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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:27.06.1986
Aktenzeichen:KVVG II 1/86
Rechtsgrundlage:§§ 3,58 PfG; §§ 7,12,15,25,26 PfStG; § 44 KGO, § 18 KVVG; §§ 45,46 VwVfG
Vorinstanzen:
Schlagworte:Anfechtungsklage, Besetzungsverfahren, Ernennung, Pfarrstellenbesetzung, Pfarrvikar
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Leitsatz:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger.
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Tatbestand:

Der aus vierzehn Personen bestehende Kirchenvorstand der C.........-Gemeinde in A. beschloss in seiner Sitzung am 15. Oktober 1985 mit 9 : 1 Stimmen, bei der Kirchenleitung zu beantragen, den Pfarrvikar B., der seit dem 1. November 1983 die Pfarrstelle I (Nord) der Gemeinde verwaltete, zum Inhaber dieser Pfarrstelle zu ernennen. Der Beschluss des Kirchenvorstands wurde am darauf folgenden Sonntag, dem 20. Oktober 1985, im Gottesdienst bekannt gemacht und dabei zugleich auf die Möglichkeit des Einspruchs nach § 25 Abs. 2, § 26 Abs. 1 PfStG hingewiesen.
Gegen den Kirchenvorstandsbeschluss erhob der Kläger, der seit dem 1. August 1972 Inhaber der Pfarrstelle II (Süd) in der Gemeinde ist, mit Schreiben an den Dekanatssynodalvorstand A. vom 28. Oktober 1985 gem. § 44 KGO Einspruch.
Zugleich erhob er mit Schreiben an den Dekan vom 02.11.1985 Einspruch gem. § 26 PfStG gegen die beabsichtigte Ernennung von B. zum Inhaber der Pfarrstelle I. Ebenfalls Einspruch gem. § 26 PfStG erhob mit Schreiben vom 01.11.1985 das Mitglied des Kirchenvorstands Frau G.
Den gem. § 44 KGO erhobenen Einspruch des Klägers gegen den Kirchenvorstandsbeschluss vom 15. Oktober 1985 wies der Dekanatssynodalvorstand mit Beschluss vom 27. November 1985 als unbegründet zurück. Der Beschluss wurde dem Kläger am 23. Dezember 1985 zugestellt. Mit Schreiben vom 4. Januar 1986, bei der Beklagten am 6. Januar 1986 eingegangen, erhob der Kläger Beschwerde gegen den Beschluss des Dekanatssynodalvorstands.
Diese Beschwerde hat die Beklagte durch Beschluss vom 24.02.1986 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger allerdings wiederum Klage erhoben, die bei dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen II 5/86 anhängig war und durch Urteil vom 27.06.1986 abgewiesen worden ist.
Über den vom Kläger erhobenen Einspruch gegen die beabsichtigte Ernennung von B. zum Inhaber der Pfarrstelle I hat die Beklagte nicht entschieden.
Den von Frau G. erhobenen Einspruch hat die Beklagte dagegen mit Beschluss vom 16. Dezember 1985 als unbegründet zurückgewiesen. Zugleich beschloss sie, Pfarrer B. zum 1. Januar 1986 zum Inhaber der Pfarrstelle I der C.........-Gemeinde zu ernennen. Die Beschlüsse der Beklagten wurden Frau G. mit Schreiben vom 19. Dezember 1985, zugestellt am 23. Dezember 1985, mitgeteilt.
Gegen die von der Beklagten am 16. Dezember 1985 beschlossene Ernennung von Pfarrer B. zum Inhaber der Pfarrstelle I hat der Kläger mit einem am 23.01.1986 bei Gericht eingegangenen Schreiben Anfechtungsklage erhoben. Mit dieser Klage macht er geltend:
Der Beschluss der Beklagten sei rechtswidrig, das Ernennungsverfahren sei fehlerhaft. Zunächst einmal unterliege schon der KV-Beschluss vom 15.10.1985 erheblichen rechtlichen Bedenken. Er - der Kläger - sei nämlich vor Behandlung des zu dem Beschluss führenden Tagesordnungspunktes vom Dekan aus dem Raum gewiesen worden. Er habe daher seine Bedenken gegen Pfarrer B. nicht vorbringen können.
Bedenken gegen den KV-Beschluss ergäben sich auch daraus, dass der Kirchenvorstand einen Beschluss nach § 12 Abs. 1 PfStG nur fassen könne, wenn der bisherige Pfarrstellenverwalter Pfarrer ist. B. sei im Zeitpunkt der Beschlussfassung aber Pfarrvikar gewesen.
Zur Zeit der Beschlussfassung der Beklagten am 16. Dezember 1985 seien noch Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren mit aufschiebender Wirkung anhängig gewesen. Dies gelte sowohl für seinen Einspruch gegen den Kirchenvorstandsbeschluss vom 15. Oktober 1985 und seine anschließende Beschwerde gegen den diesen Einspruch zurückweisenden Dekanatssynodalvorstandsbeschluss vom 27. November 1985 wie auch für seinen Einspruch gegen die beabsichtigte Ernennung von Z. zum Inhaber der Pfarrstelle I. Zu rügen sei auch, dass die Beklagte die Ernennung von B. zusammen mit der Zurückweisung des Einspruchs von Frau G. beschlossen habe. Die Beklagte hätte nämlich zunächst einmal den rechtskräftigen Abschluss des Einspruchsverfahrens nach § 25 Abs. 2, § 26 PfStG abwarten müssen, da gegen die Einspruchsentscheidung ja der Rechtsweg zum Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht gegeben gewesen sei.
Schließlich macht der Kläger geltend, es habe keine Erörterung im Sinne des § 15 PfStG mit dem Kirchenvorstand stattgefunden, und es sei auch keine Vorstellung des Pfarrstellenbewerbers erfolgt. Im übrigen bestünden aber auch erhebliche Bedenken gegen die Lebensführung des Herrn B.. Der Begriff "Lebensführung" sei nicht etwa auf das außerdienstliche Verhalten des Pfarrstellenbewerbers beschränkt.
Der Kläger beantragt,
1. die durch Verlautbarung des Kirchenvorstandsbeschlusses der Ev. C.........-Gemeinde vom 15.10.1985 im Gottesdienst dieser Gemeinde am 20.10.1985 erfolgte Bekanntmachung über die vorgesehene Ernennung des Pfarrers B. zum Pfarrstelleninhaber der Pfarrstelle I (Nord) an der genannten Gemeinde aufzuheben,
hilfsweise hierzu: festzustellen, dass vorstehend näher beschriebene Bekanntmachung rechtswidrig ist,
2. die am 16.12.1985 von der Kirchenleitung der EKHN beschlossene Ernennung des Pfarrers B. zum Inhaber der Pfarrstelle gemäß vorstehender Kennzeichnung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage insbesondere unter dem Gesichtspunkt des § 18 Abs. 2 KVVG für zulässig. Zwar habe sie über den Einspruch des Klägers nach § 25 Abs. 2 PfStG nicht entschieden, da er ihr vor Klageerhebung nicht bekannt gewesen sei. Da sie aber am 16.12.1985 die Ernennung von Pfarrer B. beschlossen habe, sei dies einer Zurückweisung des Einspruchs gleichzusetzen.
Die Beklagte hält die Klage für unbegründet. Die am 16.12.1985 beschlossene Ernennung von Herrn B. zum Pfarrstelleninhaber verstoße nicht deshalb gegen geltendes Recht, weil in diesem Zeitpunkt noch über zwei Rechtsbehelfe des Klägers gegen diese Ernennung nicht entschieden gewesen sei. Im Zeitpunkt des Ernennungsbeschlusses habe sowohl dem KV-Beschluss vom 15.10.1985 als auch dem Beschluss des Dekanatssynodalvorstandes vom 27.11.1985 keine aufschiebende Wirkung entgegen gestanden. Denn der Kläger habe erst am 04.01.1986 Beschwerde gegen den Beschluss des Dekanatssynodalvorstandes eingelegt.
Die Beklagte räumt zwar einen Verfahrensfehler insoweit ein, als sie am 16.12.1985 die Ernennung von B. beschlossen habe, ohne dass der Einspruch des Klägers nach § 26 Abs. 1 PfStG zurückgewiesen worden sei. Hier greife jedoch § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ein. Da sie - die Beklagte - den Einspruch der Frau G. zurückgewiesen habe, hätte sie auch im Falle des Klägers nicht anders entscheiden können.
Im übrigen legt die Beklagte dar, dass die Ernennung von B. zum Inhaber der Pfarrstelle I nicht die Stellung des Klägers als Pfarrer und Inhaber der Pfarrstelle II berühre.
Durch Beschluss vom 7. Februar 1986 hat die Kammer Herrn B. zum Verfahren beigeladen. Einen Antrag hat dieser im Verfahren nicht gestellt.
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Entscheidungsgründe:

I.
Hinsichtlich des Klageantrags zu 1) ist die Klage unzulässig.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KVVG kann mit der Anfechtungsklage, die hier erhoben ist, nur die Aufhebung eines kirchlichen Verwaltungsakts begehrt werden. Verwaltungsakt im Sinne dieser Vorschrift ist jede Verfügung, Entscheidung oder sonstige Maßnahme, die ein kirchliches Leitungs- oder Verwaltungsorgan oder eine kirchliche Dienststelle zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet der kirchlichen Verwaltung trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Die Bekanntmachung des Kirchenvorstandsbeschlusses vom 15.10.1985 im Gottesdienst am 20.10.1985 war kein Verwaltungsakt. Sie diente dazu, die Gemeinde über die Beschlussfassung des Kirchenvorstands zu informieren und auf die Möglichkeit hinzuweisen, gegen die vorgesehene Ernennung des Herrn B. Einspruch einzulegen. Mit der Bekanntmachung hat der Kirchenvorstand der C.........-Gemeinde also keinen Einzelfall mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen geregelt. Es kann dem Kläger auch nicht in der Auffassung gefolgt werden, mit der Abkündigung im Gottesdienst sei ein Verwaltungsakt angekündigt worden. Ein anzukündigender Verwaltungsakt hätte nur die Ernennung des Herr B. sein können. Eine derartige Ernennung konnte der Kirchenvorstand gar nicht ankündigen, da am 20.10.1985 gar nicht feststand, ob die Beklagte dem Antrag des Kirchenvorstands folgen werde.
Der zum Klageantrag zu 1) gestellte Hilfsantrag ist ebenfalls unzulässig. Dem Kläger fehlt es bereits am Feststellungsinteresse. Denn all das, was nach Ansicht des Klägers zur Rechtswidrigkeit der Bekanntmachung im Gottesdienst am 20.10.1985 geführt hat, ist im Rahmen des Klageantrags zu 2) zu prüfen.
II.
Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet.
1.
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage ist nach § 18 Abs. 2 KVVG, dass der Kläger von den nach dem kirchlichen Recht vorgesehenen Rechtsbehelfen erfolglos Gebrauch gemacht hat.
Ein derartiger Rechtsbehelf war hier der Einspruch nach § 25 Abs. 2, § 26 PfStG. Diesen Einspruch hat der Kläger zwar eingelegt. Über ihn hatte die Kirchenleitung aber nicht entschieden. Eine Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs im Sinne einer abschlägigen Bescheidung kann daher nicht festgestellt werden. Dies kann dem Kläger allerdings nicht zum Nachteil gereichen. Da die Beklagte unter Zurückweisung des Einspruchs der Frau G. beschlossen hatte, Herrn B. zum Inhaber der Pfarrstelle zu ernennen, konnte der Kläger davon ausgehen, dass über seinen Einspruch nicht mehr entschieden wird. Dies kommt der Erfolglosigkeit eines Rechtsbehelfs gleich.
Der Kläger ist auch in seinen rechtlichen Interessen betroffen. Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob jedes Gemeindeglied durch die Ernennung eines Pfarrers zum Pfarrstelleninhaber in seinen rechtlichen Interessen berührt wird. Die Kammer ist aber der Auffassung, dass jedenfalls derjenige in seinen rechtlichen Interessen berührt ist, über dessen Einspruch nach § 25 Abs. 2 PfStG bei Ernennung des Pfarrstelleninhabers nicht entschieden ist oder dessen Einspruch gleichzeitig mit der Ernennung zurückgewiesen wird. Das Klagevorbringen ist dann allerdings auf die Gründe des § 26 Abs. 1 PfStG beschränkt.
2.
Die Klage ist nicht begründet, weil das Ernennungs- (Besetzungs)-verfahren im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
a) Soweit der Kläger rügt, er sei vor Beschlussfassung des Kirchenvorstands am 15.10.1985 vom Dekan des Raumes verwiesen worden, mag dieser Umstand formal bedenklich erscheinen. Denn in der Tat wurde dem Kläger damit die Gelegenheit genommen, im Rahmen einer Personaldiskussion seine Bedenken gegen die Person des Herrn B. vorzubringen. Andererseits hat der Kläger nichts dafür vorgetragen und ist auch nichts dafür ersichtlich, dass seine Anwesenheit bei der Beratung des TOP 2 zu einem dem Mehrheitserfordernis der §§ 12 Abs. 1, 21 Abs. 2 PfStG nicht mehr genügenden Abstimmungsergebnis geführt hätte. Denn auch das in der Beratung anwesende KV-Mitglied Frau G., die wie der Kläger gegen eine Ernennung des Herrn B. zum Inhaber der Pfarrstelle I eingenommen war, diese Ernennung später bei dem erkennenden Gericht angefochten und hier die nach ihrer und des Klägers völlig übereinstimmenden Auffassung gegen die Ernennung sprechenden Argumente mit mindestens dem gleichen Nachdruck vorgetragen hat wie der Kläger, konnte ganz offensichtlich nicht verhindern, dass der Kirchenvorstand sich mit 9 : 1 Stimmen für die Ernennung des Herrn B. aussprach. Auch die weitere Entwicklung - insbesondere der Versetzungsantrag des Kirchenvorstands vom 15.4.1986 - zeigt, wie gering der Einfluss des Klägers auf den Kirchenvorstand eingeschätzt werden muss. Es fehlt daher an einer Kausalität zwischen der Abwesenheit des Klägers und dem Ergebnis der Abstimmung des Kirchenvorstands.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Besetzungsverfahren nicht dadurch fehlerhaft, dass Herr B. zur Zeit der Beschlussfassung des Kirchenvorstands am 15.10.1985 noch Pfarrvikar war. Richtig ist zwar, dass der Kirchenvorstand nach § 12 Abs. 1 PfStG beantragen kann, den die Pfarrstelle verwaltenden Pfarrer zum Inhaber der Pfarrstelle zu ernennen. Ganz eindeutig ist aber, dass der Begriff "Pfarrer" hier nicht gleichbedeutend ist mit "Pfarrer auf Lebenszeit" (§ 3 PfG). Der Begriff "Pfarrer“ ist vielmehr der Überbegriff für Pfarrer und Pfarrvikar. Das ergibt sich aus § 7 Abs. 2 PfStG i.V.m. § 58 PfG. Nach ersterer Vorschrift kann eine Pfarrstelle einem Pfarrer oder Pfarrvikar zur Verwaltung übertragen werden. § 58 PfG definiert "Pfarrer, die nicht auf Lebenszeit ernannt sind", als "Pfarrvikar".
Die Synode der EKHN ist bei der Beratung der Neufassung des § 12 PfStG im November 1981 davon ausgegangen, dass es sich sogar im Regelfall bei dem Pfarrstellenverwalter im Sinne dieser Vorschrift um einen Pfarrvikar handelt (Protokoll S. 218 ff).
§ 12 Abs. 1 PfStG ist also dahin auszulegen, dass "Pfarrer, der die Pfarrstelle verwaltet" sowohl ein Pfarrer auf Lebenszeit als auch ein Pfarrvikar sein kann. Selbstverständlich muss ein die Pfarrstelle verwaltender Pfarrvikar zur Zeit der Ernennung zum Pfarrstelleninhaber zum Pfarrer auf Lebenszeit ernannt worden sein. Das ist hier der Fall. Herr B. war am 01.11.1985 zum Pfarrer auf Lebenszeit ernannt worden.
c) Für fehlerhaft hält der Kläger das Berufungsverfahren ferner deswegen, weil im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten vom 16.12.1985 über die Ernennung des B. über von ihm - dem Kläger - eingelegte Rechtsbehelfe noch nicht entschieden gewesen sei. Der Beschluss der Beklagten vom 16.12.1985 war ursprünglich in der Tat mit dem Mangel behaftet, dass zu dieser Zeit ein Antrag des Kirchenvorstands nach § 12 Abs. 1 PfStG nicht wirksam gestellt war und es insoweit an einer Entscheidungsgrundlage fehlte. Der Kläger hatte nämlich gegen den Beschluss des Kirchenvorstands vom 15.10.1985 Einspruch nach § 44 KGO eingelegt. Diesen hatte der Dekanatssynodalvorstand durch Beschluss vom 27.11.1985 zurückgewiesen. Hiergegen hatte der Kläger Beschwerde zur Beklagten eingelegt, über die am 16.12.1985 noch nicht entschieden war, allerdings auch noch nicht entschieden sein konnte, weil der Kläger die Beschwerde erst mit Schriftsatz vom 04.01.1986 eingelegt hatte. Gerade hieraus folgert die Beklagte allerdings, dass am 16.12.1985 kein Rechtsbehelf eingelegt war, der aufschiebende Wirkung hätte haben können. Denn - so meint sie - wenn der Dekanatssynodalvorstand am 27.11.1985 entschieden, der Kläger aber erst am 04.01.1986 Beschwerde eingelegt habe, hätte der Beschluss des Dekanatssynodalvorstands eben am 16.12.1985 noch volle Wirksamkeit gehabt. Dem kann allerdings nicht gefolgt werden. Die Beklagte übersieht hierbei nämlich, dass der Beschluss des Dekanatssynodalvorstands dem Kläger erst am 23.12.1985 zugestellt worden ist. Das war also nach dem Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten vom 16.12.1985. Die Bekanntgabe des Dekanatssynodalvorstandsbeschlusses ist aber Voraussetzung für dessen Wirksamkeit. Dies ergibt sich aus dem im Kirchenrecht entsprechend anzuwendenden § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, wonach ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist, in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Folgerichtig wird in § 44 Abs. 2 KGO auch der Beginn der Rechtsbehelfsfrist an die Bekanntgabe der Entscheidung geknüpft.
Der Mangel, dass die Beklagte am 16.12.1985 ohne wirksamen Antrag nach § 12 Abs. 1 PfStG entschieden hat, ist jedoch nachträglich geheilt worden. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, den die Kammer dem darin zum Ausdruck kommenden Grundsatz nach auch auf das kirchliche Verwaltungsverfahren für anwendbar hält (vgl. auch Urteil vom 19.08.1980 - II 2/80 - zu § 46 VwVfG), ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften unbeachtlich, wenn der für den Erlass des Verwaltungsakts erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird. Das ist hier der Fall. Nachdem die Beklagte am 24.02.1986 die Beschwerde des Klägers gegen den Dekanatssynodalvorstandsbeschluss vom 27.11.1985 zurückgewiesen und das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht die gegen jenen Beschluss erhobene Anfechtungsklage des Klägers durch Urteil vom 27.06.1986 abgewiesen hat, ist zu diesem Zeitpunkt der Antrag des Kirchenvorstands vom 15.10.1985 wirksam geworden. Der Antrag des Kirchenvorstands war also damit nachträglich gestellt worden. Die Kammer hatte daher im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über die vorliegende Klage davon auszugehen, dass ein Antrag des Kirchenvorstands nach § 12 Abs. 1 PfStG - wenn auch nachträglich - der Entscheidung der Beklagten vom 16.12.1985 zugrunde lag.
d) Zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Beklagten kann auch nicht der Umstand führen, dass die Beklagte am 16.12.1985 über die Ernennung des B. zum Pfarrstelleninhaber beschlossen hat, ohne über den Einspruch des Klägers nach § 25 Abs. 2, § 26 PfStG entschieden zu haben. Soweit die Beklagte meint, ihr Beschluss vom 16.12.1985, Pfarrer B. zu ernennen, sei einer Zurückweisung des Einspruchs des Klägers gleichzusetzen, kann dem allerdings nicht gefolgt werden. Denn Adressat des Ernennungsbeschlusses war B., und die Beklagte wusste ja gar nicht einmal - wie sie vorgetragen hat - vom Einspruch des Klägers, den der Dekan nicht an die Kirchenleitung weitergeleitet hatte. Aus § 25 Abs. 3 PfStG ergibt sich, dass die Ernennung erst dann ausgesprochen werden darf, wenn entweder kein Einspruch erfolgt oder aber erhobene Einsprüche zurückgewiesen sind. Zurückgewiesen ist ein Einspruch aber erst dann, wenn der Einspruchsführer einen entsprechenden Bescheid erhalten hat. Das ist unstreitig nicht geschehen. Insofern liegt zwar ein Verfahrensfehler vor. Er führt aber dennoch nicht zum Erfolg der Klage. Nach dem hier ebenfalls entsprechend anwendbaren § 46 VwVfG kann nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. So aber ist es hier. Selbst wenn die Beklagte den Einspruch des Klägers gekannt hätte, hätte sie über ihn nicht anders als über den Einspruch der Frau G. entscheiden können. Beide Einsprüche waren nämlich weitestgehend identisch. Die Beklagte hätte sich dem Vorwurf der Willkür ausgesetzt, hätte sie den Einspruch der Frau G. zurückgewiesen, dem Einspruch des Klägers aber entsprochen, obwohl sich seine Einspruchsgründe mit denen der Frau G. deckten.
e) Auch die Rüge des Klägers, die Beklagte hätte nicht gleichzeitig über die Zurückweisung des Einspruchs der Frau G. und über die Ernennung des Herrn B. beschließen dürfen, ist unbegründet. § 25 Abs. 3 PfStG bestimmt, dass die Kirchenleitung den Pfarrer ernennt, wenn die Einsprüche zurückgewiesen werden. Aus dieser Regelung kann nicht zwingend hergeleitet werden, dass die Kirchenleitung vor der Ernennung erst abwarten muss, ob gegen die Zurückweisung der Einsprüche Rechtsmittel eingelegt werden. Der Gedanke der Rechtssicherheit und das Interesse an einem geordneten kirchlichen Leben, insbesondere an der Funktionsfähigkeit der Gemeinde und des Kirchenvorstands können durchaus für eine gleichzeitige Beschlussfassung der Kirchenleitung im genannten Sinn sprechen. Rechtsnachteile entstehen hierdurch nicht, da - wie eingangs unter II 1 ausgeführt ist - jedenfalls bei gleichzeitiger Beschlussfassung der Kirchenleitung gegen diese Entscheidung die Klage eines Einspruchsführers gegeben ist.
f) Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es in dem abgekürzten Besetzungsverfahren nach § 12 Abs. 1 PfStG weder einer Erörterung der beabsichtigten Ernennung von B. mit dem Kirchenvorstand noch einer Vorstellung des "Bewerbers" gegenüber der Gemeinde. Die Kammer teilt hier die Auffassung der Beklagten, dass das abgekürzte Verfahren nach § 12 Abs. 1 PfStG an die Stelle des Verfahrens tritt, das bei einer Ausschreibung nach dem jeweils anstehenden Besetzungsmodus erforderlich wäre. Dann aber findet § 25 PfStG, der nach § 12 Abs. 1 entsprechend gilt, aber auch nur insoweit Anwendung, als der Gemeinde mitzuteilen ist, dass sich der Kirchenvorstand für eine Ernennung des Pfarrstellenverwalters zum Pfarrstelleninhaber ausgesprochen hat. Es ist auch kein einleuchtender Grund dafür erkennbar, eine beabsichtigte Ernennung nochmals mit dem Kirchenvorstand im Sinne des § 15 PfStG zu erörtern, wenn der Kirchenvorstand diese Ernennung von sich aus beantragt hat. Desgleichen wäre es widersinnig, der Gemeinde einen Pfarrer oder Pfarrvikar, der dort lange Zeit gewirkt hat, noch einmal "vorzustellen". Das abgekürzte Verfahren nach § 12 Abs. 1 PfStG soll ja gerade möglich sein, weil ein dem Kirchenvorstand und der Gemeinde auf Grund bisheriger Tätigkeit bekannter Pfarrer oder Pfarrvikar die Pfarrstelle übernehmen soll und es deshalb des mit einer Bewerbung von außen zusammenhängenden Verfahrens nicht bedarf.
g) Letztlich vermögen auch die vom Kläger gegen die Lebensführung des Herrn B. vorgetragenen Bedenken der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der in § 26 Abs. 1 lit. b) gebrauchte Begriff "Lebensführung" ist ausschließlich auf den außerdienstlichen Bereich bezogen. Das ergibt sich zum einen daraus, dass dieser Begriff an die Stelle des Begriffes "Wandel" getreten ist, den das frühere Kirchengesetz betreffend die Besetzung der Pfarrstellen vom 11. Mai 1949 (ABl. S. 73) verwandt hat. Das Wort "Wandel" war unstreitig nur auf den außerdienstlichen Bereich bezogen. Zum andern ist aber zu berücksichtigen, dass das geltende Pfarrerdienstrecht das Verhalten des Pfarrers im Dienst als Amtsführung bezeichnet. So spricht das Pfarrergesetz von "Amt ... führen", "amtliche Tätigkeit" usw. Hätte der kirchliche Gesetzgeber mit "Lebensführung" sowohl den außerdienstlichen als auch den dienstlichen Bereich gemeint, hätte er dies - ebenso wie an anderer Stelle, z. B. § 10 PfG - durch eine andere Formulierung zum Ausdruck gebracht. Hinzu kommt, dass § 26 Abs. 1 lit. b) aus dem amtlichen Bereich ja die "Lehre" herausgreift. Hieraus ist zu schließen, dass mit dem Einspruch zwar Bedenken gegen die Lehre als solche, nicht aber gegen die sonstige dienstliche Tätigkeit des zu ernennenden Pfarrstelleninhabers vorgebracht werden können.
Bedenken gegen die Lebensführung im hier dargelegten Sinn hat der Kläger aber nicht geltend gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 36 Satz 1, § 38 KVVG, § 154 VwGO.