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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:27.06.1986
Aktenzeichen:KVVG II 4/86
Rechtsgrundlage:Art. 1,2,4 KO; §§ 1,5,10,13,14,21 VerbG; § 23 KGWO; §§ 3,6 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:Berufung, Rechtliche Interessen, Verbandsvertretung
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Leitsatz:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger.
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Tatbestand:

Der Kläger ist Mitglied der Verbandsvertretung der Evangelischen Gesamtgemeinde A. Deren Verbandssatzung vom 4. Januar 1956 in der Fassung vom 6. Mai 1982 enthält in § 6 Abs. 1 folgende Vorschrift:
"Die Verbandsvertretung besteht aus:
1. den Inhabern und Verwaltern von Pfarrstellen und den Verwaltern von Pfarrvikarstellen,
2. den gewählten Kirchenvorstehern der Verbandsgemeinden,
3. bis zu vier von der Verbandsvertretung berufenen Gemeindegliedern."
Die Verbandsvertretung nahm in ihrer konstituierenden Sitzung am 14. November 1985 nach der Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden unter Tagesordnungspunkt 2) vier Berufungen - und zwar die der Beigeladenen - vor. Danach wurde der Gesamtkirchenvorstand gewählt. Zu TOP 2) lautete die Tagesordnung:
"Wahl der Berufungen
a) Juristischer Berater,
b) Dekanatsjugend,
c) Kirchenmusik,
d) CVJM-Sportbewegungen".
Gegen diese Berufungen legte der Kläger mit Schreiben vom 18. November 1985 Einspruch an den Dekanatssynodalvorstand des Evangelischen Dekanats A mit der Begründung ein, die Berufungen verstießen gegen § 23 Abs. 3 Kirchengemeindewahlordnung (KGWO) in Verbindung mit § 5 Verbandsgesetz (VG). Danach seien sie frühestens sechs Monate nach Einführung der Kirchenvorstände zulässig.
Der Dekanatssynodalvorstand A wies den Einspruch mit eingehend begründetem Bescheid vom 28. November 1985 zurück.
Dagegen erhob der Kläger Beschwerde an die Kirchenleitung.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 1985, dem Kläger zugegangen am 30. Dezember 1985, wies die Kirchenverwaltung in Vollmacht der Kirchenleitung die Beschwerde des Klägers zurück.
Mit Schreiben vom 24. Januar 1986, beim Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingegangen am 29. Januar 1986, erhob der Kläger Klage gegen die Gesamtgemeinde A und die Kirchenleitung.
Darin führt er aus:
Die Berufungen durch die Verbandsvertretung der Evangelischen Gesamtgemeinde A sowie die Begründungen in den Bescheiden gegen seinen Einspruch und seine Beschwerde legten den § 5 des VG unrichtig aus und wendeten damit das kirchliche Recht falsch an. Weder das Verbandsgesetz noch die Satzung der beklagten Gesamtgemeinde regelten den Zeitpunkt der Berufungen ausdrücklich. Streitig sei die Würdigung der Verweisungsnorm (§ 5 VG). Das ganze Verbandsgesetz gliedere die kirchlichen Vereinigungen in den Rahmen der kirchlichen Verfassungsordnung ein. Dies sei bei der "sinngemäßen" Auslegung der Verweisungsnorm zu beachten. Die Ordnung der EKHN gebe der Kirchengemeinde ein besonderes Gewicht, indem sie die Gesamtkirche auf den Gemeinden aufbaue. In den Abschnitt I "Die Kirchengemeinde" füge sie unter Art. 4 die Möglichkeit zur Verbindung von Kirchengemeinden zu Gesamtgemeinden oder Gemeindeverbänden zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben ein. Davon sei die Aufgabenzuordnung unter Abschnitt II ("Das Dekanat") deutlich ge- und unterschieden, obwohl auch hier die Erfüllung gemeinsamer Aufgaben der Kirchengemeinden den Zweck dieser Körperschaft darstelle. Schon aus diesem Vergleich gehe hervor, dass die funktionale Beobachtung der verschiedenen Körperschaften für die hier zu entscheidende Frage nichts hergebe. Wohl aber sei § 5 VG im System der Kirchenordnung auszulegen.
Die Überlegungen, die hinter der Möglichkeit zu Berufungen in die Kirchenvorstände stünden, zeigten, dass es sich hierbei nicht um eine Ausnahmeregelung handele, wie die Kirchenverwaltung meine. Vielmehr sei damit ein wichtiges Instrument geschaffen, die in Art. 1 und 2 der Kirchenordnung niedergelegte Aufgabe und das Wesen der Kirchengemeinde auch in ihrem Vertretungsorgan zu bewältigen. § 23 KGWO sei damit die Konsequenz aus dem Abschnitt I der Kirchenordnung. Die Ermächtigung zur Bildung von Gesamtgemeinden werde in Art. 4 in eben diesem Abschnitt gegeben. Folglich müsse auch die Berufungsmöglichkeit an der Regelung gemessen werden, die Ausfluss der Art. 1 und 2 desselben Abschnittes sei, nämlich § 23 KGWO.
Die Bedeutung, die auf Grund des Auftrags der KO, dem Evangelium in allen Lebenskreisen der Gemeinde Gehör und Gehorsam zu verschaffen und einen Weg zu bahnen, der Zusammensetzung des Kirchenvorstandes zuzumessen sei, derzufolge das Wahlergebnis durch die Berufungen modifiziert werden könne, verbiete es, bei Berufungen von Geschäftsordnungsrecht zu sprechen. Wenn zudem nach § 10 Abs. 2 lit. d und § 13 Abs. 2 VG Amtszeit und Mitgliederzahl der Verbandsvertretungen schon durch Satzung bestimmt werden müssten, könne nicht die materielle Frage, wer Verbandsvertretungsmitglied sein solle, Geschäftsordnungsrecht sein. Vielmehr werde hier die gesetzesmäßige Regelung vorausgesetzt, wie sie auch die Verweisungsnorm des § 5 VG darstelle. Auch die Dekanatssynodalordnung unterscheide unter "II. Die Dekanatssynode" in "I. Zusammensetzung ..." und “II. Geschäftsordnung".
Eine Geschäftsordnung der Verbandsvertretung der beklagten Gesamtgemeinde liege zudem - entgegen der Auffassung der Kirchenverwaltung - nicht vor. Die "geschäftsordnungsmäßige Absprache" könne die klare Regelung des § 5 VG i.V. mit § 23 KGWO gewiss nicht außer Kraft setzen. Insbesondere könne nicht der Verweis der Kirchenverwaltung auf § 21 VG, der die Vorschriften der Dekanatssynodalordnung für die Beschlussfassung gemeinsamer Tagungen von Arbeitsgemeinschaften für anwendbar erkläre, materielles Wahlrecht beeinflussen; § 21 berühre in der Tat nur den geschäftsordnungsmäßigen Bereich.
Jedenfalls wären sowohl nach DSWO als auch nach KGWO nicht Funktionen, wie in der Tagesordnung festgelegt, sondern Personen zu wählen gewesen. Doch zeige diese Formulierung der Tagesordnung die Tendenz der Verselbständigung der Gesamtgemeinden zu (kirchenordnungsmäßig in der EKHN nicht vorgesehenen) Mittelinstanzen der Verwaltung oberhalb oder unabhängig von der Gemeindeebene. Auf diese, wie er meint gefährliche, Entwicklung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich hingewiesen und darauf besonderen Wert gelegt.
Möglicherweise sei aber auch § 13 Abs. 1 VG überhaupt so auszulegen, dass darin eine abschließende Regelung hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Verbandsvertretung zu sehen sei, so dass sich keine Lücke auftue, die zur Verweisung Raum lasse. Dann wären Verbandsvertretungsmitglieder ausschließlich die von den Verbandsgemeinden Entsandten, Berufungen nicht möglich und § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung der beklagten Gesamtgemeinde hinfällig.
Die Meinung der beklagten Gesamtgemeinde, des Dekanatssynodalvorstandes und der Kirchenverwaltung sei auch kaum praktikabel. Sie hätte jedenfalls große Unsicherheiten zur Folge und würdige kirchenordnungsmäßige, systematische und praktische Anforderungen nicht.
Der Kläger beantragt, zu erkennen:
Die Berufungen in die Verbandsvertretung der Ev. Gesamtgemeinde A in der Sitzung vom 14. November 1985 sind ungültig.
Der Einspruchsbescheid des Dekanatssynodalvorstandes A vom 28. November 1985 und der Beschwerdeentscheid der Kirchenverwaltung der EKHN vom 18. Dezember 1985 werden aufgehoben.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Kirchenverwaltung hält sie für unbegründet. Der Kläger wende sich gegen die durch die Verbandsvertretung der Ev. Gesamtgemeinde A in ihrer konstituierenden Sitzung vom 14. November 1985 ausgesprochenen Berufungen von vier Gemeindemitgliedern in die Verbandsvertretung. Der Dekanatssynodalvorstand sowie die Kirchenverwaltung hätten diese Berufungen unter Hinweis auf die das Berufungsrecht konkret und unbefristet regelnde Satzungsbestimmung des § 6 der Verbandssatzung der Ev. Gesamtgemeinde A als rechtlich zulässig bestätigt. Die hiergegen vom Kläger vorgetragenen Einwendungen könnten zu keinem anderen Ergebnis führen. Zwar gebe die Ordnung der EKHN den Kirchengemeinden ein besonderes Gewicht.
Daraus könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass durch die Ermächtigung zur Bildung von Gesamtgemeinden durch Art. 4 der KO lediglich und als Folge hiervon für das Recht der Berufungen und das Verfahren dabei nur der rechtliche Rahmen der Regelungen des § 23 KGWO über § 5 des Verbandsgesetzes eröffnet werde.
Das Verbandsgesetz setze als Rahmen für das Recht von Verbänden fest
1. das positive Recht des Verbandsgesetzes selbst (vgl. § 1 I VG),
2. das vom Verband gesetzte Satzungs- und Geschäftsordnungsrecht (vgl. §§ 10, 14 VG) sowie - falls diese beiden Rechtsbereiche keine Bestim-mungen träfen –
3. die gesetzlichen Regelungen des, hier, Kirchenvorstandsrechts, soweit die Verbandsverhältnisse eine sinngemäße Anwendung zuließen (vgl. § 5 VG).
Ein Verband sei somit für seine Rechtsgestaltung nicht von vornherein auf die gesetzlichen Bestimmungen des Kirchenvorstandsrechts fixiert und beschränkt, sondern durch das Verbandsgesetz ermächtigt und zudem verpflichtet (vgl. § 10 Abs. 2 VG), durch eigenes Recht (im Rahmen des Rechts des Verbandsgesetzes) seine Verhältnisse zu gestalten. Die Regelung von Berufungen in die Verbandsvertretung gehöre zu den obligatorischen Satzungsregelungen, da durch sie "die Verfassung des Verbandes / seiner Verbandsorgane, insbesondere die Sitz- und Stimmverteilung in den Verbandsorganen und die Amtszeit ihrer Mitglieder" (vgl. § 10 Abs. 2 d VG) konkretisiert werde.
Die Kirchenverwaltung habe im übrigen die Rechtsqualität des Berufungsrechts als materielles Satzungsrecht nicht geleugnet, wie vom Kläger behauptet, und nur das Verfahren, wann Berufungen ausgesprochen werden könnten, dem Geschäftsordnungsrecht zugeordnet. Die Gesamtgemeinde A habe von dem Recht zur satzungsrechtlichen Gestaltung ihrer Verhältnisse im Bezug auf Berufungen Gebrauch gemacht und ergänzend zur Regelung des § 13 Abs. 1 VG über die Zusammensetzung ihrer Verbandsvertretung bestimmt, dass diese bis zu vier Gemeindeglieder berufen könne.
Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen des Klägers, dass § 13 Abs. 1 VG "möglicherweise exklusiv auszulegen" sei und damit keine Ergänzung zulasse, könne dem Verbandsrecht nicht entnommen werden. Vielmehr habe der Gesetzgeber des Verbandsgesetzes den Verbänden einen weiten Rahmen für die rechtliche Gestaltung ihrer Verbandsverhältnisse eingeräumt, so dass die Übernahme dieses ansonsten den übrigen kirchlichen Organen zugestandenen Rechts (vgl. für die Dekanatssynode § 3 Abs. 1 DSWO; für die Kirchensynode Art. 35 Abs. 1 b KO) über § 5 VG in sinngemäßer Anwendung von § 23 Abs. 1 KGWO rechtlich zulässig sei.
Hätte für die Zusammensetzung der Verbandsvertretung eine andere, das Berufungsrecht ausschließende Regelung getroffen werden sollen, so wäre dies entweder bei der Einbringung und Verabschiedung des Gesetzes in der Synode zum Ausdruck gebracht oder in der gesetzlichen Regelung selbst durch einen entsprechenden Wortlaut, etwa durch das Wort "nur" festgelegt worden. Beides sei aber nicht geschehen, wie dies eine Überprüfung des Wortlauts der betreffenden Bestimmungen des § 10 Abs. 2 d und § 13 Abs. 1 und 2 VG ergebe.
Die Kirchenleitung/Kirchenverwaltung sowie der Rechtsausschuss/Kirchensynodalvorstand der Synode hätten daher im Rahmen des Genehmigungs- und Anerkennungsverfahrens von Verbandssatzungen ein satzungsrechtlich statuiertes Berufungsrecht als zulässige Ergänzung zu § 13 Abs. 1 VG akzeptiert und die Genehmigung und Anerkennung dieser betreffenden Verbandssatzungen ausgesprochen (dies betreffe die Satzungen / Gesetz des Regionalverbandes B, der Gesamtgemeinde C, D, A, des Verbandes E und des Gemeinde- und Dekanatsverbandes F).
Demgegenüber sei für das Verfahren von Berufungen in der Verbandsvertretung der Gesamtgemeinde A eine sinngemäße Anwendung von § 23 Abs. 3 KGWO über § 5 VG ausgeschlossen. Da die Gesamtgemeinde das Berufungsrecht in ihre Satzung aufgenommen habe, und zwar unbefristet, habe sie den Sachverhalt der Berufungen durch eine eigene satzungsrechtliche Bestimmung geregelt, so dass insoweit kein Raum für eine weitere rechtliche Regelung des Berufungsrechts über § 5 VG bleibe.
Dass die Evangelische Gesamtgemeinde A ein unbefristetes Berufungsrecht regeln wollte, habe der Verband auf Rückfrage noch einmal bestätigt. Er wollte hinsichtlich der Zusammensetzung der Verbandsvertretung frei bleiben und nach eigenem Ermessen bestimmen, wann Defizite festzustellen und auszugleichen seien. Ebenso sei dies der Wille der übrigen Verbände gewesen, die auf eine ausdrückliche Übernahme von § 23 Abs. 3 KGWO in ihre Satzungsregelung über das Berufungsrecht verzichtet hätten.
Aber auch dann, wenn bei uneingeschränktem Berufungsrecht ein dahingehender Wille des Satzungsgebers nicht feststellbar wäre, käme für Berufungen in eine Verbandsvertretung eine sinngemäße Anwendung von § 23 Abs. 3 KGWO über § 5 VG nicht in Betracht. Wie der Dekanatssynodalvorstand und die Kirchenverwaltung in ihren Entscheidungen dargelegt hätten, sei die Sach- und Interessenlage für das Verfahren von Berufungen in einen Kirchenvorstand nicht vergleichbar mit dem Berufungsverfahren in eine Verbandsvertretung. Entgegen der Behauptung des Klägers müsse an der Feststellung der Kirchenverwaltung festgehalten werden, dass der Gesetzgeber des Kirchenvorstandsrechts für die Zusammensetzung und Bildung des Kirchenvorstandes dem Gemeindewählerwillen den Vorrang vor dem Recht des Kirchenvorstandes, etwaige Defizite durch Nachberufungen auszugleichen, eingeräumt habe. Der Kirchenvorstand als einziges und umfassendes gesetzliches Vertretungsorgan der Gemeinde erhalte seine Legitimation durch Direktwahlen der Gemeindeglieder. Dieser Gemeindewählerwille solle nicht verfälscht werden und dürfe nur, bei Feststellen von Defiziten, nach einer gemeinsam erlebten und verantworteten Erfahrungszeit gegebenenfalls abgeändert werden. Demgegenüber gingen die Mitglieder der Verbandsvertretung nicht aus Direktwahlen der Gemeindeglieder des Verbandes hervor, sondern aus Wahlen der Vertretungsorgane der dem Verband angehörenden Verbandsgemeinden. Auf Grund der dargelegten Unterschiede verbiete sich eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung des § 23 KGWO auf das Berufungsverfahren von Mitgliedern in die Verbandsvertretung.
Die Beklagte zu 1), die Evangelische Gesamtgemeinde A, hat sich den Darlegungen der Kirchenverwaltung angeschlossen sowie außerdem auf die Entscheidung des Dekanatssynodalvorstandes vom 28. November 1985 Bezug genommen.
Im übrigen wird auf den vorgetragenen und in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der Akten verwiesen.
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Entscheidungsgründe:

Die Klage kann keinen Erfolg haben.
I. Sie ist unzulässig.
Es handelt sich um eine Anfechtungsklage nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht (KVVG), nämlich um einen Antrag auf Aufhebung eines kirchlichen Verwaltungsaktes, hier des Beschlusses der Verbandsvertretung der Evangelischen Gesamtgemeinde A vom 14. November 1985. Die Verbandsvertretung ist ein kirchliches Leitungsorgan (§ 14 Abs. 1 Satz 1 VG), und die von ihr beschlossene Berufung ein Verwaltungsakt im Sinne des § 3 Abs. 2 KVVG. Der Kläger wäre gemäß § 6 Nr. 3 KVVG jedoch nur dann aktiv legitimiert und antragsberechtigt, wenn durch den angefochtenen Berufungsbeschluss sein "rechtliches Interesse" berührt wäre. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der Kläger ist allenfalls - obwohl er auch das nicht einmal vorgetragen hat - überstimmt worden. Das aber reicht nicht aus, um in einem "rechtlichen Interesse" berührt zu sein. Die genannte Voraussetzung ist vielmehr nur dann erfüllt, wenn ein eigenes, schon bestehendes Recht eines Klägers unmittelbar bedroht oder beeinträchtigt wird (das erkennende Gericht in ständiger Rechtsprechung, zuletzt Urteil vom 17. Oktober 1980 - II 1/80 - mit weiteren Nachweisen). Das trifft hier nicht zu, weil der Kläger keinen wie auch immer gearteten Anspruch darauf hat, dass in eine Verbandsvertretung überhaupt niemand oder erst von einem bestimmten Zeitpunkt an berufen werden darf.
Zudem ist auch nicht ersichtlich, wie die Sorge des Klägers, die Rechte der Einzelgemeinde könnten durch eine Zwischeninstanz und zu deren Gunsten geschmälert und ausgehöhlt werden, dadurch ausgeräumt und die von ihm befürchtete Gefahr beseitigt oder auch nur vermindert würde, wenn derartige Berufungen gar nicht oder, wie zum Kirchenvorstand, frühestens nach sechs Monaten zulässig wären.
II. Um die Parteien aber auch in der Sache nicht ohne Antwort zu lassen, soll dazu noch folgendes ausgeführt werden:
Das Gericht hält § 13 VG nicht für eine ausschließliche und abschließende Regelung mit der Folge, dass Berufungen in eine Verbandsvertretung überhaupt nicht zulässig wären. Für eine solche Auslegung - die, wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, auch der Kläger weder vertritt noch anstrebt - spricht außer allenfalls dem Wortlaut (aber auch der ist nicht eindeutig) nichts, dagegen aber vieles. Sonst wäre entgegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung der Beklagten und jeder Notwendigkeit nicht einmal gewährleistet, dass Pfarrer kraft Satzung oder wenigstens auf dem Weg über eine Berufung - der Verbandsvertretung angehörten. Außerdem ist die Möglichkeit von Berufungen in ein solches Gremium sicher nicht weniger wichtig und angebracht als bei Kirchenvorständen, Dekanatssynoden und der Kirchensynode der EKHN. Dort ist sie aber überall ausdrücklich vorgesehen.
Sind Berufungen auch in Verbandsvertretungen demnach aber grundsätzlich zulässig, so ergibt sich weder aus dem Verbandsgesetz noch aus einer anderen kirchengesetzlichen Vorschrift, dass sich die Modalitäten solcher Berufungen ausschließlich nach der KGWO richten dürften oder müssten. Vielmehr sind diese Fragen in mehreren Kirchengesetzen ganz unterschiedlich geregelt (§ 23 KGWO, § 3 DSWO, § 7 KSWO in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 KO) und man kann jedenfalls rechtlich nicht sagen, es komme für Verbandsvertretungen nur eine bestimmte dieser Regelungen in Betracht, und die Verbandsvertretungen dürften diese Frage auch nicht autonom oder nur in einem bestimmten Sinne regeln.
§ 6 der Satzung der Beklagten zu 1) verstößt damit nicht gegen eine übergeordnete kirchenrechtliche Vorschrift, der Beschluss der Verbandsvertretung der Beklagten zu 1) vom 14. Nov. 1985, der Einspruchsbescheid des Dekanatssynodalvorstandes A vom 28. November 1985 und der Beschwerdeentscheid der Beklagten zu 2) vom 18. Dezember 1985 sind nicht zu beanstanden.
Mithin hätte der Klage auch im Fall ihrer Zulässigkeit nicht stattgegeben werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 36, 38 KVVG, § 154 Abs. 1 VwGO.