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Verwaltungsverordnung
für die Polizeiseelsorge in der Evangelischen Kirche
in Hessen und Nassau (PSVO)

Vom 8. Dezember 2015

(ABl. 2016 S. 8)

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat aufgrund von Artikel 47 Absatz 1 Nummer 20 der Kirchenordnung1# folgende Verwaltungsverordnung beschlossen:
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Abschnitt 1
Voraussetzungen und gesamtkirchliche Vorgaben

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§ 1
Auftrag der Polizeiseelsorge

( 1 ) Die Polizeiseelsorge wird von der Gesamtkirche verantwortet.
( 2 ) Der kirchliche Auftrag der Seelsorge in der Polizei umfasst:
  1. Die Verkündigung des Evangeliums als Kraft zum Leben und zum Sterben,
  2. die seelsorgliche Begleitung der Polizeibediensteten und ihrer Angehörigen in allen Organisationsebenen der Polizei der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz,
  3. den Dialog und die intensive Auseinandersetzung mit berufsethischen Themen der Polizei,
  4. die Vermittlung von Inhalten und Erfahrungen dieser besonderen Form von Seelsorge in die Kirche,
  5. die Begleitung gesellschaftspolitischer Entwicklungen innerhalb der Polizei.
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§ 2
Stellen der Polizeiseelsorge

( 1 ) Polizeiseelsorgestellen sind Pfarrstellen.
( 2 ) Die Bereitstellung der Pfarrstellen erfolgt durch die Gesamtkirche.
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§ 3
Aufgaben des Zentrums Seelsorge und Beratung

( 1 ) Das Zentrum Seelsorge und Beratung ist für die fachliche Begleitung der Polizeiseelsorge zuständig. Hierzu gehören vor allem die Weiterentwicklung und Organisation der Aus- und Fortbildung sowie die Unterstützung bei der Entwicklung von Konzepten, die Evaluation und die Verknüpfung mit anderen Gebieten der Spezialseelsorge.
( 2 ) Das Zentrum begleitet den Prozess der Auseinandersetzung der Kirche mit gesellschaftspolitischen und ethischen Fragen der Polizeiarbeit.
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§ 4
Aufgaben der Polizeiseelsorge

Die Polizeiseelsorge hat im Wesentlichen folgende Aufgaben:
  1. Die Gestaltung von Gottesdiensten für Polizeibedienstete, einschließlich erbetener Amtshandlungen im Rahmen der kirchlichen Ordnung sowie spirituelle Angebote,
  2. die Seelsorge an den Polizeibediensteten sowie deren Angehörigen,
  3. die Begleitung der Polizeibediensteten nach besonders schweren Einsätzen,
  4. die Begleitung polizeilicher Einsätze sowie gemeinsame Streifenfahrten,
  5. Lehrtätigkeit im Fach Berufsethik und in ähnlichen Unterrichtsangeboten im Rahmen der Aus- und Fortbildung von Polizeibediensteten,
  6. die Durchführung von kirchlichen Seminaren für die Polizei,
  7. die Durchführung von Freizeiten und Studienreisen,
  8. die Mitarbeit in polizeilichen Gremien und Ausschüssen im Rahmen der seelsorglichen Aufgaben,
  9. Theologische Arbeit im Blick auf den Dienst der Polizei,
  10. Kontaktpflege zu den Führungskräften der Polizei,
  11. die Mitwirkung bei der Entwicklung neuer Konzeptionen für die Aus- und Fortbildung der Polizei,
  12. Information und Beratung der Kirchenverwaltung und der Kirchenleitung in Fragen der Polizeiseelsorge,
  13. die Zusammenarbeit mit den Kirchenkreisen Wetzlar und Braunfels der Evangelischen Kirche im Rheinland,
  14. die Zusammenarbeit mit der katholischen Polizeiseelsorge.
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Abschnitt 2
Die Mitarbeitenden in der Polizeiseelsorge

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§ 5
Mitarbeitende in der Seelsorge

( 1 ) Der Dienst der Polizeiseelsorge wird durch die Polizeipfarrerinnen und -pfarrer wahrgenommen. Sie bilden gemeinsam das Polizeipfarramt.
( 2 ) Das Seelsorgegeheimnis ist unverbrüchlich zu wahren.
( 3 ) Eine angemessene Schwerpunktsetzung und die territoriale Zuordnung der Mitarbeitenden werden durch die Kirchenverwaltung in einer Pfarrdienstordnung festgelegt.
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§ 6
Voraussetzungen und Qualifikationen

( 1 ) Eine angemessene Ausübung der Polizeiseelsorge erfordert besondere Kompetenzen und Qualifikationen. Neben den pastoralen Kompetenzen, einer vertieften seelsorglichen Kompetenz und Kenntnissen aus der Traumatologie, ist der Erwerb einer spezifischen polizeilichen Feldkompetenz unerlässlich.
( 2 ) Voraussetzung für den Dienst in der Polizeiseelsorge ist ein Sechs-Wochen-Kurs in klinischer Seelsorgeausbildung oder ein Äquivalent nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Pastoralpsychologie (DGfP).
( 3 ) Die berufsbegleitende Fortbildung richtet sich nach den inhaltlichen Schwerpunkten der Tätigkeit. Supervision soll von allen Mitarbeitenden in Anspruch genommen werden.
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§ 7
Die leitende Polizeipfarrerin oder der leitende Polizeipfarrer

( 1 ) Die Kirchenleitung beruft eine leitende Polizeipfarrerin oder einen leitenden Polizeipfarrer.
( 2 ) Ihre oder seine Aufgaben sind insbesondere:
  1. die Vertretung der kirchlichen Arbeit in der Polizei innerhalb der Kirche und gegenüber der Öffentlichkeit,
  2. die Kontaktpflege zu den Innenministerien von Hessen und Rheinland-Pfalz und den zentral zuständigen Polizeibehörden,
  3. die Seelsorge an den Mitarbeitenden der zentral zuständigen Polizeibehörden sowie deren Angehörigen,
  4. die Beratung der Innenministerien von Hessen und Rheinland-Pfalz in der Entwicklung neuer Konzeptionen für die polizeiliche Aus- und Fortbildung,
  5. die Planung und Organisation von überregionalen Veranstaltungen,
  6. die Aus- und Fortbildung der Polizeipfarrerinnen und -pfarrer in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Seelsorge und Beratung,
  7. die Führung der Geschäfte des Polizeipfarramtes,
  8. die Koordination der organisatorischen Maßnahmen für die Planung, Durchführung und Abrechnung der durchgeführten Seminare,
  9. die Erstellung des Jahresberichtes über die Arbeit der Polizeiseelsorge für die Kirchenleitung und den Polizeibeirat.
( 3 ) Die leitende Polizeipfarrerin oder der leitende Polizeipfarrer arbeitet im Rahmen der Konferenz Evangelischer Polizeipfarrerinnen oder Polizeipfarrer (KEPP) und mit den in der Polizeiseelsorge Tätigen der anderen Gliedkirchen der EKD zusammen.
( 4 ) Die leitende Polizeipfarrerin oder der leitende Polizeipfarrer kann einzelne Aufgaben an die Polizeipfarrerinnen oder die Polizeipfarrer delegieren.
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§ 8
Dienstaufsicht

( 1 ) Die in der Polizeiseelsorge tätigen Pfarrerinnen und Pfarrer üben ihr Amt nach der Ordnung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau aus. Sie unterstehen der Dienstaufsicht der Kirchenverwaltung. Das Seelsorgegeheimnis darf durch die Ausübung der Aufsicht nicht berührt werden.
( 2 ) Folgende Aufgaben der Dienstaufsicht werden von der Kirchenverwaltung an die leitende Polizeipfarrerin oder an den leitenden Polizeipfarrer übertragen:
  1. die Regelung der Vertretung in Urlaubs- und Abwesenheitsfällen,
  2. die Einberufung und Leitung der Dienstbesprechungen der Polizeiseelsorgerinnen und -seelsorger,
  3. die Sicherung des Informationsflusses zwischen den Beteiligten,
  4. die Verantwortung für die fachliche Koordination und Ausrichtung der Arbeit der Polizeipfarrerinnen und -pfarrer.
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§ 9
Beirat der Polizeiseelsorge

( 1 ) Die Kirchenleitung beruft einen Beirat für die Polizeiseelsorge.
( 2 ) Der Beirat der Polizeiseelsorge dient der Unterstützung und Mitwirkung bei der Wahrnehmung der Polizeiseelsorge, insbesondere durch Beratung der Polizeipfarrerinnen und -pfarrer in der Ausrichtung ihres Dienstes. Er berät die Kirchenleitung, nimmt die Berichte aller Polizeipfarrerinnen und -pfarrer sowie den Jahresbericht der leitenden Polizeipfarrerin oder des leitenden Polizeipfarrers entgegen und gibt vor der Berufung einer Polizeipfarrerin oder eines Polizeipfarrers gegenüber der Kirchenleitung eine Stellungnahme ab.
( 3 ) Dem Beirat gehören bis zu 15 von der Kirchenleitung zu berufende Mitglieder aus dem aktiven Dienst der Polizei im Gebiet der EKHN, eine Vertreterin oder ein Vertreter der Kirchenverwaltung sowie die Polizeipfarrerinnen und -pfarrer an. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre. Auf eine ausgewogene Besetzung mit Frauen und Männern ist zu achten. Bei der Berufung sind die Regionen, die einzelnen Sparten des Polizeidienstes und die verschiedenen Organisationsebenen des Polizeidienstes zu berücksichtigen.
( 4 ) Die Mitglieder des Beirats werden auf Vorschlag der leitenden Polizeipfarrerin oder des leitenden Polizeipfarrers durch die Kirchenleitung berufen.
( 5 ) Der Beirat wählt aus dem Kreis der berufenen Mitglieder eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder.
( 6 ) Zu den Sitzungen des Polizeibeirats kann eine Vertreterin oder ein Vertreter des Zentrums Seelsorge und Beratung eingeladen werden. Die im Gebiet der EKHN nebenamtlich tätigen Pfarrerinnen und Pfarrer, die berufsethischen Unterricht bei der Polizei geben, können mit beratender Stimme hinzugezogen werden. Der Beirat kann Gäste einladen.
( 7 ) Die oder der Vorsitzende leitet und vertritt den Polizeibeirat.
( 8 ) Der Polizeibeirat kann seine Arbeitsweise durch eine Geschäftsordnung regeln.
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Abschnitt 3
Schlussbestimmungen

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§ 10
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsverordnung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Ordnung des Beirates des Polizeipfarramtes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 14. Dezember 1983 (ABl. 1984 S. 18) außer Kraft.

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