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Orientierungshilfe zur Nutzung
von kirchlichen Gebäuden und Räumen1#

Vom 17. Februar 2009

(ABl. 2009 S. 130), geändert am 25. Juni 2020 (ABl. 2020 S. 275)

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Kirchliche Gebäude und Räume – Kirchengebäude wie auch Gemeindehäuser sind Stätten des Gottesdienstes, der Anbetung, der Gemeinschaft und der Versammlung. Evangelische Theologie macht grundsätzlich keinen Unterschied zwischen sakralen, geweihten und profanen Räumen. Dennoch sind kirchliche Räume ein sichtbares Zeichen für die Präsenz Gottes in dieser Welt und für die Gemeinschaft der Christen. Als solche sind sie sichtbare und öffentlich erkennbare Wahrzeichen des Glaubens. In vielen spiegeln sich die Glaubenszeugnisse vergangener Jahrhunderte und der Reichtum christlicher Überlieferung wider. Ihr Bestand ist grundsätzlich auf Dauer angelegt.
Die Verantwortung für die Bewahrung der Gebäude und Nutzung der Räume stellt die Kirchengemeinden heute vor besondere Herausforderungen. Bedingt durch Mitgliederrückgang und die damit einhergehende Reduktion der Zuweisungen sind Kirchengemeinden darauf angewiesen, sich durch eine nichtkirchliche Nutzung ihrer Gebäude und Räumen neue Einnahmenquellen zu erschließen, um nachhaltig ihren Gebäudebestand zu sichern und finanziell handlungsfähig zu bleiben.
Mit der Öffnung der Kirchen und Gemeindehäuser für nichtkirchliche Veranstaltungen werden grundsätzliche Fragen nach dem Charakter und der Nutzung kirchlicher Räume aufgeworfen. Um den Kirchengemeinden Entscheidungshilfen bei dem Umgang und der Nutzung ihrer Gebäude und Räume geben zu können, legt die Kirchenleitung nach Beratung mit dem Leitenden Geistlichen Amt diese Orientierungshilfe vor.
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I.
Nutzung von Kirchen

1. Grundsätzliches
Kirchen sind Häuser Gottes. Sie sind sichtbare Zeichen dafür, dass Gott unter den Menschen Wohnung nimmt. Im christlichen Verständnis verweisen die Kirchen und andere gottesdienstliche Räume symbolisch auf die Anwesenheit Gottes in der profanen Welt. Die weithin sichtbaren Kirchen sind Zeichen für die Gegenwart Gottes in unserer Welt. Menschen unterbrechen ihren Alltag, um an diesen Orten Gottesdienst zu feiern, Gottes Wort zu hören, zu beten, zur Ehre Gottes zu singen und zu musizieren. Durch diesen Gebrauch der Kirchen und gottesdienstlichen Räume, der oft Jahrzehnte und Jahrhunderte hindurch kontinuierlich gepflegt wurde, haben diese Orte eine eigene Atmosphäre und Ausstrahlung, die sich nicht mit allem verträgt.
Kirchen sind jedoch auch öffentliche Gebäude in einem weiteren Sinn. Sie erfüllen immer mehrere Funktionen, unbeschadet ihrer prinzipiellen und unmittelbaren Zweckbestimmung für Gottesdienst und Gebet. Sie können als Treffpunkte, Versammlungsorte, als Orte von Kunst und Kultur, überhaupt als Stätten lebendiger Begegnung dienen. Die evangelische Tradition betont die Weltzuwendung Gottes. Dem entspricht die Auffassung von Kirchengebäuden als Bestandteil dieser Welt. Wichtig ist in den Fällen, in denen eine Mischnutzung und eine nichtkirchliche Nutzung vorgesehen ist, dass es sich auch dabei um Nutzungen handelt, die der Allgemeinheit nicht prinzipiell verschlossen bleiben sollen.
Kirchen und Gottesdiensträume genießen auch von Seiten des Staates einen besonderen rechtlichen Schutz vor Beschädigungen, Nutzungsstörungen oder sonstigen Übergriffen Dritter (§§ 166 ff. StGB). Dieser staatliche Schutz sollte keinesfalls durch eine unangemessene Nutzung der Räume in Frage gestellt werden. Bei einer Vermietung oder sonstigen nichtkirchlichen Nutzung sollte sehr genau darauf geachtet werden, dass sich mit dieser Nutzung keine Gegensymbolik zum Widmungszweck des Raumes entfaltet.
2. Kirchen offen halten
Kirchengebäude sind für viele Menschen besondere Räume, in denen sie ihren Alltag unterbrechen und im Gebet innehalten. Die Kirchenleitung empfiehlt den Kirchengemeinden, soweit es die örtlichen Verhältnisse zulassen, Kirchenräume tagsüber offen zu halten oder einen abgetrennten Teil der Kirche so einzurichten, dass ein einladender Raum zum stillen Gebet entsteht.
Die Ausstattung des Kirchenraumes mit technischen Schutz- und Warngeräten kann dabei Vandalismus vorbeugen. Beim Einsatz von Überwachungsgeräten sind die Regeln des Daten- und Persönlichkeitsschutzes zu beachten. Vielleicht sind Kirchengemeindemitglieder, die nicht berufstätig sind, bereit, auch ohne finanzielle Entschädigung eine regelmäßige Öffnung der Kirche zu betreuen.
Historisch und künstlerisch bedeutende Kirchengebäude – insbesondere in Tourismus-Gebieten – können als verkündigende Sehenswürdigkeiten einen wichtigen Dienst darstellen. Es ist empfehlenswert, für solche Kirchen Kirchenführerinnen und -führer auszubilden und nebenamtlich oder auf Honorarbasis einzusetzen.
3. Die allgemeine gottesdienstliche Nutzung
a. durch die Kirchengemeinde
In der Versammlung mit der Gemeinde zum Gottesdienst, in dem Gottes Wort verkündigt wird und die Sakramente gefeiert werden, hat das kirchliche Leben sein Zentrum. Um diesem Zentrum einen Ort zu geben, wurden und werden Kirchengebäude errichtet. Ihre gottesdienstliche Nutzung hat somit Vorrang vor allen anderen Nutzungsarten.
b. durch andere christliche Kirchen und Gemeinschaften
In unserem Kirchengebiet leben zunehmend christliche Gemeinschaften und Kirchen verschiedener Nationalitäten und Konfessionen, die infolge weltweiter Migrationsbewegungen in unser Land gekommen sind. Mangels eigener Kirchengebäude und gottesdienstlicher Räume ersuchen Sie um Aufnahme in kirchlichen Räumen.
Die Kirchenleitung empfiehlt in diesen Fällen grundsätzlich, Offenheit und Gastfreundschaft zu zeigen. Es ist allerdings vorab zu klären, ob die theologischen Grundlagen und Überzeugungen der anderen Gemeinschaft oder Kirche eine ökumenische Zusammenarbeit zulassen. Ist die um Überlassung der kirchlichen Räume bittende Gruppierung oder deren Theologie der Kirchengemeinde nicht bekannt, kann diese sich bei der Kirchenverwaltung oder dem Zentrum für Ökumene erkundigen. Die Entscheidung über die Überlassung von gottesdienstlichen Räumen an Kirchen oder Gemeinden, die nicht der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehören, obliegt dabei der Kirchenleitung (§ 28 KGO)2#.
In manchen Fällen wird es auch erforderlich sein, ein besonderes Verständnis für andersartige Formen der gottesdienstlichen Feiern solcher Migrationsgemeinschaften zu haben. Sie entstammen zum Teil Kulturen mit uns ungewohnten theologischen, spirituellen und gemeinschaftlichen Formen von Gottesdienst und Gemeindeleben. Dies gilt besonders für kulturelle Feste dieser Gemeinden. Vorherige Absprachen können hier Missverständnissen und Konflikten vorbeugen.
Es ist nicht unangemessen, bei einer regelmäßigen Nutzung einen Nutzungsvertrag abzuschließen, der sowohl die konkreten Rahmenbedingungen der Nutzung (Küsterdienst, Orgelnutzung, Reinigung etc.) als auch eine finanzielle Beteiligung – zumindest an den Kosten für Beleuchtung, Heizung, Reinigung etc. – regelt.
c. durch Sondergruppen und Gruppen anderer Religionen
Bei christlichen Sondergruppen wie Anthroposophie, christlicher Wissenschaft, Kirche der Heiligen der letzten Tage (Mormonen), Zeugen Jehovas etc. wie auch Gemeinschaften anderer Religionen ist die Überlassung von Kirchen und gottesdienstlichen Räumen grundsätzlich nicht möglich.
Einen Sonderfall kann hier jedoch die Veranstaltung interreligiöser Feiern darstellen. Solche Feiern können wichtige Zeichen für Zusammenarbeit und Frieden unter den Religionen sein. Eine Überlassung oder Nutzung einer Kirche oder eines gottesdienstlichen Raumes für eine solche interreligiöse Feier kann aber nur erfolgen, wenn durch die gastgebende Kirchengemeinde oder den Veranstalter gewährleistet ist, dass die religiöse Symbolik des Kultgebäudes von allen Beteiligten respektiert wird und die Veranstaltung einen klaren liturgischen Ablauf ohne Vermischung der Religionen (Synkretismus) aufweist.
4. Kasualgottesdienste
Die Durchführung von Kasualgottesdiensten aus Anlass von Taufe, Trauung oder Bestattung in Kirchen oder gottesdienstlichen Räumen ist grundsätzlich nur zu gestatten, wenn die den Gottesdienst verantwortende Kirche Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen ist.
Für die Nutzung durch andere Kirchen kann ein Nutzungs- oder Aufwandsentgelt erhoben werden. Bei der regelmäßigen Nutzung einer Kirche oder eines gottesdienstlichen Raumes durch andere Kirchen empfiehlt es sich, eine Vereinbarung abzuschließen, die die Rahmenbedingungen der Nutzung wie auch die Höhe des Entgelts regelt.
Nichtkirchliche Trauerfeiern können nur in ganz besonderen Ausnahmefällen möglich sein. Als Voraussetzungen müssen hierbei erfüllt sein, dass im Ort keine Trauerhalle oder ein sonst geeigneter Raum für die Trauerfeier verfügbar ist, Altar und Kanzel nicht genutzt werden und die Kirchengemeinde durch Anwesenheit einer Vertreterin oder eines Vertreters ihr Hausrecht wahren kann.
5. Außergottesdienstliche Nutzung von Kirchen durch die Kirchengemeinden
Gottesdienstliche Räume können neben dem Gottesdienst auch den vielfältigen nicht gottesdienstlichen Arbeitsformen der Gemeinden dienen. Zu denken ist an ein breites Spektrum von Veranstaltungen und Zusammenkünften, die in der Verantwortung der Kirchengemeinde stattfinden und die Symbolik des Raumes nicht beeinträchtigen. Solche Veranstaltungen können z. B. sein: Konzerte, Filmvorführungen, Theaterveranstaltungen, Ausstellungen, öffentliche Diskussionen zu Grundfragen des gesellschaftlichen und politischen Zusammenlebens.
Denkbar ist ebenso die Nutzung von Kirchengebäuden für diakonische Aufgaben durch Einrichtung von Suppenküchen, Tafeln, Gebrauchtwarenausgabestellen etc. oder für die Fürsorge von Obdachlosen.
Da solche Nutzungen durchaus sehr kontroverse Reaktionen innerhalb der Kirchengemeinde und in der Öffentlichkeit hervorrufen kann, sollte eine solche Nutzungskonzeption innerhalb der Kirchengemeinde intensiv diskutiert (beispielsweise im Rahmen einer Gemeindeversammlung) werden und einen Beschluss des Kirchenvorstandes voraussetzen.
6. Nichtkirchliche Nutzung
Die Nutzung von Kirchen für nichtkirchliche Veranstaltungen ist grundsätzlich möglich. Davon sollte jedoch nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht werden. Bei nichtkirchlichen Veranstaltungen ist in besonderer Weise darauf zu achten, dass deren inhaltliche Ausrichtung der christlichen Botschaft und dem Dienst der Kirche nicht entgegensteht. Es ist sicherzustellen, dass durch die nichtkirchliche Nutzung die Wirkung als Gottesdienstraum nicht in Frage gestellt wird.
Auszuschließen sind insbesondere nichtkirchliche Veranstaltungen aus privaten Anlässen (Geburt, Jugendweihe, Geburtstags- oder Familienjubiläum, Hochzeit, Trauerfeier etc.). Ebenfalls dürfen dort Veranstaltungen von Parteien, gewaltverherrlichende Veranstaltungen sowie Veranstaltungen, die die Menschenwürde diskreditieren oder Menschen nach Geschlecht, Rasse oder Religion diskriminieren, nicht stattfinden.
7. Kirchenasyl
Kirchen gelten seit jeher auch im besonderen Maße als Orte der Zuflucht und in jüngerer Zeit auch als Orte des Protests und der Zivilcourage.
Dieser besonderen Funktion werden Kirchengebäude gerecht, wenn in ihnen in Einzelfällen Menschen, die von Abschiebung betroffen sind und bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland um Leib und Leben fürchten müssen, zeitlich befristete Aufnahme finden, damit die über ihre Abschiebung getroffenen Entscheidungen noch einmal überprüft werden können.
Kirchengemeinden sollten in solchen Fällen, in den Menschen in ihren Kirchen Kirchenasyl begehren, zunächst auf rechtliche Schritte verzichten und sich unmittelbar mit der Kirchenleitung in Verbindung setzen.
8. Mobilfunksendeanlagen auf Kirchtürmen
Der Mobilfunk ist in den zurückliegenden Jahren für viele Menschen in unserem Land zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Kommunikation geworden. Mit der Verbreitung der Technik ist allerdings bei vielen auch die Sorge vor unerwünschten Begleiterscheinungen gewachsen. Es ist wissenschaftlich umstritten, ob und unter welchen Bedingungen gesundheitliche Gefahren drohen.
Die Kirchensynode empfiehlt daher den Kirchengemeinden, bei einer Installation von Mobilfunksendeanlagen auf Kirchtürmen strenge Kriterien anzulegen. Die Kirchengemeinden sollen nur dann entsprechende Verträge mit Netzbetreibern abschließen, wenn einerseits die Einhaltung von Vorsorgewerten gewährleistet wird, die deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liegen, und andererseits zuvor eine öffentliche Debatte über die Installation geführt wurde. Der finanzielle Nutzen und Gewinn einer Vermietung steht in keinem Verhältnis zu dem durch einen Konflikt entstehenden Schaden und Vertrauensverlust in der Bevölkerung.
Zur weiteren Orientierung ist in der Kirchenverwaltung (Referat Liegenschaften) eine Handreichung zur Installation von Mobilfunksendeanlagen auf Kirchtürmen erhältlich, die die Umweltbeauftragten der evangelischen Kirchen erarbeitet haben.
9. Werbung an Kirchen und Kirchtürmen
Neue Finanzierungsmöglichkeiten erschließen sich Kirchengemeinden durch die Vermarktung von Werbeflächen. Die Werbung für kommerzielle Interessen und Unternehmen über ein kirchliches Medium führt grundsätzlich bereits – ungeachtet der Art des Mediums (Gemeindebrief, Gemeindebus, Schaukasten etc.) – zu einem Spannungsfeld, das die Unabhängigkeit von Kirchen gegenüber weltlichen Interessen in Frage stellen und die Frage eines Image-Transfers aufwerfen kann.
Eine noch darüber hinausgehende Zurückhaltung ist bei der Vermarktung von Werbeflächen an Kirchen und Kirchtürmen geboten. Mit dem Charakter der Kirche als Haus Gottes ist eine kommerzielle Werbung nicht vereinbar, so dass eine solche Werbung im Unterschied zu Werbung für kirchliche oder diakonische Zwecke dort keinen Platz haben soll.
Eine Ausnahme kann lediglich in Betracht gezogen werden, wenn die Kirche oder der Kirchturm für Renovierungsmaßnahmen großflächig eingerüstet ist. Hier erscheint eine Vermarktung der Gerüstfläche – nicht aber des Gebäudes – für kommerzielle Werbezwecke vertretbar, wenn die Kirchengemeinde auf die Werbeeinnahmen zur Finanzierung der Baumaßnahme angewiesen und die Werbung ausschließlich auf die Dauer der Renovierung begrenzt ist. In diesem Fall muss sich der Kirchenvorstand vertraglich ausbedingen, dass er auf Darstellung und Inhalt der Werbung ausreichend Einfluss nehmen kann.
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II.
Nutzung von Gemeindehäusern und anderen kirchlichen Versammlungsräumen

1. Grundsätzliches
Besitz ist aus christlicher Sicht immer Leihgabe, verliehen zu verantwortlicher Verwaltung und zur Förderung des Reiches Gottes. Das gilt für privates Eigentum, aber auch für die Räume, über die die Kirchengemeinden verfügen. Sie sollen dienen: zuvörderst den Gemeinden, denen sie gehören, aber auch – soweit möglich – anderen Gruppierungen, Vereinen und Einzelpersonen.
2. Nutzung durch Kirchengemeinde und kirchliche Nutzer
Gemeindehäuser finden ihren Zweck darin, den Gemeinden Raum zur Entfaltung der Gemeinschaft und des Gemeindelebens zu geben. Entsprechend sollte die Nutzung durch die Gemeinde und die verschiedenen Gemeindegruppen Vorrang vor anderen Nutzern und Nutzungen haben.
Bei intensiver Gemeindehausbelegung ist es ratsam, einen Belegungsplan aufzustellen, der den einzelnen Gruppen feste Nutzungszeiten zuweist. Mit einer Haus- oder Nutzungsordnung kann der Kirchenvorstand festlegen, welche Pflichten von Seiten der Nutzer für einen sorgsamen Umgang mit den Räumlichkeiten zu erfüllen sind. Geregelt werden sollten in einer solchen Haus- oder Nutzungsordnung die Fragen bezüglich Küchennutzung, Reinigung der Räume, Umgang mit Heizungsthermostat, Licht löschen, Lärmschutz etc.
Es verbietet sich, von den eigenen kirchengemeindlichen Gruppen Entgelte für die Nutzung der kirchlichen Räume zu verlangen.
Im Unterschied zu den eigenen kirchengemeindlichen Gruppen ist es bei Anfragen anderer kirchlicher Gruppen oder Veranstalter nicht unangemessen, eine Aufwandsentschädigung für die anfallenden Kosten (Heizung, Reinigung, Hausmeisterdienst etc.) zu verlangen. Es empfiehlt sich allerdings, die auswärtigen kirchlichen Gruppen auf diese Kosten frühzeitig – gegebenenfalls durch eine schriftliche Information – hinzuweisen, um die nötige Transparenz zu schaffen und um das Verständnis für den zusätzlichen Aufwand der Kirchengemeinde zu werben.
Bei einer geringfügigen Belegung des Gemeindehauses sollte der Kirchenvorstand ernsthaft überlegen, inwieweit der Bedarf an Versammlungsmöglichkeiten nicht durch Alternativen gedeckt werden kann. Als Möglichkeiten kommen hierfür in der Regel kommunale Bürger- oder Dorfgemeinschaftshäuser, Vereinshäuser, Gastwirtschaften oder sogar das Kirchengebäude – gegebenenfalls mit baulicher Veränderung – in Betracht.
3. Nichtkirchliche Nutzung
a. durch öffentliche Gruppen, Vereine, Firmen
Während bei der nichtkirchlichen Nutzung von Kirchen und gottesdienstlichen Räumen mit Rücksicht auf den Widmungszweck eher Zurückhaltung angebracht ist, bestehen bei Gemeindehäusern und anderen kirchlichen Versammlungsräumen keine Bedenken, warum diese nicht einer breiten nichtkirchlichen Nutzung zugeführt werden sollten.
Durch eine Öffnung der Gemeindehäuser für die Öffentlichkeit kann eine höhere Akzeptanz und Anerkennung der Kirchengemeinde in der Gesellschaft erreicht und gleichzeitig durch die Erhebung angemessener Nutzungsgebühren die wirtschaftlichen Belastungen aus der Unterhaltung und dem Betrieb des Gebäudes gesenkt werden.
Denkbar ist die Öffnung für Veranstaltungen und Nutzer unterschiedlichster Ausprägung. Im Unterschied zur Nutzung von Kirchengebäuden kann hier auch durchaus eine Nutzung mit gewerblichen Absichten zugelassen werden.
Inhaltlich finden Veranstaltungen dort ihre Grenzen, wo sie nicht mit dem Evangelium vereinbar sind und bei denen das Zeugnis der Gemeinde in der Öffentlichkeit leiden würde. Auszuschließen sind insbesondere gewaltverherrlichende Veranstaltungen sowie Veranstaltungen, die die Menschenwürde diskreditieren oder Menschen nach Geschlecht, Rasse oder Religion diskriminieren. Auch bei Veranstaltungen von Parteien ist Zurückhaltung geboten, es sei denn, die Kirchengemeinde veranstaltet in Wahlzeiten oder bei anderem aktuellem Bedarf die Vorstellung oder Anhörung von Parteien selbst.
In allen Nutzungsverhältnissen mit nichtkirchlichen Dritten ist es aufgrund möglicher Rechtsfolgen (Schadensersatzforderungen, Verletzung Verkehrssicherungspflichten, Haftung etc.) unbedingt erforderlich, einen schriftlichen Nutzungsvertrag – unter Einbeziehung der allgemeinen Haus-. oder Nutzungsordnung – mit dem Nutzer zu vereinbaren und ein angemessenes Nutzungsentgelt zu erheben. Der Abschluss eines Nutzungsvertrages dient der Klarheit und Rechtssicherheit. Ein entsprechender Mustervertrag ist bei der Kirchenverwaltung (Referat Liegenschaften) erhältlich.
Bei einer Nutzung durch nichtkirchliche Dritte ist in vielen Fällen in besonderem Maße auf die berechtigten Belange der Nachbarn Rücksicht zu nehmen. Die gesetzlichen Lärmschutzvorschriften sind sowohl in Hinblick auf die Raumlautstärke (ab 22:00 h nur noch Zimmerlautstärke) als auch auf den mit dem Besucherverkehr einhergehenden Lärm einzuhalten.
Zu beachten ist weiterhin, dass bei der Überlassung von Räumen an Dritte, unabhängig, ob entgeltlich oder unentgeltlich, grundsätzlich für diese Veranstaltungen kein Versicherungsschutz über die Sammelversicherungsverträge der EKHN besteht. Ausnahmen gibt es lediglich für Schäden, die durch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten des kirchlichen Eigentümers entstehen. Die Kirchengemeinde haftet auch nicht für abgelegte Kleidungsstücke und andere, von Nutzern mitgebrachte oder abgestellte Sachen.
Steuerrechtlich gehört die Vermietung bzw. entgeltliche Nutzungsüberlassung von kirchengemeindlichen Räumen zur Vermögensverwaltung und ist somit den nicht steuerbaren Aktivitäten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuzurechnen. In den Rechnungen dürfen daher keine Mehrwertsteuerbeträge ausgewiesen werde.
Werden allerdings zusätzliche Leistungen wie Beherbergung und bzw. oder Beköstigung übernommen, so wird der Bereich der steuerfreien Vermögensverwaltung verlassen. In der Regel geht die Finanzverwaltung dann von einem sogenannten „Betrieb gewerblicher Art“ aus, wenn die jährlichen Umsätze mehr als 30.678,00 € betragen. Werden Einnahmen in dieser Höhe oder darüber erzielt, ist ein steuerlicher Berater hinzuzuziehen.
b. Nutzung für private Anlässe
Viele Menschen sind auf öffentliche Räume wie Gemeinde-, Bürger- oder Dorfgemeinschaftshäuser angewiesen, um private Feierlichkeiten angemessen durchführen zu können. Die Kirchengemeinden sollten sich diesen Bedürfnissen nicht verschließen, sondern im Rahmen der Verfügbarkeit des Gemeindehauses dieses für solche Anlässe zur Verfügung stellen. Dies gilt insbesondere, wenn Gemeindemitglieder und ehrenamtliche Mitarbeitende nach dieser Möglichkeit nachfragen.
Die Nutzung für private Feiern sollte allerdings eigenverantwortlich nur volljährigen Personen eingeräumt werden. Bei Jugendlichen ist es empfehlenswert, diesen eine Nutzung nur zu ermöglichen, wenn sich gleichzeitig eine erwachsene Person bereit erklärt, die Verantwortung und Haftung für die Veranstaltung zu übernehmen.
Auch bei privaten Veranstaltungen ist es ratsam, die Benutzungsbedingungen durch einen Nutzungsvertrag festzulegen. Durch den Nutzungsvertrag kann insbesondere rechtlich vereinbart werden, dass die Gestaltung der Feier keinen kirchenfeindlichen Gegenstand zum Inhalt hat. Auf die Einhaltung der Lärmschutzvorschriften ist auch hier besonders hinzuweisen.
Bei der Festsetzung eines Nutzungsentgeltes ist es nicht unziemlich, zwischen Kirchenmitgliedern (ggf. auch ACK-Kirchenmitgliedern) und Nichtkirchenmitgliedern zu differenzieren und unterschiedlich hohe Gebühren festzusetzen.
Gegenüber ehrenamtlichen Mitarbeitern kann auch auf die Erhebung eines Nutzungsentgeltes verzichtet oder um eine freiwillige Spende gebeten werden.

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1 ↑ Diese Orientierungshilfe wird durch eine Muster-AGB zur Nutzung der kirchengemeindlichen Räume und einen Muster-Nutzungsvertrag als weitere Arbeitshilfen ergänzt. Muster-AGB und -nutzungsvertrag können schriftlich oder telefonisch bei der Kirchenverwaltung der EKHN (Paulusplatz 1, 64285 Darmstadt – Liegenschaftsreferat, Tel.: 06151 405-394) angefordert oder im Intranet (intranet.ekhn.de/finanzen-bau-liegenschaften/finanzen/liegenschaftsverwaltung-und-baurecht/mietrecht.html) heruntergeladen werden. Die Mustertexte sind keine verbindlichen Vorgaben. Sie können entsprechend den besonderen örtlichen Gegebenheiten verändert werden, bedürfen dann aber der kirchenaufsichtlichen Genehmigung durch die zuständige Regionalverwaltung.
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2 ↑ Die Entscheidung obliegt seit dem 1. Januar 2013 dem Dekanatssynodalvorstand (§ 20 Absatz 2 Satz 2 KGO).