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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:26.11.1965
Aktenzeichen:KVVG I 1/65
Rechtsgrundlage:Art. 3,19 GG, Art. 34,38,42,44,48,56 KO § 17 PfBesVG; §§ 90ff. BVerfGG; §§ 2,4,5,17 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:Antragsberechtigung, Normenkontrollverfahren, Rechtsschutzgarantie, Stellenzulage, Verfassungsbeschwerde
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Leitsatz:

1. Zum Unterschied des Antragsrechts nach § 5 Abs. 2 KVVG gegenüber dem Antragsrecht nach § 5 Abs. 1 KVVG.
2. Bei der Normenkontrolle nach § 2 Nr. 1 KVVG ist das Antragsrecht gegenüber der allgemeinen Regelung teils eingeschränkt, teils erweitert.
3. Eine Einzelperson ist für ein Normenkontrollverfahren nicht antragsberechtigt.
4. Eine Verfassungsbeschwerde nach dem Vorbild der §§ 90 ff des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht ist im Verfahren vor dem Kirchlichen Verfassung- und Verwaltungsgericht nicht vorgesehen. Art. 19 Abs. 4 GG steht dem nicht entgegen, da über den Umfang des Rechtsschutzes vor dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht allein kirchliche Gesetzgeber zu entscheiden hat.
5. Eine dem Art. 19 Abs. 4 GG entsprechende Rechtsschutzgarantie ist im kirchlichen Bereich nicht eingeführt.

Tenor:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer.
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Tatbestand:

Die Beschwerdeführer sind als Pfarrer und Oberkirchenräte hauptamtliche theologische Sachbearbeiter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Sie wenden sich mit ihrer Beschwerde vom 26. Mai 1965, die am selben Tage eingegangen ist, gegen Artikel 1 des Kirchengesetzes zur Änderung des Kirchengesetzes über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer vom 29. April 1965 (Amtsblatt S. 34), weil diese Vorschrift den hauptamtlichen theologischen Sachbearbeitern der Kirchenverwaltung mit Wirkung vom 1. Januar 1965 erstmals eine niedrigere Stellenzulage als den Pröpsten zubilligt. Nach diesem Gesetz steht den Pröpsten eine Stellenzulage von monatlich 450 DM, den hauptamtlichen theologischen Sachbearbeitern eine Stellenzulage von monatlich 350 DM zu.
Vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erhielten die Pröpste und die hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung eine Stellenzulage in gleicher Höhe, und zwar seit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 24. März 1955 (Amtsblatt S. 69) ab 1. April 1955. Die Gesetze vom 4. Dezember 1958 (§ 17 Absatz 2; Amtsblatt S. 177), vom 11. Januar 1962 (§ 6; Amtsblatt S. 2), vom 15. November 1963 (§ 5; Amtsblatt S. 125) und vom 5. November 1964 (§ 6; Amtsblatt S. 104) hatten die Stellenzulage für die Pröpste und die theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung gleichmäßig erhöht. In der Zeit vom 1. April 1950 bis 31. März 1955 stand den Pröpsten nach § 4 Absatz 1 des Gesetzes vom 11. Mai 1949 (Amtsblatt S. 77) eine Stellenzulage von jährlich 900 DM zu, den theologischen Sachbearbeitern der Kirchenverwaltung dagegen eine solche von 1.200 DM. Den Pröpsten räumte dieses Gesetz darüber hinaus den Anspruch auf eine Dienstaufwandsentschädigung von 900 DM jährlich ein. Den theologischen Sachbearbeitern der Kirchenverwaltung gewährte erstmals Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Mai 1951 (Amtsblatt S. 58) eine Dienstaufwandsentschädigung von 600 DM jährlich, deren Höhe bis zum 31. Dezember 1964 unverändert geblieben ist. Dagegen wurde die Dienstaufwandsentschädigung der Pröpste durch das Gesetz vom 4. Dezember 1958 auf monatlich 100 DM erhöht. Nach dem Gesetz vom 29. April 1965 erhalten die Pröpste ab 1. Januar 1965 eine Dienstaufwandsentschädigung von monatlich 150 DM, die theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung eine solche von monatlich 100 DM.
Ob eine unterschiedliche Anhebung der Stellenzulage der Pröpste und der hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung gerechtfertigt ist, hatte die Synode schon auf ihrer 3. ordentlichen Tagung 1963 (Prot. S. 341) und auf ihrer 4. ordentlichen Tagung 1964 (Prot. S. 54) erörtert, sich aber damals noch für eine Gleichbehandlung entschieden.
Bei der Verabschiedung des Gesetzes vom 29. April 1965 ging die Initiative zur Verbesserung der Stellenzulage der Pröpste gegenüber den hauptamtlichen theologischen Sachbearbeitern der Kirchenverwaltung von dem Rechtausschuss aus. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses führte bei der Zweiten Lesung aus, die Pröpste seien Mitglied des Leitenden Geistlichen Amtes, das nach der Kirchenordnung eine bischöfliche Funktion habe; die Tätigkeit der Pröpste sei "in ihrer räumlichen Weite, in ihrer geistlichen Verantwortung unendlich schwieriger und aufreibender als die Tätigkeit der theologischen Oberkirchenräte“ (Prot. S. 97/98). Bei der Dritten Lesung des Gesetzes betonte er, dass die Regelung der Stellenzulagen als Provisorium anzusehen sei, weil erstens auf dem Gebiete der staatlichen Besoldung alles im Fluss und zweitens mit der Überprüfung der Kirchenordnung begonnen worden sei. Er vertrat nun die Auffassung, dass die unterschiedliche Bewertung der Pröpste und der hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter weniger durch Unterschiede in der Belastung und Verantwortung als durch verfassungsrechtliche Gründe gerechtfertigt sei. Die Pröpste hätten als Mitglieder des Leitenden Geistlichen Amtes Leitungsfunktion in der Kirche; es müsse auch berücksichtigt werden, dass sie sich jedes mal nach Ablauf ihrer Legislaturperiode einer Neuwahl zu stellen hätten (Prot. S. 306). Der Stellvertreter des Kirchenpräsidenten bat, auch deswegen dem gefundenen Kompromiss zuzustimmen, um einerseits eine untragbare Diskrepanz zwischen den Zulagen des Kirchenpräsidenten, seines Stellvertreters und der übrigen Mitglieder des Leitenden Geistlichen Amtes, andererseits aber auch eine nicht vertretbare Diskrepanz zwischen den theologischen und den juristischen Oberkirchenräten in der Kirchenverwaltung zu vermeiden (Prot. S. 307).
Die Beschwerdeführer beantragen
festzustellen, dass die ungleiche Festsetzung der Stellenzulage für die Pröpste und die hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung in der Novelle zum Gesetz über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer vom 29. April 1965 (Amtsblatt S. 34) - neue Fassung des § 17 Absatz 2 Nr. 3 und 4 - rechtlich unwirksam ist.
Die Beschwerdeführer wollen ihr Antragsrecht aus § 2 Absatz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 KVVG herleiten. Sie begehren keine abstrakte Normenkontrolle im Sinne von § 2 Absatz 1 Nr. 1 KVVG. Wenn sich die Beschwerde auch gegen eine kirchengesetzliche Regelung richte, so führt nach ihrer Meinung eine Auslegung der erstgenannten Vorschriften über den Wortlaut hinaus nach ihrem Sinn und Zweck dazu, die Antragsbefugnis zu bejahen.
Das erkennende Gericht habe diesen Grundsatz im Urteil vom 9. März 1959 - I 3/57 - betreffend Militärseelsorge angewendet. Dort sei es u.a. um die Anfechtung des Beschlusses der Kirchensynode über die Zustimmung zum Militärseelsorgevertrag der Evangelischen Kirche in Deutschland mit der Bundesrepublik gegangen, eines Beschlusses, der nach Ansicht des Gerichts weder im formellen noch im materiellen Sinne ein Kirchengesetz oder eine kirchliche Verordnung war. Gleichwohl habe das Gericht die Verfahrensbestimmungen des KVVG über Kirchengesetze entsprechend angewendet, weil die Verfahrensvorschriften über die Anfechtung synodaler Beschlüsse nicht der rechtlichen Eigenart dieses Beschlusses entsprächen. Die bei Kirchengesetzen abweichende Regelung des Antragsrechts, das gegenüber Beschlüssen teils eingeschränkt, teils erweitert sei, liege im Wesen des Gesetzes und der Verordnung als einer generellen Regelung begründet. Die hierfür maßgebenden Erwägungen träfen auch für das Einverständnis nach Artikel 10 Buchstabe b) der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland zu; demnach sei verfahrensmäßig der Rechtschutz, den das KVVG für Kirchengesetze vorsehe, auch hier zu gewähren.
Im jetzigen Verfahren sei es dagegen umgekehrt geboten, statt der Vorschriften über die Normenkontrolle diejenigen über Beschwerden gegen synodale Beschlüsse entsprechend anzuwenden. § 5 Absatz 2 KVVG regele die Zulässigkeit einer abstrakten Normenkontrolle von Kirchengesetzen und kirchlichen Verordnungen gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 1 unabhängig von einer rechtlichen Beschwerde des Antragstellers. Der Kreis der Antragsberechtigten werde in § 5 Absatz 2 KVVG deshalb eingeschränkt, weil Kirchengesetze und kirchliche Verordnungen nicht der Anfechtung durch jedermann ausgesetzt sein sollen. Der innere Grund für diese Einschränkung liege hier aber nicht vor, weil die beanstandete unterschiedliche Festsetzung der Stellenzulage für die Pröpste und für die hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung nur die theologischen Referenten belaste, diese also konkret in ihren Rechten verletze; sie führten die Beschwerde als konkret Betroffene im Sinne von § 5 Absatz 1 KVVG und seien daher auch den Bestimmungen des § 17 des Gesetzes unterworfen. Diese Beschwerde sei der Art nach mit der Verfassungsbeschwerde nach § 90 Absatz 1 und § 93 Absatz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht verwandt, die auch gegen Gesetze erhoben werden könne, sofern eine Verletzung der in § 90 Absatz 1 a.a.O. aufgeführten Rechte gerügt werde. Für diese Auslegung spreche auch die umfassende, in Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes normierte Rechtsschutzgarantie, die auch im kirchlichen Bereich nicht unbeachtet bleiben könne und eine Auslegung von Verfahrensbestimmungen zugunsten des Rechtsschutzsuchenden gebiete. Anderenfalls wäre zwar gegen Rechtsbeeinträchtigungen durch synodale Beschlüsse oder kirchliche Verwaltungsakte ein Rechtsschutz gegeben, nicht aber gegen konkrete und unter Umständen viel schwerer wiegende Rechtsverletzungen durch kirchliche Gesetze und Verordnungen.
Die Beschwerdeführer meinen, der Ausschluss der Zuständigkeit des Gerichts für Gehaltsansprüche der Pfarrer und Kirchenbeamten (§ 4 Nr. 2 KVVG) stehe der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen, weil sie keine Gehaltsansprüche geltend machten, sondern die Feststellung einer rechtswidrigen besoldungsmäßigen Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Pröpsten begehrten.
In materieller Hinsicht rügen die Beschwerdeführer, die unterschiedliche Festsetzung der Stellenzulage für die Pröpste und für die hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, der in Artikel 3 des Grundgesetzes und sämtlichen Länderverfassungen verankert sei und als Bestandteil des für alle geltenden Gesetzes im Sinne des Artikels 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsverfassung auch die kirchlichen Organe einschließlich der Synode binde. In diesem Sinne habe die Zweite Kammer des Gerichts im Urteil vom 17. Dezember 1958 - II 2/57 - entschieden, dass eine unterschiedliche Festsetzung der Reisekostenvergütung für die theologischen und die juristischen Referenten gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße; dieser verbiete die willkürliche Schlechterstellung von Beamten aus sachfremden Gründen gegenüber anderen in vergleichbarer Lage befindlichen Bediensteten, das heißt ihre willkürliche Herausnahme aus einer bestimmten Ordnung.
Die Tätigkeit der Pröpste und der hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung erfordere, abgesehen von der Dienstaufwandsentschädigung, eine besoldungsmäßige Gleichbehandlung. Darüber habe bis zur Tagung der Synode im April 1965 keine Meinungsverschiedenheit bestanden. Auf der 3. ordentlichen Tagung der Synode im November 1963 habe Kirchenpräsident N. ausdrücklich davor gewarnt, gewissermaßen auf finanztechnischem Wege die Pröpste höher zu stellen als die Sachbearbeiter in der Verwaltung (Prot. S. 341). Auch auf der 4. ordentlichen Tagung der Kirchensynode 1964 habe Oberkirchenrat I. sich dagegen ausgesprochen, dass die Pröpste eine höhere Stellenzulage erhalten sollten als die hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiter der Kirchenverwaltung; die Gleichstellung sollte auch den Übergang vom Propstamt zum Amt eines hauptamtlichen theologischen Sachbearbeiters erleichtern (Prot. S. 54).
Demgegenüber könnten die Gesichtspunkte, die auf der Tagung der Synode vom 27. bis 29. April 1965 für die Besserstellung der Pröpste vorgetragen wurden, eine Abweichung von der bisherigen Rechtslage nicht rechtfertigen. Auch aus der kirchenordnungsmäßigen Stellung der beiden Gruppen ließen sich keine überzeugenden Gründe für eine besoldungsmäßige Besserstellung der Pröpste herleiten. Eine bischöfliche Funktion sei dem Leitenden Geistlichen Amt, das aus der Institution des Bruderrates der Bekennenden Kirche hervorgegangen sei, nicht zugewiesen. Sowohl die Pröpste als auch die theologischen Referenten würden von der Kirchensynode in ihre Ämter berufen, und zwar auf sechs bzw. acht Jahre. Die Pröpste übten ihr Amt nur im Auftrag des Leitenden Geistlichen Amtes aus, während die theologischen Referenten die Aufgaben ihres Referats zwar formell im Auftrag der Kirchenleitung, in der Verfassungswirklichkeit aber wegen der ungenügenden Verzahnung von Leitendem Geistlichen Amt und Kirchenverwaltung in weitgehender Selbständigkeit wahrnehmen mussten. Den Umfang und die Bedeutung Ihrer Referate haben die Beschwerdeführer hierzu im einzelnen dargelegt.
Die unterschiedliche Festsetzung der Stellenzulage für die Pröpste einerseits und die theologischen Referenten der Kirchenverwaltung andererseits verstößt nach Ansicht der Beschwerdeführer gegen Artikel 34 der Kirchenordnung, weil sie das Gesamtgefüge der kirchlichen Ordnung ändere, indem sie mehr Gewicht auf das Leitende Geistliche Amt lege.
Dem Kirchensynodalvorstand und der Kirchenleitung ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Kirchenleitung hat von einer Äußerung abgesehen.
Namens des Kirchensynodalvorstands hat sich der Präses im Einvernehmen mit dem Rechtsausschuss der Synode zu der Beschwerde geäußert.
Der Präses hält die Beschwerde für unzulässig. Nach seiner Meinung kann es dahingestellt bleiben, ob mit der Beschwerde eine Normenkontrolle begehrt oder im Ergebnis auch Gehaltsansprüche verfolgt werden.
Im Gegensatz zu der Auffassung der Beschwerdeführer handele es sich nicht um einen synodalen Beschluss oder um eine Verwaltungsentscheidung, die durch das Gericht überprüft werden solle. Gegenstand der Überprüfung sei vielmehr ein Kirchengesetz. Zur Anfechtung eines Kirchengesetzes seien die Antragsteller aber nach § 5 Absatz 2 KVVG nicht legitimiert. Im Verfahrensrecht gelte der Grundsatz der Formstrenge. Die Auslegung einer Vorschrift dürfe nicht dazu führen, sie zu beseitigen.
Die im Urteil des Gerichts vom 9. März 1959 erarbeiteten Gesichtspunkte träfen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Bei jener Entscheidung sei es um die Anfechtung eines Synodalbeschlusses eigener Art gegangen, der sich als Mitwirkung bei der Gesetzgebung darstellte. Hier handele es sich jedoch um die Anfechtung eines Kirchengesetzes im formellen und materiellen Sinne. Eine ausdehnende Anwendung der Verfahrensvorschriften des KVVG sei in diesem Falle nicht zulässig, weil eindeutige Verfahrensvorschriften in § 2 Absatz 1 Nr. 1 und § 5 Absatz 2 KVVG bestünden.
§ 90 Absatz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht könne weder unmittelbar noch entsprechend angewendet werden. Denn aus dem Feststellungsantrag ergebe sich eindeutig, dass eine Normenkontrolle begehrt werde. Folge man aber den Beschwerdeführern und nehme entgegen ihrem Antrag das Vorliegen einer "konkreten Rechtsverletzung" an, so entfalle die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Das gleiche gelte, soweit sich die Antragsteller auf Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes beriefen.
Soweit die Beschwerde darauf hinauslaufe, Gehaltsansprüche zu verfolgen, sei das Gericht nach § 4 Nr. 2 KVVG nicht zuständig.
In materieller Hinsicht führt der Präses vorsorglich aus, der Antrag der Beschwerdeführer enthalte keine Sachbitte, die dem Gericht eine Entscheidung ermögliche. Er lasse nicht erkennen, welche Teile des angefochtenen Kirchengesetzes für unwirksam erklärt werden sollen.
Artikel 34 der Kirchenordnung finde hier keine Anwendung, da durch das angefochtene Gesetz der Wortlaut der Kirchenordnung nicht geändert oder ergänzt worden sei. Keine Bestimmung der Kirchenordnung lasse unmittelbar oder mittelbar den Schluss zu, dass die theologischen Oberkirchenräte und die Pröpste gleich zu behandeln seien.
Artikel 3 des Grundgesetzes, der nach Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsverfassung auch für die Kirchen gelte, sei nicht verletzt. Der Gleichheitssatz dieser Verfassungsbestimmung binde den Gesetzgeber nur insoweit, als er Gleiches gleich behandeln müsse. Er sei aber nicht gehindert, Verschiedenes entsprechend seiner Eigenart gesetzlich zu regeln. Differenzierungen nach sachlichen Gesichtspunkten dürfe er vornehmen.
Das Amt eines theologischen Oberkirchenrates und das Amt eines Propstes seien nicht vergleichbar. Die Gleichheit sei weder aus der Kirchenordnung noch aus ihren Ausführungsgesetzen zu entnehmen. Nach Abschnitt III der Kirchenordnung sei nur ein Vergleich zwischen der Kirchenleitung und dem Leitenden Geistlichen Amt möglich, nicht aber zwischen dem Leitenden Geistlichen Amt und der Kirchenverwaltung. Die Kirchenverwaltung sei nach Artikel 42 der Kirchenordnung nur ausführendes Organ der Kirchenleitung. Demgegenüber nehme das Leitende Geistliche Amt den Hirten- und Wächterdienst gemäß Artikel 44 Absatz 3 der Kirchenordnung wahr. Die mangelnde Vergleichbarkeit der beiden Ämter ergebe sich auch aus der Verschiedenheit des Berufungs- und Wahlmodus (Artikel 33 Buchstabe h und Artikel 48 Absatz 3 KO).
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Entscheidungsgründe:

Obgleich die Beschwerdeführer erklären, dass sie keine Normenkontrolle nach § 2 Absatz 1 Nr. 1 KVVG begehren, beantragen sie doch festzustellen, dass eine Regelung in einem Kirchengesetz rechtsunwirksam ist. Für die Zulässigkeit der Beschwerde kommt es indessen nicht darauf an, welchem Verfahren die Beschwerdeführer ihren Antrag unterworfen wissen möchten. Maßgebend ist allein der sachliche Inhalt des Antrags.
In der Sache erstreben die Beschwerdeführer, ohne dass ein konkreter Rechtsstreit vorliegt, die Feststellung, dass eine kirchengesetzliche Regelung rechtsunwirksam ist. Für eine abstrakte Normenkontrolle dieser Art, nämlich die Entscheidung über die Rechtsgültigkeit von Kirchengesetzen und kirchlichen Verordnungen nach § 2 Absatz 1 Nr. 1 KVVG, ist das Antragsrecht im § 5 Absatz 2 besonders geregelt. Es steht nur den gemäß der Kirchenordnung gebildeten Organen sowie einer Gruppe von mindestens zehn Mitgliedern der Kirchensynode zu. Die Beschwerdeführer sind nach dieser Vorschrift nicht antragsberechtigt.
Die Verfahrensvorschriften über die Anfechtung von synodalen Beschlüssen oder Verwaltungsentscheidungen sind im Gegensatz zur Meinung der Beschwerdeführer nicht entsprechend anzuwenden.
a) Das Gesetz über das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht hat die einzelnen Verfahrensgegenstände deutlich voneinander getrennt. Die im § 2 Abs. 1 Nr. 1 statuierte Kompetenz über "Rechtsgültigkeit von Kirchengesetzen und kirchlichen Verordnungen" zu entscheiden, hebt sich von der Zuständigkeit nach Nr. 3 ab, über "Beschwerden gegen synodale Beschlüsse oder gegen Verwaltungsentscheidungen" zu befinden, "soweit die Anwendung der Kirchenordnung oder sonstiger kirchlicher Rechtsnormen gerügt wird". Die Beschwerde nach Nr. 3 kann sich nicht auf Kirchengesetze und kirchliche Verordnungen beziehen, sondern nur auf andere Beschlüsse. Denn diese Beschwerde kann nur auf die im § 17 Absatz 1 genannten Gründe gestützt werden, die auf die Anfechtung einer Verwaltungsentscheidung zugeschnitten, einer Normenkontrolle dagegen wesensfremd sind.
b) Die besondere Regelung des Antragsrechts für das Normenkontrollverfahren im § 5 Absatz 2 KVVG schließt es aus, im Verfahren über die Rechtsgültigkeit eines Kirchengesetzes auf die allgemeine Regelung des Antragsrechts im § 5 Absatz 1 zurückzugreifen. Der Gesetzgeber hat das Antragsrecht in den Fällen des § 2 Absatz 1 Nr. 1 gegenüber der allgemeinen Regelung teils eingeschränkt, teils erweitert. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, dass das Antragsrecht nach § 5 Absatz 2 anders als nach der allgemeinen Regelung des § 5 Absatz 1 nicht jeder Einzelperson zusteht, deren rechtliche Interessen berührt werden. Die Beschwerdeführer erstreben aber als Einzelpersonen die Entscheidung über die Rechtsgültigkeit einer kirchengesetzlichen Regelung.
c) Der Ansicht, die entsprechende Anwendung des § 2 Absatz 1 Nr. 3 KVVG sei geboten, um einen möglichst umfassenden Rechtsschutz zu gewährleisten, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Schon im Urteil vom 19. Januar 1955 I 1/53 - ist ausgeführt, dass das Kirchengesetz über das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht gemäß Artikel 56 der Kirchenordnung diesem Gericht nicht für alle im kirchlichen Bereich erwachsenden Streitigkeiten eine Zuständigkeit einräumt, wie sie vergleichsweise den staatlichen Verwaltungsgerichten zukommt. Der kirchliche Gesetzgeber geht vielmehr erkennbar davon aus, dass im kirchlichen Raum Streitigkeiten in der Regel auf andere Weise und durch andere Instanzen beizulegen sind und ein formelles gerichtliches Verfahren hierzu nur in bestimmten Fällen als geeignet und notwendig erscheint. Er hat daher die Voraussetzungen, unter denen das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen ist, in den §§ 2 und 3, begrenzt noch durch die §§ 4, 5 und 17 KVVG, erschöpfend aufgezählt und im einzelnen geregelt. Eine Verfassungsbeschwerde nach dem Vorbild der §§ 90 ff. des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht ist im Verfahren vor dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht nicht vorgesehen. Nur der Gesetzgeber kann ein solches Verfahren einführen. Dem Gericht steht es nicht zu, den gesetzlich geordneten Rechtsschutz rechtsschöpferisch auszudehnen. Dem stünde auch § 36 KVVG im Wege, der bestimmt, dass dieses Gesetz als Teil der Kirchenordnung gilt und damit Verfassungsrang hat.
d) Diesem Ergebnis steht die Rechtsschutzgarantie des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes nicht entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet mit dieser Vorschrift nur den Rechtsschutz vor einem staatlichen Gericht, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Öffentliche Gewalt im Sinne dieser Vorschrift ist die staatliche Gewalt. In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Kirchengemeinde A gegen den Beschluss der Kirchenleitung vom 7. Januar 1963 über die Teilung der Gemeinde hat das Bun-desverfassungsgericht im Beschluss vom 17. Februar 1965 – 1 BvR 732/64 – zu § 90 Absatz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die öffentliche Gewalt im Sinne dieser Vorschrift rein innerkirchliche Maßnahmen nicht umfasst. Über den Umfang des Rechtsschutzes vor dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht hat allein der kirchliche Gesetzgeber zu entscheiden. Er hat, wie dargelegt, eine dem Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes entsprechende Rechtsschutzgarantie im kirchlichen Bereich nicht eingeführt. Deswegen kann der Rechtsgedanke dieser Vorschrift nicht auf das Verfahren vor dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht übertragen werden.
e) Eine entsprechende Anwendung des § 2 Absatz 1 Nr. 1 und des § 5 Absatz 1 KVVG auch nur im vorliegenden besonderen Verfahren verstieße gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers. Der Hinweis der Beschwerdeführer auf das Urteil vom 9. März 1959 geht fehl. In jenem Verfahren war die Anwendung der Verfahrensvorschriften für die Kontrolle von Kirchengesetzen und kirchlichen Verordnungen geboten, weil der angegriffene Beschluss vom 9. Juli 1957, mit dem die Synode ihr Einverständnis zum Militärseelsorgevertrag erklärt und damit an der Gesetzgebung der Evangelischen Kirche in Deutschland mitgewirkt hat, generelle Bedeutung hatte und sich wie eine eigene Gesetzgebung auswirkte. Hier geht es indessen um ein Kirchengesetz, das sich von einem Beschluss oder einer Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 2 Absatz 1 Nr. 3 KVVG wesensmäßig unterscheidet.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 35 KVVG in Verbindung mit § 91 ZPO. Im Hinblick auf § 33 Satz 1 KVVG hat sie nur Bedeutung für die den Parteien entstandenen Auslagen.