zu, da auch in Zukunft keine gedeihliche Amtsführung zu erwarten sei.
Zum 16.03.1991 wurde die Klägerin mit Bezügen vom Dienst freigestellt. Durch Beschluss der Kirchenleitung vom 04.06.1991 wurde die Klägerin zum 01.07.1991 unter Bezugnahme auf §§ 38a, 39 Pfarrergesetz in der Fassung vom 01.11.1976 in den Wartestand versetzt. Gleichzeitig erhielt die Klägerin ab 01.07.1991 einen Dienstleistungsauftrag für die Altenseelsorge in fünf Altersheimen des Dekanats D. Sie wurde insoweit dem Dekan des Dekanats C. beigegeben. Mit Schreiben vom 04.05.1992 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie bis auf weiteres nicht mit der Altenseelsorge im Haus A., F-Stadt, beauftragt sei, im übrigen der Dienstauftrag zur Altenseelsorge jedoch bestehen bleibe. Dieser wurde durch Beschluss der Kirchenleitung vom 01.03.1994 bis zum 31.12.1994 einschließlich verlängert. Am 24.11.1994 stellte das Leitende Geistliche Amt fest, dass eine weitere Beschäftigung im Bereich der Sonderseelsorge nicht möglich erscheine. In ihrer Sitzung am 13.12.1994 stellte die Kirchenleitung fest, dass der Dienstauftrag zur Altenheimseelsorge in G-Stadt und F-Stadt mit Ablauf des 31.12.1994 ende und an eine Verlängerung dieses Auftrags oder eine geänderte Auftragserteilung nicht gedacht werde.
Diesen Bescheid hat das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN durch Urteil vom 30.05.1995 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Begehren der Klägerin auf Verlängerung ihres Dienstauftrages neu zu bescheiden. Das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht hat die weitergehende Klage, den Dienstauftrag über den 31.12.1994 hinaus bis zum 31.12.1995 zu verlängern, abgewiesen. Auf den Hilfsantrag, die Beklagte anzuweisen, der Klägerin eine dem Grad ihrer Behinderung gerecht werdende Planstelle als Pfarrerin zuzuweisen, ist das Gericht nicht eingegangen, da der Hauptantrag im wesentlichen Erfolg hatte.
Mit Bescheid vom 12.10.1995 teilte die Kirchenverwaltung der Klägerin den Beschluss der Kirchenleitung vom 10.10.1995 mit, wonach die Erteilung eines neuen Dienstauftrags für die Klägerin abgelehnt wurde. In der Begründung führte die Kirchenverwaltung aus, eine Verlängerung des bis zum 31.12.1994 befristeten Dienstauftrags sei aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich, so dass die Kirchenleitung nur über die erneute Erteilung eines Dienstauftrages habe befinden können. Es stehe im Ermessen der Kirchenleitung, ob sie gemäß § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz während eines Wartestandes einen Dienstauftrag erteile. Die Kirchenleitung habe sich mit Beschluss vom 28.02.1995 im Rahmen der Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung dafür ausgesprochen, dass Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand in den Ruhestand zu versetzen seien, wenn zwei Jahre nach Beginn des Wartestandes nicht eine Wiederverwendung im Pfarrdienst möglich sei.
Im Sinne dieses Grundsatzbeschlusses könne eine Erteilung von zusätzlich besoldeten Dienstaufträgen während eines Wartestandes nur noch in Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn dafür dringende dienstliche Gründe vorlägen und eine endgültige Wiederverwendung im Pfarrdienst möglich erscheine. Solche dringenden dienstlichen Gründe für die Erteilung eines neuen Dienstauftrages an die Klägerin lägen nicht vor. Es sei auch im Hinblick auf die gesundheitliche Behinderung der Klägerin und die ungünstige Personal- und Stellenlage im Bereich des Pfarrdienstes nicht zu erwarten, dass die Klägerin nach Ablauf von zwei Jahren wieder im Pfarrdienst verwendet werden könne.
Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 19.06.1995 für die Sonderstelle “Projektauftrag Familienberatung und Frauenhilfe“, die im Amtsblatt 1995 S. 120 ausgeschrieben wurde. Das Leitende Geistliche Amt erklärte die Bewerbung am 22.06.1995 für nicht zulässig. Dies teilte die Kirchenverwaltung der Klägerin mit Bescheid vom 07.07.1995 unter Hinweis auf § 42 Abs. 1 Pfarrergesetz ohne weitere Begründung mit. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin vom 26.07.1995 wies die Kirchenleitung durch Beschluss vom 22.08.1995 zurück. Die Kirchenverwaltung teilte dies der Klägerin mit Bescheid vom 24.08.1995 mit, der der Klägerin am 29.08.1995 förmlich zugestellt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bewerbung um die Sonderstelle sei keine förmliche Bewerbung um eine Pfarrstelle, die bei Bewerbungen während des Wartestandes nach § 42 Abs. 1 Pfarrergesetz der Zustimmung der Kirchenverwaltung bedürfe. Nach § 1 Abs. 1 der Verwaltungsverordnung zur Errichtung und Besetzung von Sonderstellen nach § 9 Übernahmeverordnung vom 20.09.1994 (ABl. 1994 S. 269) seien Sonderstellen bewegliche Pfarrvikarstellen im Sinne von § 2 Abs. 6 Pfarrstellengesetz und könnten, wie alle Pfarrvikarstellen, nicht förmlich besetzt, sondern nur verwaltet werden.
Nach § 4 Abs. 2 der Verordnung würden sie im Wege eines befristeten Verwaltungsauftrags besetzt. Die Bewerbung um eine Sonderstelle sei rechtlich somit nur als Antrag auf Erteilung eines Dienstauftrages zur Verwaltung der Stelle anzusehen. Auf Erteilung eines neuen Dienstauftrages habe die Klägerin aber keinen Rechtsanspruch. Zudem sei das Ermessen zur Erteilung eines Verwaltungsauftrags für eine Sonderstelle dadurch beschränkt, dass diese Stellen vorrangig mit neu einzustellenden Pfarrvikarinnen und Pfarrvikaren zu besetzen seien, sofern die Aufgabenstellung nicht eine mehrjährige Erfahrung im pfarramtlichen Dienst oder besondere Praxiserfahrung voraussetze. Sie seien schon aus diesem Grund nicht für Dienstaufträge während eines Wartestands bestimmt. Davon abgesehen könnten Dienstaufträge mit vollen Bezügen während eines Wartestands im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage und die allgemeine Personalentwicklung nur noch in Ausnahmefällen erteilt werden, wenn dafür ein dringender dienstliches Interesse und begründete Aussicht auf eine dauerhafte Wiederverwendung im aktiven Dienst bestehe. Ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor.
Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten, am 25.09.1995 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zuweisung der Sonderstelle. Sie ist der Meinung, die Beklagte habe es von vornherein aus sachfremden Erwägungen abgelehnt, die Klägerin in den möglichen Kreis der ernsthaften Bewerber um die Stelle aufzunehmen und weist darauf hin, dass die angespannte Haushaltslage eher bei Neueinstellungen zusätzliche Haushaltsmittel erfordere, nicht aber bei Einstellung der Klägerin. Die Beklagte versuche, die Klägerin von ihrem Dienst als Pfarrerin abzuhalten, obwohl sie in der Vergangenheit weder in nachhaltiger Weise gegen dienstliche Obliegenheiten verstoßen, noch das Ansehen der Beklagten beschädigt habe. Letztendlich sei bei der Klägerin im Hinblick auf ihre Behinderung ein auch durch die Maßnahmen der Haushaltskonsolidierung abgedeckter Sonderfall gegeben. Letztendlich bestehe für die Klägerin auch die Möglichkeit, eine Stelle im Berufsschulbereich anzutreten, sofern die Beklagte die insoweit gebotenen formellen Voraussetzungen schaffe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte wird angewiesen, der Klägerin die Sonderstelle “Projektauftrag Familienbildung und Frauenhilfe“ zuzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die Begründung des Bescheides vom 24.08.1995 sowie auf das Urteil der Kammer vom 30.05.1995, wonach die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf einen neuen Dienstauftrag habe und deshalb auch nicht verlangen könne, dass sie mit der Verwaltung einer Sonderstelle beauftragt werde.
Im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt, auf den Inhalt der beigezogenen Akten II 2/1995 sowie auf die die Klägerin betreffenden Personalakten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Sie richtet sich gegen eine Entscheidung der Kirchenleitung aufgrund des Pfarrergesetzes, die das rechtliche Interesse der Klägerin als Pfarrerin im Wartestand berührt, wobei die Klägerin die Zuweisung der Sonderstelle Projektauftrag Familienbildung und Frauenhilfe begehrt (§ 30 Pfarrergesetz in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1 und 2, 6 Nr. 3 KVVG).
Die auch im übrigen form- und fristgemäß eingereichte Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kirchenleitung hat die Bewerbung der Klägerin um die Sonderstelle Projektauftrag Familienbildung und Frauenhilfe im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuweisung dieser Sonderstelle. Wie die Kirchenverwaltung durch Bescheid vom 24.08.1995 zutreffend ausgeführt hat, ist die von der Klägerin begehrte Stelle eine bewegliche Pfarrvikarstelle im Sinne von § 2 Abs. 6 Pfarrstellengesetz. Sie wird als solche nicht förmlich besetzt sondern nur verwaltet (§ 7 Abs. 2 Pfarrstellengesetz). Sonderstellen werden jeweils zur einmaligen Besetzung für die Dauer von bis zu vier Jahren freigegeben (§ 1 Abs. 4 der Verwaltungsverordnung zur Errichtung und Begrenzung von Sonderstellen nach § 9 Übernahmeverordnung vom 20.09.1994, Amtsblatt der EKHN 1994 Nr. 11, S. 269 ff). Nach § 4 der Verwaltungsverordnung sind Sonderstellen vorrangig mit neu einzustellenden Pfarrvikarinnen und Pfarrvikaren zu besetzen, sofern die Aufgabenstellung nicht eine mehrjährige Erfahrung im pfarramtlichen Dienst voraussetzt oder besondere Praxiserfahrungen erforderlich macht. Bei Besetzung der Sonderstelle ist das Ermessen der Kirchenleitung daher in erheblichem Maße eingeschränkt. Insoweit hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht dem vorrangig heranzuziehenden Personenkreis angehört. Sie ist Pfarrerin im Wartestand und nicht Pfarrvikarin. Die Stelle setzt auch keine mehrjährige Erfahrung im pfarramtlichen Dienst oder besondere Praxiserfahrungen voraus. Auf die Frage, wie weit die ungünstige Personal- und Stellenlage im Bereich des Pfarrdienstes oder die gesundheitliche Behinderung der Klägerin der Besetzung der Sonderstelle entgegenstehen könnten, kommt es danach nicht an. Entscheidend ist, dass sie nicht zu dem Personenkreis gehört, der durch die Verwaltungsverordnung zur Errichtung und Besetzung von Sonderstellen nach § 9 Übernahmeverordnung privilegiert sein sollte.
Die Klage war daher abzuweisen. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Im übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 38 KVVG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.