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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:14.11.1975
Aktenzeichen:KVVG II 1/74
Rechtsgrundlage:§§ 2,3 PfBesG; §§ 2,17 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:, Abrechnungsmodus, Dienstbezüge, Religionsunterricht, Vergütungsabrechnung
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Leitsatz:

1. Die von der Kirchenleitung mit dem Land Hessen getroffene Vereinbarung über die Abrechnung und Auszahlung der Vergütung für nebenamtlichen Religionsunterricht ist keine Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 2 Nr. 3 KVVG.
2. Die Vergütung für nebenamtlichen Religionsunterricht gehört nicht zu den Dienstbezügen im Sinne des § 3 Abs. 2 Pfarrerbesoldungsgesetz.

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Die außergerichtlichen Kosten trägt der Beschwerdeführer.
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Tatbestand:

Der Beschwerdeführer ist Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).
Er erteilt in staatlichen Schulen nebenamtlichen Religionsunterricht. Mit der vorliegenden Beschwerde greift er das von der Beschwerdegegnerin mit dem Land Hessen vereinbarte und danach praktizierte Abrechnungs- und Auszahlungsverfahren über die Vergütung für diesen nebenamtlichen Unterricht an. Er fordert eine wesentlich schnellere Abrechnung und Auszahlung. Statt der zunächst geleisteten Abschlagszahlungen und späteren endgültigen Abrechnung strebt er volle Vergütung schon während des laufenden Monats an, in dem der Unterricht erteilt wird, bei eventueller anschließender Erstattung von Überzahlungen. Tatsächlich wird die Abrechnung auf Grund einer Vereinbarung der Beschwerdegegnerin mit dem Land Hessen vom 8. Januar, 13. März und 10. Mai 1973 so gehandhabt, dass die Beschwerdegegnerin zunächst Abschlagszahlungen an die betroffenen Pfarrer und so auch an den Beschwerdeführer leistet und erst geraume Zeit später endgültig abrechnet, wenn sie nämlich ihrerseits vom Staat die dafür erforderlichen Unterlagen und tatsächlichen Angaben erhalten hat.
Nachdem der Beschwerdeführer sich am 29. Dezember 1973 zunächst unmittelbar an das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht gewandt hatte, hat er dieselbe Beschwerde am 29. März 1974 auch an die Beschwerdegegnerin gerichtet, da diese gemeint hatte, seine Beschwerde sei unzulässig, weil er nicht die zuvor gegebenen Rechtsbehelfe ausgeschöpft habe, § 17 Abs. 2 KVVG.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er und die betroffene Pfarrerschaft seien vor Abschluss der Vereinbarung vom 8. Januar, 13. März und 10. Mai 1973 nicht befragt worden. Sie hätten dazu nicht Stellung nehmen können. Erst mit Verwaltungsentscheidung vom 27. November 1973 habe ihm die Beschwerdegegnerin eine "Abschlagszahlung für die Monate August bis einschließlich Dezember 1973“ angekündigt, die im Januar 1974 ausbezahlt werden sollte. Die Tatsache, dass die Kirchenverwaltung eine Abschlagszahlung in einer bestimmten Höhe angegeben habe, lasse den Schluss zu, dass sie die tatsächlich zu zahlende Vergütungssumme gekannt habe. Die Verwaltung dürfe die Auszahlung der Vergütung nicht zu seinen Lasten verzögern. Wenn sie so umständliche Verträge schließe, sei das ihre Sache. Jedenfalls hätte sie sich zu seinen Gunsten dafür verwenden müssen, dass die Vergütungen von August an im laufenden Monat in der bisherigen Höhe weiter gezahlt worden wären; eventuell überzahlte Beträge hätte sie zurückfordern oder einbehalten müssen, wie es das Land Hessen bisher stets getan habe. Die Beschwerdegegnerin dürfe ihre eigenen Schwierigkeiten nicht auf die betroffenen Pfarrer abwälzen.
Im übrigen verstehe man unter dem von der Beschwerdegegnerin verwandten Begriff "monatliche Abschlagszahlungen" herkömmlicherweise Zahlungen für den Monat, in dem eigentlich die regelrechte Zahlung fällig wäre, die auf Grund gegebener Verzögerungen bei der Berechnung aber noch nicht zu ermitteln war. Die monatlichen 2/3-Abschlagszahlungen der Beschwerdegegnerin bezögen sich jedoch stets auf weiter zurückliegende Zeiträume, nie auf den Monat der Fälligkeit; sie seien Nachzahlungen auf Raten. Wie sich aus einer ihm von der Beschwerdegegnerin erteilten "Vergütungsabrechnung für nebenberuflich erteilten Religionsunterricht" vom 22. Januar 1975 ergebe, handele es sich bei diesem Verfahren um eine regelmäßige, nun schon fast zwei Jahre währende Dauereinrichtung, durch die monatlich zustehende Vergütungen dem Empfänger nicht ausgezahlt, sondern vorenthalten würden. Die Sperrung der Vergütungen erstrecke sich auf einen Zeitraum bis zu einem 3/4 Jahr.
In den Stellungnahmen der Beschwerdegegnerin sei zwar eine Reihe von Eingeständnissen erkennbar. Sie räume ein, dass das angewandte Verfahren unzureichend sei. Doch erläutere sie nur ihre (ohnehin bekannten) eigenen Schwierigkeiten, ohne abzuhelfen. Zu der von ihm behaupteten Verletzung allgemein gültiger Vergütungsgrundsätze habe sie dagegen nicht Stellung genommen.
Der Beschwerdeführer beantragt,
Vergütungen für nebenamtlichen Religionsunterricht an ihn während des laufenden Monats zu zahlen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezweifelt nach wie vor die Zulässigkeit der Beschwerde, weil nicht erkennbar sei, welchen Verstoß gegen kirchliche Rechtsnormen der Beschwerdeführer rüge (vgl. § 2 Nr. 3 KVVG).
In der Sache sei die Beschwerde unbegründet. Nach der Vereinbarung über die nebenberufliche Erteilung evangelischen Religionsunterrichts vom 8. Januar/10. Mai 1973 werde die Vergütung nicht mehr unmittelbar vom Land Hessen gegenüber den Pfarrern abgerechnet. Vielmehr leiste das Land diese Zahlungen an die von den Kirchen benannten Kassen. Die Einzelabrechnung nehme danach die Gesamtkirchenkasse der EKHN vor. Nach § 5 Nr. 3 der Vereinbarung sei das Land verpflichtet, vierteljährlich nachträglich abzurechnen. Das Land Hessen und die beteiligten Kirchen seien bei Vertragsabschluss von einer pünktlichen Abrechnung durch das Land ausgegangen. Bei der Umstellung auf den neuen Modus habe es jedoch erhebliche Schwierigkeiten gegeben. Der Regierungspräsident rechne mit erheblicher Verzögerung ab, die im Durchschnitt nicht unter einem halben Jahre liege.
Um den betroffenen Pfarrern eine nicht zu lange Wartezeit zuzumuten, habe die Kirchenverwaltung im Herbst 1973 folgende interne Regelung eingeführt:
a) jeder Betroffene erhalte unabhängig vom Eingang der Abrechnung des Landes monatlich eine Abschlagszahlung in Höhe von 2/3 der voraussichtlichen Vergütung für nebenamtlichen Religionsunterricht durch die Gesamtkirchenkasse;
b) (endgültig) abgerechnet werde nach Eingang der Abrechnung des Landes unter gleichzeitiger Zahlung der offenstehenden Restvergütung.
Dieses Verfahren sei deshalb notwendig, weil der Beschwerdegegnerin die gehaltenen Unterrichtsstunden erst nachträglich vom Regierungspräsidenten ersetzt würden und die Kirchenverwaltung ohne die Abrechnungsunterlagen des Landes selbst keinen Aufschluss über die tatsächlich von den einzelnen Pfarrern geleisteten Unterrichtsstunden gewinnen könne. Die hierfür notwendigen Erhebungen und Korrekturen nehme die staatliche Schulverwaltung vor, weil es sich beim Religionsunterricht um ein staatliches Lehrfach handele.
Die Vereinbarung verletze keine kirchliche Rechtsnorm. Sie schließe ausdrücklich den Anspruch auf Vergütung nebenamtlichen Religionsunterrichts nach den geltenden Kirchengesetzen ein (vgl. § 5 Nr. 1 der Vereinbarung). Es gehe daher bei dem angewandten Verfahren nicht um die Schmälerung einer Rechtsposition, sondern lediglich um einen Abrechnungsmodus. Dieser Modus erscheine für den Einzelnen zumutbar, weil die Abschlagszahlungen den weit überwiegenden Teil der zu erwartenden Vergütung ausmachten.
Da es aus den dargelegten Gründen sachlich nicht möglich sei, eine monatliche Endabrechnung vorzunehmen, käme allenfalls eine Abschlagszahlung in voller Höhe des zu erwartenden Betrages in Betracht. Das wäre aber nicht sachgerecht, weil sehr häufig der erteilte Lehrauftrag durch Ausfall von Stunden korrigiert werden müsse. In vielen Fällen würde so eine Überzahlung mit der Folge der Rückforderung eintreten. Überzahlungen seien indessen aus psychologischen und steuerrechtlichen Gründen problematisch, Rückforderungen nur mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand durchzusetzen, der vermieden werden müsse, wenn sich, wie hier, eine andere zumutbare Lösung finden lasse.
Zusammengefasst handele es sich bei der Vergütung um einen inhaltlich gegen den Staat gerichteten Anspruch, der durch die Kirchenkassen lediglich kassenmäßig verwaltet werde. Die Kirchenverwaltung der EKHN trete nur bis zur Abrechnung durch das Land aus Kulanzgründen in Vorlage. Das von ihr angewandte Verfahren beeinträchtige weder den Anspruch des betroffenen Pfarrers, noch verstoße es sonst gegen kirchengesetzliche Regelungen.
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Entscheidungsgründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Keine der in § 2 KVVG abschließend aufgeführten Voraussetzungen, unter denen sie erhoben werden könnte, liegt vor. Insbesondere richtet sie sich nicht gegen eine Verwaltungsentscheidung im Sinne der Nr. 3 dieser Vorschrift. Denn die Vereinbarung vom 8. Januar/13. März/10. Mai 1973, die der Beschwerdeführer angreift, stellt eine solche Verwaltungsentscheidung, d. h. einen zur Regelung eines Einzelfalles ergangenen "hoheitlichen" Akt der Beschwerdegegnerin, nicht dar, sondern ein Abkommen mit genereller Wirkung zwischen Kirche und Staat.
Ob eine Einzelabrechnung, wie sie der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 30. Januar 1975 eingereicht hat, die Anforderungen erfüllen würde, die an eine "Verwaltungsentscheidung" im Sinne des Gesetzes zu stellen sind, kann unerörtert bleiben. Denn der Beschwerdeführer wendet sich ausdrücklich nicht nur gegen eine solche einzelne Abrechnung. Er hat sie vielmehr ausdrücklich lediglich als "Beweismittel“ vorgelegt, um seiner „Beschwerde Nachdruck zu verleihen".
Im übrigen könnte er sein Ziel, einen generell anderen Zahlungsmodus herbeizuführen, mit der Anfechtung einer einzelnen Abrechnungsmitteilung auch nicht erreichen. Der Beschwerde musste schon deshalb der Erfolg versagt bleiben.
Sie wäre im übrigen aber auch nicht begründet. Es mag schon zweifelhaft sein, ob die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau die richtige Beschwerdegegnerin wäre, eine (etwaige) Forderung des Beschwerdeführers sich also überhaupt gegen sie richten würde. Denn er hat einen Anspruch auf Vergütung nur gegen den Staat, in dessen Bereich er nebenamtlichen Religionsunterricht erteilt, nicht gegen die Beschwerdegegnerin. Immerhin ließe sich diese Frage vielleicht noch bejahen, weil sich die Beschwerdegegnerin durch die Vereinbarung vom 8. Januar/13. März/10. Mai 1973 zwischen Staat und Beschwerdeführer geschaltet hat und damit auch insoweit Rechtsbeziehungen zwischen sich und dem Beschwerdeführer hergestellt haben könnte.
Die Beschwerde wäre aber deshalb nicht begründet, weil die Beschwerdegegnerin mit der Vereinbarung von 1973 und den darauf gestützten und dementsprechend praktizierten Abrechnungsverfahren entgegen der Annahme des Beschwerdeführers weder "allgemein gültige Vergütungsgrundsätze" noch einen Anspruch oder ein Recht des Beschwerdeführers verletzt hat. Selbst wenn der von dem Beschwerdeführer vorgeschlagene und geforderte Abrechnungsmodus für die betroffenen Pfarrer und für ihn selbst vorteilhafter wäre, vielleicht insgesamt auch weniger Aufwand erfordern und den Interessen der Beteiligten, jedenfalls so, wie er sie sieht, besser dienen würde, hätte er auf ein solches Verfahren doch keinen Anspruch und könnte es nicht verlangen.
Denn es gibt keine Vorschrift, derzufolge Vergütung für nebenamtlichen Religionsunterricht während des laufenden Monats, in dem er erteilt wird, oder innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gezahlt werden müsste. Nach § 3 Abs. 2 des Kirchengesetzes über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer werden vielmehr die "Dienstbezüge" monatlich im Voraus gezahlt. Dienstbezüge sind Grundgehalt, freie Dienstwohnung oder Ortszuschlag, Kinderzuschlag und Zulagen (§ 2 des Pfarrer-Besoldungsgesetzes). Die Vergütung für nebenamtlichen Religionsunterricht gehört also nicht dazu. Aus der Regelung des § 3 Abs. 2, die ausdrücklich auf die dort abschließend aufgeführten Dienstbezüge beschränkt ist, folgt demnach gerade durch Umkehrschluss zwingend, dass es einen Anspruch auf Vorauszahlung oder auch nur auf simultane Abrechnung und Auszahlung für andere Vergütungen, etwa wie hier für nebenamtlichen Religionsunterricht, nicht gibt.
Nach allem musste die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 33 KVVG, 35 KVVG, 91 ZPO.